Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Erich Hartleben. Ob er vom Ringen menschlicher Nichtigkeit Jemals vernahm? "Allmächtig und liebevoll Ist er, vor seinen Vaterblicken Birgt im unendlichen Raum sich Niemand, Kein Schmerz ist ihm, kein Jubel der Freude fremd, Den Gott der Liebe nennen ihn Alle ja." -- So sieht er also dieser Erde Nimmer ermessene Jammerwüste? Er sieht das Edle unter den Fuß gestampft Des Tiefgemeinen? Siehet in Qual und Staub Sich wälzen Millionen Herzen, Blutend, gemartert ein qualschweres Dasein? Und endets nicht? Und trümmert und schmettert nicht Die Welt in's wahnlos friedliche Nichts zurück? -- Den Gott grausamer wär' er wahrlich, Als der verworfenste Menschenbube! Sträuben sollen wir uns ... Originalbeitrag. Sträuben sollen wir uns wider das Eisenjoch, Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh; Wen das steigende Licht grüßt, Nicht sehn' er die Nacht zurück! Feigheit knechtet die Zeit, beuget der Nacken Kraft; Wenige wagen nur frei zu gestehen, was Längst ihr kühnerer Blick sah, Längst ihnen im Busen lebt. Weit noch seltener sind aus der Berufnen Schaar, Die, der Lebendigkeit thätigen Daseins Freund, In die Speichen des Rades Eingreifen mit fester Hand, Erich Hartleben. Ob er vom Ringen menſchlicher Nichtigkeit Jemals vernahm? „Allmächtig und liebevoll Iſt er, vor ſeinen Vaterblicken Birgt im unendlichen Raum ſich Niemand, Kein Schmerz iſt ihm, kein Jubel der Freude fremd, Den Gott der Liebe nennen ihn Alle ja.“ — So ſieht er alſo dieſer Erde Nimmer ermeſſene Jammerwüſte? Er ſieht das Edle unter den Fuß geſtampft Des Tiefgemeinen? Siehet in Qual und Staub Sich wälzen Millionen Herzen, Blutend, gemartert ein qualſchweres Daſein? Und endets nicht? Und trümmert und ſchmettert nicht Die Welt in’s wahnlos friedliche Nichts zurück? — Den Gott grauſamer wär’ er wahrlich, Als der verworfenſte Menſchenbube! Sträuben ſollen wir uns … Originalbeitrag. Sträuben ſollen wir uns wider das Eiſenjoch, Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh; Wen das ſteigende Licht grüßt, Nicht ſehn’ er die Nacht zurück! Feigheit knechtet die Zeit, beuget der Nacken Kraft; Wenige wagen nur frei zu geſtehen, was Längſt ihr kühnerer Blick ſah, Längſt ihnen im Buſen lebt. Weit noch ſeltener ſind aus der Berufnen Schaar, Die, der Lebendigkeit thätigen Daſeins Freund, In die Speichen des Rades Eingreifen mit feſter Hand, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0221" n="203"/> <fw place="top" type="header">Erich Hartleben.</fw><lb/> <lg n="2"> <l>Ob er vom Ringen menſchlicher Nichtigkeit</l><lb/> <l>Jemals vernahm? „Allmächtig und liebevoll</l><lb/> <l>Iſt er, vor ſeinen Vaterblicken</l><lb/> <l>Birgt im unendlichen Raum ſich Niemand,</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Kein Schmerz iſt ihm, kein Jubel der Freude fremd,</l><lb/> <l>Den Gott der Liebe nennen ihn Alle ja.“ —</l><lb/> <l>So ſieht er alſo dieſer Erde</l><lb/> <l>Nimmer ermeſſene Jammerwüſte?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Er ſieht das Edle unter den Fuß geſtampft</l><lb/> <l>Des Tiefgemeinen? Siehet in Qual und Staub</l><lb/> <l>Sich wälzen Millionen Herzen,</l><lb/> <l>Blutend, gemartert ein qualſchweres Daſein?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und endets nicht? Und trümmert und ſchmettert nicht</l><lb/> <l>Die Welt in’s wahnlos friedliche Nichts zurück? —</l><lb/> <l>Den Gott grauſamer wär’ er wahrlich,</l><lb/> <l>Als der verworfenſte Menſchenbube!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Sträuben ſollen wir uns …</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sträuben ſollen wir uns wider das Eiſenjoch,</l><lb/> <l>Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh;</l><lb/> <l>Wen das ſteigende Licht grüßt,</l><lb/> <l>Nicht ſehn’ er die Nacht zurück!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Feigheit knechtet die Zeit, beuget der Nacken Kraft;</l><lb/> <l>Wenige wagen nur frei zu geſtehen, was</l><lb/> <l>Längſt ihr kühnerer Blick ſah,</l><lb/> <l>Längſt ihnen im Buſen lebt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Weit noch ſeltener ſind aus der Berufnen Schaar,</l><lb/> <l>Die, der Lebendigkeit thätigen Daſeins Freund,</l><lb/> <l>In die Speichen des Rades</l><lb/> <l>Eingreifen mit feſter Hand,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0221]
Erich Hartleben.
Ob er vom Ringen menſchlicher Nichtigkeit
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Birgt im unendlichen Raum ſich Niemand,
Kein Schmerz iſt ihm, kein Jubel der Freude fremd,
Den Gott der Liebe nennen ihn Alle ja.“ —
So ſieht er alſo dieſer Erde
Nimmer ermeſſene Jammerwüſte?
Er ſieht das Edle unter den Fuß geſtampft
Des Tiefgemeinen? Siehet in Qual und Staub
Sich wälzen Millionen Herzen,
Blutend, gemartert ein qualſchweres Daſein?
Und endets nicht? Und trümmert und ſchmettert nicht
Die Welt in’s wahnlos friedliche Nichts zurück? —
Den Gott grauſamer wär’ er wahrlich,
Als der verworfenſte Menſchenbube!
Sträuben ſollen wir uns …
Originalbeitrag.
Sträuben ſollen wir uns wider das Eiſenjoch,
Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh;
Wen das ſteigende Licht grüßt,
Nicht ſehn’ er die Nacht zurück!
Feigheit knechtet die Zeit, beuget der Nacken Kraft;
Wenige wagen nur frei zu geſtehen, was
Längſt ihr kühnerer Blick ſah,
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Weit noch ſeltener ſind aus der Berufnen Schaar,
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