Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.daß es der Kugler-Seppel nicht war, denn dieser schlich mit daß es der Kugler-Seppel nicht war, denn dieſer ſchlich mit <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0023"/> daß es der Kugler-Seppel <hi rendition="#g">nicht</hi> war, denn dieſer ſchlich mit<lb/> verdrießlichen Mienen um’s Haus herum, brummte mit dem<lb/> Knecht, und gab der beſorgten Mutter nicht einmal Antwort,<lb/> wenn ſie frug, ob er krank ſei. War er allein, ſo ſtampfte er<lb/> mit dem Fuß und rief voll Aerger: „<hi rendition="#g">mir</hi> hat der Meiſterſchuß<lb/> entgehen müſſen; <hi rendition="#g">mir</hi>, dem beſten Schützen weit und breit!<lb/> juſtament raufen hätt’ ich mit dem Buben mögen, der gerad’<lb/> um ein Haar beſſer geſchoſſen hat als ich.“ — Ja wohl, der<lb/> Seppel war ein guter Schütz, aber beim Feſtſchießen hat es<lb/> doch noch einen beſſeren gegeben. Ach! leider hat das Glück<lb/> im Treffen den Seppl aber auch ſchon öfters zum Wildern ver-<lb/> lockt, wozu ihn des Luxbauers Knecht, der Michel, verführte.<lb/> Unglücklicher Weiſe kam auch eben jetzt wieder der Michel dem<lb/> Seppel in den Sinn, weil er ihm erſt geſtern noch ſchmeichelte<lb/> und ſagte, er treffe den Hirſch im Sprung beſſer als irgend<lb/> ein Jäger; er ſei wie geboren zum Wildern. Drum wollte<lb/> der Seppel den Michel aufſuchen und fragen, ob er keinen<lb/> fetten Rehbock auf dem Strich habe, denn er müſſe ſich böſe<lb/> Grillen aus dem Hirn jagen. Freilich warnte ihn eine innere<lb/> Stimme: „weißt du nicht, daß die Resl einen förmlichen Haß<lb/> auf’s Wildern hat?“ Nach kurzem Bedenken aber ſiegte die<lb/> Verſuchung, er beſchwichtigte ſich, daß es die Resl nicht erfahren<lb/> werde, und ſuchte ſeinen böſen Dämon auf. — Die Kugler-<lb/> bäuerin aber war recht betrübt über das barſche Weſen ihres<lb/> Sohnes; und vielleicht wäre ſie noch nicht ſo ſehr gekränkt ge-<lb/> weſen, hätte nicht ein anderer Kummer ſeit einiger Zeit an<lb/> ihrem Herzen genagt. Jhr Alter, der ſonſt ſolide Jakob, fing<lb/> an Schnaps zu trinken. Anfangs meinte er, für einen gewiſſen<lb/> Druck im Magen ſei nichts beſſer als ein Gläsl Bitt’rer.<lb/> Das half auch; aber bald verlangte der Magendruck zwei<lb/> Gläſer, und je mehr er trank, um ſo mehr drückte es, und um<lb/> ſo mehr mußte er wieder trinken. Warnte ihn ſein Weib, ſo<lb/> war er mürriſch, ſpäter wurde er grob, und bald ſtieß er ſie<lb/> recht roh zur Seite, wenn ſie ihm die Flaſche nehmen wollte.<lb/> Ach, wie ſollte das enden! ſonſt lebten ſie ſo gut mit einander,<lb/> und jetzt gab’s ſo oft Zank und Streit. „Wäre nur erſt die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
daß es der Kugler-Seppel nicht war, denn dieſer ſchlich mit
verdrießlichen Mienen um’s Haus herum, brummte mit dem
Knecht, und gab der beſorgten Mutter nicht einmal Antwort,
wenn ſie frug, ob er krank ſei. War er allein, ſo ſtampfte er
mit dem Fuß und rief voll Aerger: „mir hat der Meiſterſchuß
entgehen müſſen; mir, dem beſten Schützen weit und breit!
juſtament raufen hätt’ ich mit dem Buben mögen, der gerad’
um ein Haar beſſer geſchoſſen hat als ich.“ — Ja wohl, der
Seppel war ein guter Schütz, aber beim Feſtſchießen hat es
doch noch einen beſſeren gegeben. Ach! leider hat das Glück
im Treffen den Seppl aber auch ſchon öfters zum Wildern ver-
lockt, wozu ihn des Luxbauers Knecht, der Michel, verführte.
Unglücklicher Weiſe kam auch eben jetzt wieder der Michel dem
Seppel in den Sinn, weil er ihm erſt geſtern noch ſchmeichelte
und ſagte, er treffe den Hirſch im Sprung beſſer als irgend
ein Jäger; er ſei wie geboren zum Wildern. Drum wollte
der Seppel den Michel aufſuchen und fragen, ob er keinen
fetten Rehbock auf dem Strich habe, denn er müſſe ſich böſe
Grillen aus dem Hirn jagen. Freilich warnte ihn eine innere
Stimme: „weißt du nicht, daß die Resl einen förmlichen Haß
auf’s Wildern hat?“ Nach kurzem Bedenken aber ſiegte die
Verſuchung, er beſchwichtigte ſich, daß es die Resl nicht erfahren
werde, und ſuchte ſeinen böſen Dämon auf. — Die Kugler-
bäuerin aber war recht betrübt über das barſche Weſen ihres
Sohnes; und vielleicht wäre ſie noch nicht ſo ſehr gekränkt ge-
weſen, hätte nicht ein anderer Kummer ſeit einiger Zeit an
ihrem Herzen genagt. Jhr Alter, der ſonſt ſolide Jakob, fing
an Schnaps zu trinken. Anfangs meinte er, für einen gewiſſen
Druck im Magen ſei nichts beſſer als ein Gläsl Bitt’rer.
Das half auch; aber bald verlangte der Magendruck zwei
Gläſer, und je mehr er trank, um ſo mehr drückte es, und um
ſo mehr mußte er wieder trinken. Warnte ihn ſein Weib, ſo
war er mürriſch, ſpäter wurde er grob, und bald ſtieß er ſie
recht roh zur Seite, wenn ſie ihm die Flaſche nehmen wollte.
Ach, wie ſollte das enden! ſonſt lebten ſie ſo gut mit einander,
und jetzt gab’s ſo oft Zank und Streit. „Wäre nur erſt die
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Zitationshilfe: | Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/23>, abgerufen am 08.07.2024. |