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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Arno Holz.

Stand dicht dabei die ältliche Kommode
Und unter einem Kreuz von Elfenbein
Das Bild von Deinem todten Mütterlein.

Wie tief im Traum sah lächelnd es hernieder
Auf ein zerles'nes Buch: "das Buch der Lieder"!
Vom Blumenbrett, das sich ums Fenster bog,
Um alles das ein süßes Duften flog.
Und dorther glänzten auch die beiden Schilder,
Verzeih! ich meine Deine Landschaftsbilder!
Denn Du hast recht: die reine Phantasie
Und farbenschillernd wie ein Kolibri!
Rechts hing der Watzmann, links der Gamsgarkogel
Und zwischen beiden ein Kanarienvogel.
Du selber aber, häubchenüberdeckt,
Ein weißes Schürzchen vor die Brust gesteckt,
Du schobst nun grad mit hausfraulicher Miene
Den Spiritus in Deine Kochmaschine.
Ein kurzer Aufblick dann, ein leiser Schrei,
Und eins und eins, wie immer, waren zwei!
Drauf, wie ich mich schon oft ließ unterjochen,
Sollt ich auch heute mit Dir Kaffee kochen.
Ich lärmte; doch was half mir mein Protest?
Ein kußersticktes Lachen war der Rest!
Und als ein vielgewandter junger Dichter
Hielt ich galant Dir nun den Kaffeetrichter.
Natürlich ging das "noch einmal so gut",
-- Sieh hier das Lied: "Was man aus Liebe thut!"
Wir schmeckten, wechselnd prüfend, mit den Zungen
Und endlich war der große Wurf gelungen.
Zwar war das Tischzeug nur von grobem Zwilch,
Doch fehlte weder Zucker drauf noch Milch,
Und dampfend füllten nun die braunen Massen
Die goldumränderten Geburstagstassen.
Des Tränkleins Wirkung aber kommt und geht,
Bis sich das Zünglein wie ein Mühlrad dreht:
Was Stift und Tinte, Häkelzeug und Maschen!
Wir waren heut zwei rechte Plaudertaschen!

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Arno Holz.

Stand dicht dabei die ältliche Kommode
Und unter einem Kreuz von Elfenbein
Das Bild von Deinem todten Mütterlein.

Wie tief im Traum ſah lächelnd es hernieder
Auf ein zerleſ’nes Buch: „das Buch der Lieder“!
Vom Blumenbrett, das ſich ums Fenſter bog,
Um alles das ein ſüßes Duften flog.
Und dorther glänzten auch die beiden Schilder,
Verzeih! ich meine Deine Landſchaftsbilder!
Denn Du haſt recht: die reine Phantaſie
Und farbenſchillernd wie ein Kolibri!
Rechts hing der Watzmann, links der Gamsgarkogel
Und zwiſchen beiden ein Kanarienvogel.
Du ſelber aber, häubchenüberdeckt,
Ein weißes Schürzchen vor die Bruſt geſteckt,
Du ſchobſt nun grad mit hausfraulicher Miene
Den Spiritus in Deine Kochmaſchine.
Ein kurzer Aufblick dann, ein leiſer Schrei,
Und eins und eins, wie immer, waren zwei!
Drauf, wie ich mich ſchon oft ließ unterjochen,
Sollt ich auch heute mit Dir Kaffee kochen.
Ich lärmte; doch was half mir mein Proteſt?
Ein kußerſticktes Lachen war der Reſt!
Und als ein vielgewandter junger Dichter
Hielt ich galant Dir nun den Kaffeetrichter.
Natürlich ging das „noch einmal ſo gut“,
— Sieh hier das Lied: „Was man aus Liebe thut!“
Wir ſchmeckten, wechſelnd prüfend, mit den Zungen
Und endlich war der große Wurf gelungen.
Zwar war das Tiſchzeug nur von grobem Zwilch,
Doch fehlte weder Zucker drauf noch Milch,
Und dampfend füllten nun die braunen Maſſen
Die goldumränderten Geburstagstaſſen.
Des Tränkleins Wirkung aber kommt und geht,
Bis ſich das Zünglein wie ein Mühlrad dreht:
Was Stift und Tinte, Häkelzeug und Maſchen!
Wir waren heut zwei rechte Plaudertaſchen!

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[145/0163] Arno Holz. Stand dicht dabei die ältliche Kommode Und unter einem Kreuz von Elfenbein Das Bild von Deinem todten Mütterlein. Wie tief im Traum ſah lächelnd es hernieder Auf ein zerleſ’nes Buch: „das Buch der Lieder“! Vom Blumenbrett, das ſich ums Fenſter bog, Um alles das ein ſüßes Duften flog. Und dorther glänzten auch die beiden Schilder, Verzeih! ich meine Deine Landſchaftsbilder! Denn Du haſt recht: die reine Phantaſie Und farbenſchillernd wie ein Kolibri! Rechts hing der Watzmann, links der Gamsgarkogel Und zwiſchen beiden ein Kanarienvogel. Du ſelber aber, häubchenüberdeckt, Ein weißes Schürzchen vor die Bruſt geſteckt, Du ſchobſt nun grad mit hausfraulicher Miene Den Spiritus in Deine Kochmaſchine. Ein kurzer Aufblick dann, ein leiſer Schrei, Und eins und eins, wie immer, waren zwei! Drauf, wie ich mich ſchon oft ließ unterjochen, Sollt ich auch heute mit Dir Kaffee kochen. Ich lärmte; doch was half mir mein Proteſt? Ein kußerſticktes Lachen war der Reſt! Und als ein vielgewandter junger Dichter Hielt ich galant Dir nun den Kaffeetrichter. Natürlich ging das „noch einmal ſo gut“, — Sieh hier das Lied: „Was man aus Liebe thut!“ Wir ſchmeckten, wechſelnd prüfend, mit den Zungen Und endlich war der große Wurf gelungen. Zwar war das Tiſchzeug nur von grobem Zwilch, Doch fehlte weder Zucker drauf noch Milch, Und dampfend füllten nun die braunen Maſſen Die goldumränderten Geburstagstaſſen. Des Tränkleins Wirkung aber kommt und geht, Bis ſich das Zünglein wie ein Mühlrad dreht: Was Stift und Tinte, Häkelzeug und Maſchen! Wir waren heut zwei rechte Plaudertaſchen! 10

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/163>, abgerufen am 23.11.2024.