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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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in das überzuschlagen, was -- nun, was in solchen
Fällen doch wohl das Gewöhnlichste ist --"

"Das Gewöhnlichste?! Nein, das glaub ich schon
nicht. -- Es ist ja das Seltenste und Vornehmste, was
es im Leben geben kann. So sehr, daß alles andre
daneben nur noch schäbig und gemein aussieht --"

"Sie meinen das wirklich -- -- -- ?"

"Ja, sicherlich, mein Gott! Wie kann man daran
zweifeln! Wie können Sie es, der selber geliebt wird!"
rief sie, rot überflammt von Erregung, und sprang auf,
-- "da kommt nun etwas und nimmt einen hin, und man
giebt sich hin, -- und man rechnet nicht mehr, und hält
nichts mehr zurück, und begnügt sich nicht mehr mit Halbem,
-- man giebt und nimmt, ohne Ueberlegung, ohne Be¬
denken, fast ohne Bewußtsein, -- der Gefahr lachend,
sich selbst vergessend, -- mit weiter -- weiter Seele und
ohnmachtumfangenem Verstande, -- -- und das, das
sollte nicht das Höhere sein? Darin sollten wir nicht
unsre Vornehmheit, unsern Adel haben? -- --"

Sie stand da, von ihren eignen Worten berauscht,
und sah so schön aus --.

Er hütete sich wohl, die Einwände laut werden zu
lassen, die ihm auf der Zunge saßen.

Fenia erwartete auch keine Antwort. Sie ver¬
stummte, besann sich einen Augenblick auf die Wirklich¬
keit und sagte dann mit ihrer gewöhnlichen Stimme:

"Helfen Sie mir in den Pelz. Ich will jetzt end¬
lich nach Hause fahren."

Er hielt ihr den Pelzmantel hin und bemerkte
bittend:

in das überzuſchlagen, was — nun, was in ſolchen
Fällen doch wohl das Gewöhnlichſte iſt —“

„Das Gewöhnlichſte?! Nein, das glaub ich ſchon
nicht. — Es iſt ja das Seltenſte und Vornehmſte, was
es im Leben geben kann. So ſehr, daß alles andre
daneben nur noch ſchäbig und gemein ausſieht —“

„Sie meinen das wirklich — — — ?“

„Ja, ſicherlich, mein Gott! Wie kann man daran
zweifeln! Wie können Sie es, der ſelber geliebt wird!“
rief ſie, rot überflammt von Erregung, und ſprang auf,
— „da kommt nun etwas und nimmt einen hin, und man
giebt ſich hin, — und man rechnet nicht mehr, und hält
nichts mehr zurück, und begnügt ſich nicht mehr mit Halbem,
— man giebt und nimmt, ohne Ueberlegung, ohne Be¬
denken, faſt ohne Bewußtſein, — der Gefahr lachend,
ſich ſelbſt vergeſſend, — mit weiter — weiter Seele und
ohnmachtumfangenem Verſtande, — — und das, das
ſollte nicht das Höhere ſein? Darin ſollten wir nicht
unſre Vornehmheit, unſern Adel haben? — —“

Sie ſtand da, von ihren eignen Worten berauſcht,
und ſah ſo ſchön aus —.

Er hütete ſich wohl, die Einwände laut werden zu
laſſen, die ihm auf der Zunge ſaßen.

Fenia erwartete auch keine Antwort. Sie ver¬
ſtummte, beſann ſich einen Augenblick auf die Wirklich¬
keit und ſagte dann mit ihrer gewöhnlichen Stimme:

„Helfen Sie mir in den Pelz. Ich will jetzt end¬
lich nach Hauſe fahren.“

Er hielt ihr den Pelzmantel hin und bemerkte
bittend:

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[67/0071] — 67 — in das überzuſchlagen, was — nun, was in ſolchen Fällen doch wohl das Gewöhnlichſte iſt —“ „Das Gewöhnlichſte?! Nein, das glaub ich ſchon nicht. — Es iſt ja das Seltenſte und Vornehmſte, was es im Leben geben kann. So ſehr, daß alles andre daneben nur noch ſchäbig und gemein ausſieht —“ „Sie meinen das wirklich — — — ?“ „Ja, ſicherlich, mein Gott! Wie kann man daran zweifeln! Wie können Sie es, der ſelber geliebt wird!“ rief ſie, rot überflammt von Erregung, und ſprang auf, — „da kommt nun etwas und nimmt einen hin, und man giebt ſich hin, — und man rechnet nicht mehr, und hält nichts mehr zurück, und begnügt ſich nicht mehr mit Halbem, — man giebt und nimmt, ohne Ueberlegung, ohne Be¬ denken, faſt ohne Bewußtſein, — der Gefahr lachend, ſich ſelbſt vergeſſend, — mit weiter — weiter Seele und ohnmachtumfangenem Verſtande, — — und das, das ſollte nicht das Höhere ſein? Darin ſollten wir nicht unſre Vornehmheit, unſern Adel haben? — —“ Sie ſtand da, von ihren eignen Worten berauſcht, und ſah ſo ſchön aus —. Er hütete ſich wohl, die Einwände laut werden zu laſſen, die ihm auf der Zunge ſaßen. Fenia erwartete auch keine Antwort. Sie ver¬ ſtummte, beſann ſich einen Augenblick auf die Wirklich¬ keit und ſagte dann mit ihrer gewöhnlichen Stimme: „Helfen Sie mir in den Pelz. Ich will jetzt end¬ lich nach Hauſe fahren.“ Er hielt ihr den Pelzmantel hin und bemerkte bittend:

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/71>, abgerufen am 25.11.2024.