Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 3. Magdeburg, 1610.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein Christ sol in den grund
Königliche Prophet David seinen
langen 119. Psalm mit dem Wort be-
schleusset: Ich bin wie ein verirret
Schaff/ suche deinen Knecht. Welcher
Beschluß einem Fleischlichen Men-
schen nerrisch deucht/ aber einem Gott
Weisen zeigt er das gantze Werck der
Erleuchtigung/ vnd Himlischer weiß-
heit. Denn die Seele des Menschen
Wie die
Seele zu
Gott na-
he.
ist gesetzt zwischen Zeit vnd Ewigkeit/
wendet sie sich zu der zeit/ so vergisset sie
der Ewigkeit/ vnd werden jhr alle ding
ferne/ die GOtt zu gehören: Wendet
sie sich aber zu der Ewigkeit/ so vergis-
set sie der Creaturen/ erlanget jhre
Freyheit vnd wird Gott nahe. So zeu-
het sie GOtt zu sich vnnd das ist seine
höchste freude/ daß er sein Werck in
des Menschen Seele haben mag/ da
empfindet denn die Seele jhre rechte
Ruhe/ jhre rechte Speise/ jhr rechtes
Leben/ die Früchte der Salbung/ da-
uon du ein Christ genennet bist. Siehe
solte nun ein wahrer Christ nicht teg-

lich

Ein Chriſt ſol in den grund
Koͤnigliche Prophet David ſeinen
langen 119. Pſalm mit dem Wort be-
ſchleuſſet: Ich bin wie ein verirret
Schaff/ ſuche deinen Knecht. Welcher
Beſchluß einem Fleiſchlichen Men-
ſchen nerriſch deucht/ aber einem Gott
Weiſen zeigt er das gantze Werck der
Erleuchtigung/ vnd Himliſcher weiß-
heit. Denn die Seele des Menſchen
Wie die
Seele zu
Gott na-
he.
iſt geſetzt zwiſchen Zeit vnd Ewigkeit/
wendet ſie ſich zu der zeit/ ſo vergiſſet ſie
der Ewigkeit/ vnd werden jhr alle ding
ferne/ die GOtt zu gehoͤren: Wendet
ſie ſich aber zu der Ewigkeit/ ſo vergiſ-
ſet ſie der Creaturen/ erlanget jhre
Freyheit vnd wird Gott nahe. So zeu-
het ſie GOtt zu ſich vnnd das iſt ſeine
hoͤchſte freude/ daß er ſein Werck in
des Menſchen Seele haben mag/ da
empfindet denn die Seele jhre rechte
Ruhe/ jhre rechte Speiſe/ jhr rechtes
Leben/ die Fruͤchte der Salbung/ da-
uon du ein Chriſt genennet biſt. Siehe
ſolte nun ein wahrer Chriſt nicht teg-

lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ein Chri&#x017F;t &#x017F;ol in den grund</hi></fw><lb/>
Ko&#x0364;nigliche Prophet David &#x017F;einen<lb/>
langen 119. P&#x017F;alm mit dem Wort be-<lb/>
&#x017F;chleu&#x017F;&#x017F;et: Ich bin wie ein verirret<lb/>
Schaff/ &#x017F;uche deinen Knecht. Welcher<lb/>
Be&#x017F;chluß einem Flei&#x017F;chlichen Men-<lb/>
&#x017F;chen nerri&#x017F;ch deucht/ aber einem Gott<lb/>
Wei&#x017F;en zeigt er das gantze Werck der<lb/>
Erleuchtigung/ vnd Himli&#x017F;cher weiß-<lb/>
heit. Denn die Seele des Men&#x017F;chen<lb/><note place="left">Wie die<lb/>
Seele zu<lb/>
Gott na-<lb/>
he.</note>i&#x017F;t ge&#x017F;etzt zwi&#x017F;chen Zeit vnd Ewigkeit/<lb/>
wendet &#x017F;ie &#x017F;ich zu <choice><abbr>d&#x0315;</abbr><expan>der</expan></choice> zeit/ &#x017F;o vergi&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie<lb/>
der Ewigkeit/ vnd werden jhr alle ding<lb/>
ferne/ die GOtt zu geho&#x0364;ren: Wendet<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich aber zu der Ewigkeit/ &#x017F;o vergi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et &#x017F;ie der Creaturen/ erlanget jhre<lb/>
Freyheit vnd wird Gott nahe. So zeu-<lb/>
het &#x017F;ie GOtt zu &#x017F;ich vnnd das i&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te freude/ daß er &#x017F;ein Werck in<lb/>
des Men&#x017F;chen Seele haben mag/ da<lb/>
empfindet denn die Seele jhre rechte<lb/>
Ruhe/ jhre rechte Spei&#x017F;e/ jhr rechtes<lb/>
Leben/ die Fru&#x0364;chte der Salbung/ da-<lb/>
uon du ein Chri&#x017F;t genennet bi&#x017F;t. Siehe<lb/>
&#x017F;olte nun ein wahrer Chri&#x017F;t nicht teg-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0114] Ein Chriſt ſol in den grund Koͤnigliche Prophet David ſeinen langen 119. Pſalm mit dem Wort be- ſchleuſſet: Ich bin wie ein verirret Schaff/ ſuche deinen Knecht. Welcher Beſchluß einem Fleiſchlichen Men- ſchen nerriſch deucht/ aber einem Gott Weiſen zeigt er das gantze Werck der Erleuchtigung/ vnd Himliſcher weiß- heit. Denn die Seele des Menſchen iſt geſetzt zwiſchen Zeit vnd Ewigkeit/ wendet ſie ſich zu d̕ zeit/ ſo vergiſſet ſie der Ewigkeit/ vnd werden jhr alle ding ferne/ die GOtt zu gehoͤren: Wendet ſie ſich aber zu der Ewigkeit/ ſo vergiſ- ſet ſie der Creaturen/ erlanget jhre Freyheit vnd wird Gott nahe. So zeu- het ſie GOtt zu ſich vnnd das iſt ſeine hoͤchſte freude/ daß er ſein Werck in des Menſchen Seele haben mag/ da empfindet denn die Seele jhre rechte Ruhe/ jhre rechte Speiſe/ jhr rechtes Leben/ die Fruͤchte der Salbung/ da- uon du ein Chriſt genennet biſt. Siehe ſolte nun ein wahrer Chriſt nicht teg- lich Wie die Seele zu Gott na- he.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum03_1610
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum03_1610/114
Zitationshilfe: Arndt, Johann: Vom wahren Christenthumb. Bd. 3. Magdeburg, 1610, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum03_1610/114>, abgerufen am 23.11.2024.