Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.unter den gelben Butterblumen, -- so friedlich prosaisch. Als Max Werner diesen Abend heimging, mußte er Er erwachte durch die Anstrengung, dies tiefe Wort Zu seinem Bedauern fand er sie nicht zu Hause. Langsam und etwas mißmutig ging er den Weg unter den gelben Butterblumen, — ſo friedlich proſaiſch. Als Max Werner dieſen Abend heimging, mußte er Er erwachte durch die Anſtrengung, dies tiefe Wort Zu ſeinem Bedauern fand er ſie nicht zu Hauſe. Langſam und etwas mißmutig ging er den Weg <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="75"/><fw type="pageNum" place="top">— 75 —<lb/></fw>unter den gelben Butterblumen, — ſo friedlich proſaiſch.<lb/> Nein, ich kann nicht nachdenken. Ich bin ſo glückſelig<lb/> verdummt. — Es langt grade noch, um drüben die blöde<lb/> Unterhaltung mitzumachen,“ fügte ſie hinzu und erhob<lb/> ſich aus ihrer läſſigen Haltung, weil einige der Gäſte<lb/> auf ſie zukamen. —</p><lb/> <p>Als Max Werner dieſen Abend heimging, mußte er<lb/> viel an Fenia denken, und in der Nacht ſchlief er un¬<lb/> ruhig und träumte von ihr. Sie trug einen Kranz von<lb/> gelben Ranunkeln im Haar und ſaß im Gras. Wie er<lb/> ſich aber zu ihr ſetzen wollte, wehrte ſie ihn ab und ſagte,<lb/> er ſolle beſſere Haltung vor ihr bewahren, denn ſie ſei<lb/> die Wieſenherzogin. „Ach, Fenitſchka, warum haſt du<lb/> nur gelbe Ranunkeln auf dem Kopf, — Roſen würden<lb/> dir viel ſchöner ſtehn,“ bemerkte er zu ihr, auch noch<lb/> im Traum galant, und wagte nicht ſich hinzuſetzen.<lb/> Sie aber ſah ihn mit demſelben ſtrengen Blick an, wie<lb/> geſtern bei ſeinem Vorſchlag, ihren Freund bei ihrem<lb/> Onkel einzuführen, und entgegnete mit herzoglicher Hoheit:<lb/> „Auch die Ranunkeln färbt dieſelbe Sonne.“</p><lb/> <p>Er erwachte durch die Anſtrengung, dies tiefe Wort<lb/> gehörig zu enträtſeln. Es war ſchon ſpät am Vormittag,<lb/> und er beſchloß, in die Eremitage zu gehn. Unterwegs<lb/> jedoch traf es ſich, daß er ſtatt deſſen zu Fenia in ihre<lb/> Wohnung hinaufſtieg.</p><lb/> <p>Zu ſeinem Bedauern fand er ſie nicht zu Hauſe.<lb/> An dieſem Morgen war er ein wenig verliebt in Fenia;<lb/> er wußte nicht, ob ſein Traum hiervon die Urſache, oder<lb/> die Wirkung ſei.</p><lb/> <p>Langſam und etwas mißmutig ging er den Weg<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0079]
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unter den gelben Butterblumen, — ſo friedlich proſaiſch.
Nein, ich kann nicht nachdenken. Ich bin ſo glückſelig
verdummt. — Es langt grade noch, um drüben die blöde
Unterhaltung mitzumachen,“ fügte ſie hinzu und erhob
ſich aus ihrer läſſigen Haltung, weil einige der Gäſte
auf ſie zukamen. —
Als Max Werner dieſen Abend heimging, mußte er
viel an Fenia denken, und in der Nacht ſchlief er un¬
ruhig und träumte von ihr. Sie trug einen Kranz von
gelben Ranunkeln im Haar und ſaß im Gras. Wie er
ſich aber zu ihr ſetzen wollte, wehrte ſie ihn ab und ſagte,
er ſolle beſſere Haltung vor ihr bewahren, denn ſie ſei
die Wieſenherzogin. „Ach, Fenitſchka, warum haſt du
nur gelbe Ranunkeln auf dem Kopf, — Roſen würden
dir viel ſchöner ſtehn,“ bemerkte er zu ihr, auch noch
im Traum galant, und wagte nicht ſich hinzuſetzen.
Sie aber ſah ihn mit demſelben ſtrengen Blick an, wie
geſtern bei ſeinem Vorſchlag, ihren Freund bei ihrem
Onkel einzuführen, und entgegnete mit herzoglicher Hoheit:
„Auch die Ranunkeln färbt dieſelbe Sonne.“
Er erwachte durch die Anſtrengung, dies tiefe Wort
gehörig zu enträtſeln. Es war ſchon ſpät am Vormittag,
und er beſchloß, in die Eremitage zu gehn. Unterwegs
jedoch traf es ſich, daß er ſtatt deſſen zu Fenia in ihre
Wohnung hinaufſtieg.
Zu ſeinem Bedauern fand er ſie nicht zu Hauſe.
An dieſem Morgen war er ein wenig verliebt in Fenia;
er wußte nicht, ob ſein Traum hiervon die Urſache, oder
die Wirkung ſei.
Langſam und etwas mißmutig ging er den Weg
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