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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

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Cupido. Hast du Lust zu dem Brevier,
Wie gefallt dir das? hab eins bei mir,
Das braucht so viel Durchblättern nicht.
Verlaß den Wald und gehe mit,
Ich will dich führen in die Stadt,
So schöne Pläz und Häuser hat,
Dort leben kannst in guter Ruh,
Komm! schlag dein Hütte zu.
Eremit. Wer Gott recht liebt, ihm dienen will,
Dem ist das Beten nicht zu viel,
Das Fasten und die Geisselstreich,
Die bringen mich ins Himmelreich;
Drum geh nur fort verführisch Kind,
Dein Rath ist nichts als ungesinnt,
Laß mich in meiner Klausnerey
Der Andacht wohnen bey.
Cupido. Du bist der erst mein Eremit!
Der mich verstößt aus seiner Hütt,
Du bist da wie im Himmel drein,
Quäl dich einmal ein Gott zu seyn,
Du hast wohl nicht dazu den Muth,
Ich bin ein armes, junges Blut,
Und muß mich wagen in die Welt,
Als Gott bin ich bestellt.
Eremit. Wenn dem so ist, gieb mir den Pfeil,
Die Vögel schieß ich zum Kurzweil,
Bleib hier mit Kutt und mit Brevier,
Dir reuet's bald, es ist halb vier,
Da kommt die alte Schäferin,
Cupido. Haſt du Luſt zu dem Brevier,
Wie gefallt dir das? hab eins bei mir,
Das braucht ſo viel Durchblaͤttern nicht.
Verlaß den Wald und gehe mit,
Ich will dich fuͤhren in die Stadt,
So ſchoͤne Plaͤz und Haͤuſer hat,
Dort leben kannſt in guter Ruh,
Komm! ſchlag dein Huͤtte zu.
Eremit. Wer Gott recht liebt, ihm dienen will,
Dem iſt das Beten nicht zu viel,
Das Faſten und die Geiſſelſtreich,
Die bringen mich ins Himmelreich;
Drum geh nur fort verfuͤhriſch Kind,
Dein Rath iſt nichts als ungeſinnt,
Laß mich in meiner Klauſnerey
Der Andacht wohnen bey.
Cupido. Du biſt der erſt mein Eremit!
Der mich verſtoͤßt aus ſeiner Huͤtt,
Du biſt da wie im Himmel drein,
Quaͤl dich einmal ein Gott zu ſeyn,
Du haſt wohl nicht dazu den Muth,
Ich bin ein armes, junges Blut,
Und muß mich wagen in die Welt,
Als Gott bin ich beſtellt.
Eremit. Wenn dem ſo iſt, gieb mir den Pfeil,
Die Voͤgel ſchieß ich zum Kurzweil,
Bleib hier mit Kutt und mit Brevier,
Dir reuet's bald, es iſt halb vier,
Da kommt die alte Schaͤferin,
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[352/0364] Cupido. Haſt du Luſt zu dem Brevier, Wie gefallt dir das? hab eins bei mir, Das braucht ſo viel Durchblaͤttern nicht. Verlaß den Wald und gehe mit, Ich will dich fuͤhren in die Stadt, So ſchoͤne Plaͤz und Haͤuſer hat, Dort leben kannſt in guter Ruh, Komm! ſchlag dein Huͤtte zu. Eremit. Wer Gott recht liebt, ihm dienen will, Dem iſt das Beten nicht zu viel, Das Faſten und die Geiſſelſtreich, Die bringen mich ins Himmelreich; Drum geh nur fort verfuͤhriſch Kind, Dein Rath iſt nichts als ungeſinnt, Laß mich in meiner Klauſnerey Der Andacht wohnen bey. Cupido. Du biſt der erſt mein Eremit! Der mich verſtoͤßt aus ſeiner Huͤtt, Du biſt da wie im Himmel drein, Quaͤl dich einmal ein Gott zu ſeyn, Du haſt wohl nicht dazu den Muth, Ich bin ein armes, junges Blut, Und muß mich wagen in die Welt, Als Gott bin ich beſtellt. Eremit. Wenn dem ſo iſt, gieb mir den Pfeil, Die Voͤgel ſchieß ich zum Kurzweil, Bleib hier mit Kutt und mit Brevier, Dir reuet's bald, es iſt halb vier, Da kommt die alte Schaͤferin,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/364>, abgerufen am 24.11.2024.