Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Herrn die Hand, und er leuchtete ihr dafür, als sie mit vielen Knixen die Treppe hinunterging. Das wunderte den alten Kammerdiener Basset, und es fuhr ihm durch den Kopf, was seinem Alten ankomme, ob Der wohl gar mit der brennenden Frau eine Liebschaft gestiftet habe, die seinem Einflusse nachtheilig werden könne. Nun hatte der alte Herr die Gewohnheit, Abends im Bette, wenn er nicht schlafen konnte, Alles, was am Tage geschehen, laut zu überdenken, als ob er dem Bette seine Beichte hätte abstatten müssen. Und während nun die Wagen vom Balle zurückrollten und ihn wach erhielten, lauerte Basset im andern Zimmer und hörte die ganze Unterredung, die ihm um so wichtiger schien, weil Francoeur sein Landsmann und Regimentskamerad gewesen, obgleich er viel älter als Francoeur war. Und nun dachte er gleich an einen Mönch, den er kannte, der schon Manchem den Teufel ausgetrieben hatte, und zu Dem wollte er Francoeur bald hinführen; er hatte eine rechte Freude an Quacksalbern und freute sich, einmal wieder einen Teufel austreiben zu sehen. -- Rosalie hatte, sehr befriedigt über den Erfolg ihres Besuchs, gut geschlafen; sie kaufte am Morgen eine neue Schürze und trat mit dieser ihrem Manne entgegen, der mit entsetzlichem Gesänge seine müden Invaliden in die Stadt führte. Er küßte sie, hob sie in die Luft und sagte ihr: Du riechst nach dem trojanischen Brande, ich habe dich wieder, schöne Helena! -- Rosalie entfärbte sich und hielt es für nöthig, als er fragte, ihm zu eröffnen, daß sie wegen der Wohn-

Herrn die Hand, und er leuchtete ihr dafür, als sie mit vielen Knixen die Treppe hinunterging. Das wunderte den alten Kammerdiener Basset, und es fuhr ihm durch den Kopf, was seinem Alten ankomme, ob Der wohl gar mit der brennenden Frau eine Liebschaft gestiftet habe, die seinem Einflusse nachtheilig werden könne. Nun hatte der alte Herr die Gewohnheit, Abends im Bette, wenn er nicht schlafen konnte, Alles, was am Tage geschehen, laut zu überdenken, als ob er dem Bette seine Beichte hätte abstatten müssen. Und während nun die Wagen vom Balle zurückrollten und ihn wach erhielten, lauerte Basset im andern Zimmer und hörte die ganze Unterredung, die ihm um so wichtiger schien, weil Francoeur sein Landsmann und Regimentskamerad gewesen, obgleich er viel älter als Francoeur war. Und nun dachte er gleich an einen Mönch, den er kannte, der schon Manchem den Teufel ausgetrieben hatte, und zu Dem wollte er Francoeur bald hinführen; er hatte eine rechte Freude an Quacksalbern und freute sich, einmal wieder einen Teufel austreiben zu sehen. — Rosalie hatte, sehr befriedigt über den Erfolg ihres Besuchs, gut geschlafen; sie kaufte am Morgen eine neue Schürze und trat mit dieser ihrem Manne entgegen, der mit entsetzlichem Gesänge seine müden Invaliden in die Stadt führte. Er küßte sie, hob sie in die Luft und sagte ihr: Du riechst nach dem trojanischen Brande, ich habe dich wieder, schöne Helena! — Rosalie entfärbte sich und hielt es für nöthig, als er fragte, ihm zu eröffnen, daß sie wegen der Wohn-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021"/>
Herrn die Hand, und er                leuchtete ihr dafür, als sie mit vielen Knixen die Treppe hinunterging. Das wunderte                den alten Kammerdiener Basset, und es fuhr ihm durch den Kopf, was seinem Alten                ankomme, ob Der wohl gar mit der brennenden Frau eine Liebschaft gestiftet habe, die                seinem Einflusse nachtheilig werden könne. Nun hatte der alte Herr die Gewohnheit,                Abends im Bette, wenn er nicht schlafen konnte, Alles, was am Tage geschehen, laut zu                überdenken, als ob er dem Bette seine Beichte hätte abstatten müssen. Und während nun                die Wagen vom Balle zurückrollten und ihn wach erhielten, lauerte Basset im andern                Zimmer und hörte die ganze Unterredung, die ihm um so wichtiger schien, weil                Francoeur sein Landsmann und Regimentskamerad gewesen, obgleich er viel älter als                Francoeur war. Und nun dachte er gleich an einen Mönch, den er kannte, der schon                Manchem den Teufel ausgetrieben hatte, und zu Dem wollte er Francoeur bald hinführen;                er hatte eine rechte Freude an Quacksalbern und freute sich, einmal wieder einen                Teufel austreiben zu sehen. &#x2014; Rosalie hatte, sehr befriedigt über den Erfolg ihres                Besuchs, gut geschlafen; sie kaufte am Morgen eine neue Schürze und trat mit dieser                ihrem Manne entgegen, der mit entsetzlichem Gesänge seine müden Invaliden in die                Stadt führte. Er küßte sie, hob sie in die Luft und sagte ihr: Du riechst nach dem                trojanischen Brande, ich habe dich wieder, schöne Helena! &#x2014; Rosalie entfärbte sich                und hielt es für nöthig, als er fragte, ihm zu eröffnen, daß sie wegen der Wohn-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0021] Herrn die Hand, und er leuchtete ihr dafür, als sie mit vielen Knixen die Treppe hinunterging. Das wunderte den alten Kammerdiener Basset, und es fuhr ihm durch den Kopf, was seinem Alten ankomme, ob Der wohl gar mit der brennenden Frau eine Liebschaft gestiftet habe, die seinem Einflusse nachtheilig werden könne. Nun hatte der alte Herr die Gewohnheit, Abends im Bette, wenn er nicht schlafen konnte, Alles, was am Tage geschehen, laut zu überdenken, als ob er dem Bette seine Beichte hätte abstatten müssen. Und während nun die Wagen vom Balle zurückrollten und ihn wach erhielten, lauerte Basset im andern Zimmer und hörte die ganze Unterredung, die ihm um so wichtiger schien, weil Francoeur sein Landsmann und Regimentskamerad gewesen, obgleich er viel älter als Francoeur war. Und nun dachte er gleich an einen Mönch, den er kannte, der schon Manchem den Teufel ausgetrieben hatte, und zu Dem wollte er Francoeur bald hinführen; er hatte eine rechte Freude an Quacksalbern und freute sich, einmal wieder einen Teufel austreiben zu sehen. — Rosalie hatte, sehr befriedigt über den Erfolg ihres Besuchs, gut geschlafen; sie kaufte am Morgen eine neue Schürze und trat mit dieser ihrem Manne entgegen, der mit entsetzlichem Gesänge seine müden Invaliden in die Stadt führte. Er küßte sie, hob sie in die Luft und sagte ihr: Du riechst nach dem trojanischen Brande, ich habe dich wieder, schöne Helena! — Rosalie entfärbte sich und hielt es für nöthig, als er fragte, ihm zu eröffnen, daß sie wegen der Wohn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T12:48:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T12:48:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/21
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [163]–201. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_invalide_1910/21>, abgerufen am 03.12.2024.