Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Karl Henckell. Ha, wie die Strahlen durch die Wolken schießen! Du Wurm am Wege, kannst Du's auch genießen? O nein, dich freut der Kitzel Deiner Haut, Doch nicht der Geist, der schimmernd niederthaut, Wenn mit den Tropfen sich die Strahlen einen Und lieblich lächelnd Erd' und Himmel weinen. Gebet. Poet. Skizzenbuch. An den Wassern bin ich hingegangen, Feuchter Windhauch letzte meine Wangen. Meine Seele, die das Licht verlor, Meine Seele schrie zu Gott empor. Der im Wolkenkleid am Himmel schreitet, Der im Sturmhut durch die Lüfte reitet, Der aus grünen Wipfeln raunend winkt, Der aus Silberwellen plätschernd blinkt, Der im Grashalm sprießt, als Regen feuchtet, Der im Blitze schießt, als Sonne leuchtet: Weltengeist, von dem auch ich ein Theil, Schütte nieder deiner Gnade Heil! Ach, ich habe meinen Werth vergessen, Bin in der Verräther Rath gesessen, Habe frech dem lichten Gott geflucht Und bethört der Lüge Nacht gesucht! Blöd und elend wank' ich wirre Pfade, Wüstenirrend dürst' ich müd' nach Gnade, Meine Seele, die das Licht verlor, Meine Seele schreit zu Gott empor. Ohne dich, wie dürr sind meine Glieder! Weltengeist, ach, ströme, ströme nieder! Karl Henckell. Ha, wie die Strahlen durch die Wolken ſchießen! Du Wurm am Wege, kannſt Du’s auch genießen? O nein, dich freut der Kitzel Deiner Haut, Doch nicht der Geiſt, der ſchimmernd niederthaut, Wenn mit den Tropfen ſich die Strahlen einen Und lieblich lächelnd Erd’ und Himmel weinen. Gebet. Poet. Skizzenbuch. An den Waſſern bin ich hingegangen, Feuchter Windhauch letzte meine Wangen. Meine Seele, die das Licht verlor, Meine Seele ſchrie zu Gott empor. Der im Wolkenkleid am Himmel ſchreitet, Der im Sturmhut durch die Lüfte reitet, Der aus grünen Wipfeln raunend winkt, Der aus Silberwellen plätſchernd blinkt, Der im Grashalm ſprießt, als Regen feuchtet, Der im Blitze ſchießt, als Sonne leuchtet: Weltengeiſt, von dem auch ich ein Theil, Schütte nieder deiner Gnade Heil! Ach, ich habe meinen Werth vergeſſen, Bin in der Verräther Rath geſeſſen, Habe frech dem lichten Gott geflucht Und bethört der Lüge Nacht geſucht! Blöd und elend wank’ ich wirre Pfade, Wüſtenirrend dürſt’ ich müd’ nach Gnade, Meine Seele, die das Licht verlor, Meine Seele ſchreit zu Gott empor. Ohne dich, wie dürr ſind meine Glieder! Weltengeiſt, ach, ſtröme, ſtröme nieder! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0290" n="272"/> <fw place="top" type="header">Karl Henckell.</fw><lb/> <l>Ha, wie die Strahlen durch die Wolken ſchießen!</l><lb/> <l>Du Wurm am Wege, kannſt Du’s auch genießen?</l><lb/> <l>O nein, dich freut der Kitzel Deiner Haut,</l><lb/> <l>Doch nicht der Geiſt, der ſchimmernd niederthaut,</l><lb/> <l>Wenn mit den Tropfen ſich die Strahlen einen</l><lb/> <l>Und lieblich lächelnd Erd’ und Himmel weinen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gebet.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Poet. Skizzenbuch.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>An den Waſſern bin ich hingegangen,</l><lb/> <l>Feuchter Windhauch letzte meine Wangen.</l><lb/> <l>Meine Seele, die das Licht verlor,</l><lb/> <l>Meine Seele ſchrie zu Gott empor.</l><lb/> <l>Der im Wolkenkleid am Himmel ſchreitet,</l><lb/> <l>Der im Sturmhut durch die Lüfte reitet,</l><lb/> <l>Der aus grünen Wipfeln raunend winkt,</l><lb/> <l>Der aus Silberwellen plätſchernd blinkt,</l><lb/> <l>Der im Grashalm ſprießt, als Regen feuchtet,</l><lb/> <l>Der im Blitze ſchießt, als Sonne leuchtet:</l><lb/> <l>Weltengeiſt, von dem auch ich ein Theil,</l><lb/> <l>Schütte nieder deiner Gnade Heil!</l><lb/> <l>Ach, ich habe meinen Werth vergeſſen,</l><lb/> <l>Bin in der Verräther Rath geſeſſen,</l><lb/> <l>Habe frech dem lichten Gott geflucht</l><lb/> <l>Und bethört der Lüge Nacht geſucht!</l><lb/> <l>Blöd und elend wank’ ich wirre Pfade,</l><lb/> <l>Wüſtenirrend dürſt’ ich müd’ nach Gnade,</l><lb/> <l>Meine Seele, die das Licht verlor,</l><lb/> <l>Meine Seele ſchreit zu Gott empor.</l><lb/> <l>Ohne dich, wie dürr ſind meine Glieder!</l><lb/> <l>Weltengeiſt, ach, ſtröme, ſtröme nieder!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [272/0290]
Karl Henckell.
Ha, wie die Strahlen durch die Wolken ſchießen!
Du Wurm am Wege, kannſt Du’s auch genießen?
O nein, dich freut der Kitzel Deiner Haut,
Doch nicht der Geiſt, der ſchimmernd niederthaut,
Wenn mit den Tropfen ſich die Strahlen einen
Und lieblich lächelnd Erd’ und Himmel weinen.
Gebet.
Poet. Skizzenbuch.
An den Waſſern bin ich hingegangen,
Feuchter Windhauch letzte meine Wangen.
Meine Seele, die das Licht verlor,
Meine Seele ſchrie zu Gott empor.
Der im Wolkenkleid am Himmel ſchreitet,
Der im Sturmhut durch die Lüfte reitet,
Der aus grünen Wipfeln raunend winkt,
Der aus Silberwellen plätſchernd blinkt,
Der im Grashalm ſprießt, als Regen feuchtet,
Der im Blitze ſchießt, als Sonne leuchtet:
Weltengeiſt, von dem auch ich ein Theil,
Schütte nieder deiner Gnade Heil!
Ach, ich habe meinen Werth vergeſſen,
Bin in der Verräther Rath geſeſſen,
Habe frech dem lichten Gott geflucht
Und bethört der Lüge Nacht geſucht!
Blöd und elend wank’ ich wirre Pfade,
Wüſtenirrend dürſt’ ich müd’ nach Gnade,
Meine Seele, die das Licht verlor,
Meine Seele ſchreit zu Gott empor.
Ohne dich, wie dürr ſind meine Glieder!
Weltengeiſt, ach, ſtröme, ſtröme nieder!
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