Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.Allerdings ist's aber auch richtig, daß man das Gute nicht Ich schweige davon, wie viel noch die Chemie für die Koch- Noch weniger gehört hierher, wie die Heilkunde, welche Das aber soll hier erwähnt sein, daß eine Vereinfachung Alles dieses sollte geändert, vereinfacht, bezeichnender, Damit ich aber nicht blos leere Worte gesprochen habe, Allerdings iſt’s aber auch richtig, daß man das Gute nicht Ich ſchweige davon, wie viel noch die Chemie fuͤr die Koch- Noch weniger gehoͤrt hierher, wie die Heilkunde, welche Das aber ſoll hier erwaͤhnt ſein, daß eine Vereinfachung Alles dieſes ſollte geaͤndert, vereinfacht, bezeichnender, Damit ich aber nicht blos leere Worte geſprochen habe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0286" n="272"/> <p>Allerdings iſt’s aber auch richtig, daß man das Gute nicht<lb/> verachten ſoll, um das, ſo oft unmoͤgliche, Beſſere zu acquiriren,<lb/> und daß ein Sperling in der Hand beſſer iſt, als eine Taube<lb/> auf dem Dach. —</p><lb/> <p>Ich ſchweige davon, wie viel noch die Chemie fuͤr die Koch-<lb/> und alſo auch Eßkunſt leiſten koͤnnte, was um ſo mehr ihr<lb/> oblaͤge, je weniger ſie im Ganzen und Einzelnen dafuͤr gethan.<lb/> Man darf aber nur von dem Chemiker etwas dafuͤr erwarten,<lb/> der zugleich Sinn und Talent fuͤr Eßkunſt hat.</p><lb/> <p>Noch weniger gehoͤrt hierher, wie die Heilkunde, welche<lb/> laͤngſt keine bloße Arzneikunde mehr iſt, nicht ſowohl fuͤr die<lb/> Eßkunſt thun, ſondern von ihr lernen koͤnnte, wozu ſchon<lb/><hi rendition="#g">Hippokrates, Galen, Celſus, Sydenham, Bagliv, Boer-<lb/> haave, Alexander Trallianus, de Haen, Zuͤckert, Un-<lb/> zer, Varnhagen, Darwin</hi> und viele Andere ruͤhmlich die<lb/> Bahn gebrochen.</p><lb/> <p>Das aber ſoll hier erwaͤhnt ſein, daß eine Vereinfachung<lb/> und Veredlung der Kuͤchen-Terminologie und Eß-Nomencla-<lb/> tur in unſerer Zeit als dringend noͤthig erſcheint. Welche un-<lb/> uͤberſehbare Menge der unverſtaͤndlichſten, nichts, oder zu viel,<lb/> oder zu wenig, oder ungeeignet ausdruͤckender Kuͤchen-Idiotis-<lb/> men! Welche ſesquipedale Laͤnge, welche barbariſche Sprache,<lb/> ja zum Theil welche abſchreckende Bedeutungen der Termini,<lb/> z. B. Maultaſchen! Welche unertraͤgliche Vornehmthuerei und<lb/> Nachaͤfferei mit Franzoͤſiſchen Woͤrtern, die man tauſendmal<lb/> geſcheidter Deutſch ſagte! Ja wenn’s noch gelehrte Lateiniſche<lb/> oder Griechiſche waͤren!</p><lb/> <p>Alles dieſes ſollte geaͤndert, vereinfacht, bezeichnender,<lb/> ſinniger, aͤſthetiſcher, edler, appetitlicher gemacht werden. Auch<lb/> die Eßkunſt beduͤrfte einer Umgeſtaltung, nicht auf dem blutigen<lb/> Wege der Revolution, ſondern auf dem vernuͤnftigen der Reform.</p><lb/> <p>Damit ich aber nicht blos leere Worte geſprochen habe,<lb/> ſondern die Eßkunſt auch mit einer poſitiven concret daſeienden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0286]
Allerdings iſt’s aber auch richtig, daß man das Gute nicht
verachten ſoll, um das, ſo oft unmoͤgliche, Beſſere zu acquiriren,
und daß ein Sperling in der Hand beſſer iſt, als eine Taube
auf dem Dach. —
Ich ſchweige davon, wie viel noch die Chemie fuͤr die Koch-
und alſo auch Eßkunſt leiſten koͤnnte, was um ſo mehr ihr
oblaͤge, je weniger ſie im Ganzen und Einzelnen dafuͤr gethan.
Man darf aber nur von dem Chemiker etwas dafuͤr erwarten,
der zugleich Sinn und Talent fuͤr Eßkunſt hat.
Noch weniger gehoͤrt hierher, wie die Heilkunde, welche
laͤngſt keine bloße Arzneikunde mehr iſt, nicht ſowohl fuͤr die
Eßkunſt thun, ſondern von ihr lernen koͤnnte, wozu ſchon
Hippokrates, Galen, Celſus, Sydenham, Bagliv, Boer-
haave, Alexander Trallianus, de Haen, Zuͤckert, Un-
zer, Varnhagen, Darwin und viele Andere ruͤhmlich die
Bahn gebrochen.
Das aber ſoll hier erwaͤhnt ſein, daß eine Vereinfachung
und Veredlung der Kuͤchen-Terminologie und Eß-Nomencla-
tur in unſerer Zeit als dringend noͤthig erſcheint. Welche un-
uͤberſehbare Menge der unverſtaͤndlichſten, nichts, oder zu viel,
oder zu wenig, oder ungeeignet ausdruͤckender Kuͤchen-Idiotis-
men! Welche ſesquipedale Laͤnge, welche barbariſche Sprache,
ja zum Theil welche abſchreckende Bedeutungen der Termini,
z. B. Maultaſchen! Welche unertraͤgliche Vornehmthuerei und
Nachaͤfferei mit Franzoͤſiſchen Woͤrtern, die man tauſendmal
geſcheidter Deutſch ſagte! Ja wenn’s noch gelehrte Lateiniſche
oder Griechiſche waͤren!
Alles dieſes ſollte geaͤndert, vereinfacht, bezeichnender,
ſinniger, aͤſthetiſcher, edler, appetitlicher gemacht werden. Auch
die Eßkunſt beduͤrfte einer Umgeſtaltung, nicht auf dem blutigen
Wege der Revolution, ſondern auf dem vernuͤnftigen der Reform.
Damit ich aber nicht blos leere Worte geſprochen habe,
ſondern die Eßkunſt auch mit einer poſitiven concret daſeienden
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