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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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"Spar mich noch eine Weile,
"Schon mich noch etlich' Stund!"

Drauf sprach der Tod: "mit nichten,
"Ich kehr mich nicht daran,
"Es hilft allhier kein Bitten,
"Ich nehme Frau und Mann!
"Die Kinderlein zieh ich herfür,
"Ein jedes muß mir folgen,
"Wenn ich klopf an die Thür."
Er nahm sie in der Mitten,
Da sie am schwächsten was,
Es half bey ihm kein Bitten,
Er warf sie in das Graß,
Und rührte an ihr junges Herz
Da liegt das Mägdlein zarte,
Voll bittrer Angst und Schmerz.
Ihr Farb that sie verwandlen,
Ihr Aeuglein sie verkehrt
Von einer Seit zur andern
Warf sie sich auf der Erd,
All Wollust ihr vergangen war,
Kein Blümlein mehr wollt holen
Wohl aus dem grünen Graß.


„Spar mich noch eine Weile,
„Schon mich noch etlich' Stund!“

Drauf ſprach der Tod: „mit nichten,
„Ich kehr mich nicht daran,
„Es hilft allhier kein Bitten,
„Ich nehme Frau und Mann!
„Die Kinderlein zieh ich herfuͤr,
„Ein jedes muß mir folgen,
„Wenn ich klopf an die Thuͤr.“
Er nahm ſie in der Mitten,
Da ſie am ſchwaͤchſten was,
Es half bey ihm kein Bitten,
Er warf ſie in das Graß,
Und ruͤhrte an ihr junges Herz
Da liegt das Maͤgdlein zarte,
Voll bittrer Angſt und Schmerz.
Ihr Farb that ſie verwandlen,
Ihr Aeuglein ſie verkehrt
Von einer Seit zur andern
Warf ſie ſich auf der Erd,
All Wolluſt ihr vergangen war,
Kein Bluͤmlein mehr wollt holen
Wohl aus dem gruͤnen Graß.


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[28/0037] „Spar mich noch eine Weile, „Schon mich noch etlich' Stund!“ Drauf ſprach der Tod: „mit nichten, „Ich kehr mich nicht daran, „Es hilft allhier kein Bitten, „Ich nehme Frau und Mann! „Die Kinderlein zieh ich herfuͤr, „Ein jedes muß mir folgen, „Wenn ich klopf an die Thuͤr.“ Er nahm ſie in der Mitten, Da ſie am ſchwaͤchſten was, Es half bey ihm kein Bitten, Er warf ſie in das Graß, Und ruͤhrte an ihr junges Herz Da liegt das Maͤgdlein zarte, Voll bittrer Angſt und Schmerz. Ihr Farb that ſie verwandlen, Ihr Aeuglein ſie verkehrt Von einer Seit zur andern Warf ſie ſich auf der Erd, All Wolluſt ihr vergangen war, Kein Bluͤmlein mehr wollt holen Wohl aus dem gruͤnen Graß.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/37>, abgerufen am 27.12.2024.