Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber der edle Mensch ist hier Fremdling,
Muß von hinnen wandern oft gähling,
Ist für die bessere Welt doch erschaffen,
Zum Vaterland eilt er zum Himmel rechtschaffen,



Ein neues Pilgerlied.

(Aus den Siebziger Jahren, mitgetheilt von H. F. Schlosser.)

An welcher Zelle knien nun
Mein süsser Pilgerknab,
Ach wo! ach wo! in welchen Sand
Drückt er den Dornen Stab?
Wo drückt sein rother Mund ein Kuß,
Aufs heilige Gewand,
Und welchen Bruder grüsset er
Mit seiner frommen Hand.
Ihr Engel singt ihm alle gar
Wo er im Schlummer ruht,
Den Rosenkranz in seiner Hand,
Die Muscheln auf dem Hut.
Ach süßes Aug, so fromm und rein,
So schwarz als Holderbeer!
Ach dürft ich seine Schwester sein,
So heilig sein wie Er!
Fremd ist die Welt mir weit und breit,
Irr ich ohn Rast und Ruh,
Klein ist die Welt, und mein und mein,
Wenn ich Ihn finden thu.


Aber der edle Menſch iſt hier Fremdling,
Muß von hinnen wandern oft gaͤhling,
Iſt fuͤr die beſſere Welt doch erſchaffen,
Zum Vaterland eilt er zum Himmel rechtſchaffen,



Ein neues Pilgerlied.

(Aus den Siebziger Jahren, mitgetheilt von H. F. Schloſſer.)

An welcher Zelle knien nun
Mein ſuͤſſer Pilgerknab,
Ach wo! ach wo! in welchen Sand
Druͤckt er den Dornen Stab?
Wo druͤckt ſein rother Mund ein Kuß,
Aufs heilige Gewand,
Und welchen Bruder gruͤſſet er
Mit ſeiner frommen Hand.
Ihr Engel ſingt ihm alle gar
Wo er im Schlummer ruht,
Den Roſenkranz in ſeiner Hand,
Die Muſcheln auf dem Hut.
Ach ſuͤßes Aug, ſo fromm und rein,
So ſchwarz als Holderbeer!
Ach duͤrft ich ſeine Schweſter ſein,
So heilig ſein wie Er!
Fremd iſt die Welt mir weit und breit,
Irr ich ohn Raſt und Ruh,
Klein iſt die Welt, und mein und mein,
Wenn ich Ihn finden thu.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="9">
              <pb facs="#f0347" n="335"/>
              <l>Aber der edle Men&#x017F;ch i&#x017F;t hier Fremdling,</l><lb/>
              <l>Muß von hinnen wandern oft ga&#x0364;hling,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t fu&#x0364;r die be&#x017F;&#x017F;ere Welt doch er&#x017F;chaffen,</l><lb/>
              <l>Zum Vaterland eilt er zum Himmel recht&#x017F;chaffen,</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ein neues Pilgerlied</hi>.</head><lb/>
          <p rendition="#c">(Aus den Siebziger Jahren, mitgetheilt von H. F. Schlo&#x017F;&#x017F;er.)</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>n welcher Zelle knien nun</l><lb/>
              <l>Mein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Pilgerknab,</l><lb/>
              <l>Ach wo! ach wo! in welchen Sand</l><lb/>
              <l>Dru&#x0364;ckt er den Dornen Stab?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wo dru&#x0364;ckt &#x017F;ein rother Mund ein Kuß,</l><lb/>
              <l>Aufs heilige Gewand,</l><lb/>
              <l>Und welchen Bruder gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einer frommen Hand.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ihr Engel &#x017F;ingt ihm alle gar</l><lb/>
              <l>Wo er im Schlummer ruht,</l><lb/>
              <l>Den Ro&#x017F;enkranz in &#x017F;einer Hand,</l><lb/>
              <l>Die Mu&#x017F;cheln auf dem Hut.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ach &#x017F;u&#x0364;ßes Aug, &#x017F;o fromm und rein,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chwarz als Holderbeer!</l><lb/>
              <l>Ach du&#x0364;rft ich &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter &#x017F;ein,</l><lb/>
              <l>So heilig &#x017F;ein wie Er!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Fremd i&#x017F;t die Welt mir weit und breit,</l><lb/>
              <l>Irr ich ohn Ra&#x017F;t und Ruh,</l><lb/>
              <l>Klein i&#x017F;t die Welt, und mein und mein,</l><lb/>
              <l>Wenn ich Ihn finden thu.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0347] Aber der edle Menſch iſt hier Fremdling, Muß von hinnen wandern oft gaͤhling, Iſt fuͤr die beſſere Welt doch erſchaffen, Zum Vaterland eilt er zum Himmel rechtſchaffen, Ein neues Pilgerlied. (Aus den Siebziger Jahren, mitgetheilt von H. F. Schloſſer.) An welcher Zelle knien nun Mein ſuͤſſer Pilgerknab, Ach wo! ach wo! in welchen Sand Druͤckt er den Dornen Stab? Wo druͤckt ſein rother Mund ein Kuß, Aufs heilige Gewand, Und welchen Bruder gruͤſſet er Mit ſeiner frommen Hand. Ihr Engel ſingt ihm alle gar Wo er im Schlummer ruht, Den Roſenkranz in ſeiner Hand, Die Muſcheln auf dem Hut. Ach ſuͤßes Aug, ſo fromm und rein, So ſchwarz als Holderbeer! Ach duͤrft ich ſeine Schweſter ſein, So heilig ſein wie Er! Fremd iſt die Welt mir weit und breit, Irr ich ohn Raſt und Ruh, Klein iſt die Welt, und mein und mein, Wenn ich Ihn finden thu.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/347
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/347>, abgerufen am 24.11.2024.