Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.beider der Begriff sich construirt, so wird ja das Wesenhafte Aber was braucht's vieler Demonstration, wo die Natur Die erste Nahrung des Menschen ist naturgemäß die Mut- "Wie Kirschen und Beeren behagen, Mußt du Kinder und Sperlinge fragen." Hier wie dort ist noch Einseitiges. -- Der Mann, wie beider der Begriff ſich conſtruirt, ſo wird ja das Weſenhafte Aber was braucht’s vieler Demonſtration, wo die Natur Die erſte Nahrung des Menſchen iſt naturgemaͤß die Mut- „Wie Kirſchen und Beeren behagen, Mußt du Kinder und Sperlinge fragen.“ Hier wie dort iſt noch Einſeitiges. — Der Mann, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="149"/> beider der Begriff ſich conſtruirt, ſo wird ja das Weſenhafte<lb/> eben dieſer Verbindung von ſelbſt einleuchten. Eine einzige<lb/> Zangenbranche, ein einziges Scheerenblatt iſt keine Zange, keine<lb/> Scheere. So iſt auch das Wort „Zange“ im Hebraͤiſchen<lb/> eine Partizipial-Dualform: „die beiden Nehmenden“ — wie<lb/> denn uͤberhaupt dieſe Dual- und Partizipialformen der alten<lb/> Sprachen tiefe lebendige Bedeutung haben.</p><lb/> <p>Aber was braucht’s vieler Demonſtration, wo die Natur<lb/> ſo laut und vernehmlich ſpricht! Oder beweiſen die mittlere<lb/> Laͤnge des menſchlichen <hi rendition="#aq">Tractus intestinorum,</hi> die carnivoren<lb/> Spitzzaͤhne und die herbivoren Backenzaͤhne nichts? — Sollte<lb/> das uͤbereinſtimmende Urtheil aller geſunden und unbefangenen<lb/> Menſchen zufaͤllig und nichtig ſein? —</p><lb/> <p>Die erſte Nahrung des Menſchen iſt naturgemaͤß die Mut-<lb/> termilch, alſo Animaliſches. Der Knabe neigt dagegen mehr<lb/> ſich zum Vegetabiliſchen.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Wie Kirſchen und Beeren behagen,</l><lb/> <l>Mußt du Kinder und Sperlinge fragen.“</l> </lg><lb/> <p>Hier wie dort iſt noch Einſeitiges. — Der Mann, wie<lb/> der Loͤwe, will, und ſoll alſo auch, Fleiſch eſſen. Bloße Fleiſch-<lb/> nahrung aber iſt roh, ja fuͤr den Menſchen abſurd. Wer weiß<lb/> nicht, mit welchen Strafen die Natur ausſchließlichen Fleiſch-<lb/> genuß bedroht, als mit Scharbock, Faulfieber, Blutungen, dem<lb/> Tod. — Aber auch durch ausſchließliche einſeitige, vegetabi-<lb/> liſche Koſt wird Scorbut erzeugt, der in dieſem Falle durch<lb/> Fleiſchnahrung geheilt wird, wie jener umgekehrt durch Vege-<lb/> tabilien. Wer kennt nicht die weltgeſchichtliche Bedeutung des<lb/> Sauerkrauts fuͤr die Schifffahrt? — Aber wie leer und Er-<lb/> gaͤnzung fordernd iſt nicht der einfache Begriff: „Sauerkraut“<lb/> ohne den noͤthigen carnaliſchen Gegenſatz? — z. B. nur einen<lb/> gebratenen Haͤring! — So iſt denn auch Muskelſchwaͤche,<lb/> Mangel an Thatkraft und Muth Folge ausſchließlichen Pflan-<lb/> zengenuſſes.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [149/0163]
beider der Begriff ſich conſtruirt, ſo wird ja das Weſenhafte
eben dieſer Verbindung von ſelbſt einleuchten. Eine einzige
Zangenbranche, ein einziges Scheerenblatt iſt keine Zange, keine
Scheere. So iſt auch das Wort „Zange“ im Hebraͤiſchen
eine Partizipial-Dualform: „die beiden Nehmenden“ — wie
denn uͤberhaupt dieſe Dual- und Partizipialformen der alten
Sprachen tiefe lebendige Bedeutung haben.
Aber was braucht’s vieler Demonſtration, wo die Natur
ſo laut und vernehmlich ſpricht! Oder beweiſen die mittlere
Laͤnge des menſchlichen Tractus intestinorum, die carnivoren
Spitzzaͤhne und die herbivoren Backenzaͤhne nichts? — Sollte
das uͤbereinſtimmende Urtheil aller geſunden und unbefangenen
Menſchen zufaͤllig und nichtig ſein? —
Die erſte Nahrung des Menſchen iſt naturgemaͤß die Mut-
termilch, alſo Animaliſches. Der Knabe neigt dagegen mehr
ſich zum Vegetabiliſchen.
„Wie Kirſchen und Beeren behagen,
Mußt du Kinder und Sperlinge fragen.“
Hier wie dort iſt noch Einſeitiges. — Der Mann, wie
der Loͤwe, will, und ſoll alſo auch, Fleiſch eſſen. Bloße Fleiſch-
nahrung aber iſt roh, ja fuͤr den Menſchen abſurd. Wer weiß
nicht, mit welchen Strafen die Natur ausſchließlichen Fleiſch-
genuß bedroht, als mit Scharbock, Faulfieber, Blutungen, dem
Tod. — Aber auch durch ausſchließliche einſeitige, vegetabi-
liſche Koſt wird Scorbut erzeugt, der in dieſem Falle durch
Fleiſchnahrung geheilt wird, wie jener umgekehrt durch Vege-
tabilien. Wer kennt nicht die weltgeſchichtliche Bedeutung des
Sauerkrauts fuͤr die Schifffahrt? — Aber wie leer und Er-
gaͤnzung fordernd iſt nicht der einfache Begriff: „Sauerkraut“
ohne den noͤthigen carnaliſchen Gegenſatz? — z. B. nur einen
gebratenen Haͤring! — So iſt denn auch Muskelſchwaͤche,
Mangel an Thatkraft und Muth Folge ausſchließlichen Pflan-
zengenuſſes.
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