Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.hierher, weil ich neulich hier in meinem Zimmer etwas ver¬ Er fand sie herrlich, wie sie mit fliegendem Atem Er faßte ihre Hände und küßte sie. "Danke, Fenia!" sagte er ernst, "ich danke Ihnen! Sie zog ihre Hände aus den seinen, hob sie an ihre "Wissen Sie, das ist wie eine Erlösung! -- Wie hierher, weil ich neulich hier in meinem Zimmer etwas ver¬ Er fand ſie herrlich, wie ſie mit fliegendem Atem Er faßte ihre Hände und küßte ſie. „Danke, Fenia!“ ſagte er ernſt, „ich danke Ihnen! Sie zog ihre Hände aus den ſeinen, hob ſie an ihre „Wiſſen Sie, das iſt wie eine Erlöſung! — Wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="62"/><fw type="pageNum" place="top">— 62 —<lb/></fw>hierher, weil ich neulich hier in meinem Zimmer etwas ver¬<lb/> geſſen habe. Denn ich <hi rendition="#g">habe</hi> hier ein Zimmer. — — —<lb/> Und geſtern nacht, — geſtern nacht war <hi rendition="#g">ich</hi> es, die in<lb/> den Schlitten ſtieg mit einem Mann, den ich lieb habe!“</p><lb/> <p>Er fand ſie herrlich, wie ſie mit fliegendem Atem<lb/> das ſagte. Herrlich wie ein Menſch, der Gefahren trotzt,<lb/> wie ein Menſch im Todesſprung, oder vor dem Feinde,<lb/> vor dem Schuß, den er nicht in den Rücken erhalten<lb/> will. In ihrem Geſicht prägte ſich ein verzweifelter<lb/> Heroismus aus, und in ihren Blicken zitterte dennoch<lb/> das ganze Entſetzen vor der Heimlichkeit, vor der Ver¬<lb/> folgung, — und vibrierte in ihrer Stimme.</p><lb/> <p>Er faßte ihre Hände und küßte ſie.</p><lb/> <p>„Danke, Fenia!“ ſagte er ernſt, „ich danke Ihnen!<lb/> Nein, wir wollen keine Komödie ſpielen, — wir haben<lb/> es beide nicht nötig, — nicht wahr? Dafür aber neh¬<lb/> men Sie mich zum Freunde und Bundesgenoſſen an, ja?<lb/> — — Ich weiß wohl, daß nur der elende Zufall mich<lb/> zum Mitwiſſer gemacht hat. Aber laſſen Sie es keinen<lb/> Zufall bleiben, machen Sie ein Vertrauen daraus! Darf<lb/> ich es ſo auffaſſen?“</p><lb/> <p>Sie zog ihre Hände aus den ſeinen, hob ſie an ihre<lb/> Schläfen, als ſei ihr der Kopf am Zerſpringen, und<lb/> ſchaute ihn ganz ratlos und kindlich an.</p><lb/> <p>„Wiſſen Sie, das iſt wie eine Erlöſung! — Wie<lb/> eine Erlöſung!“ ſagte ſie, — „wie eine Erlöſung, daß<lb/> es ausgeſprochen iſt! Wenn ich es doch ſchnell hinaus¬<lb/> ſchreien könnte, — hinaus! hinaus! Allen in die Ohren!<lb/> So daß niemand es erſt mit ſeiner Neugier zu erſchleichen<lb/> braucht! — — — Ach, ein Grauſen hab ich in letzter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0066]
— 62 —
hierher, weil ich neulich hier in meinem Zimmer etwas ver¬
geſſen habe. Denn ich habe hier ein Zimmer. — — —
Und geſtern nacht, — geſtern nacht war ich es, die in
den Schlitten ſtieg mit einem Mann, den ich lieb habe!“
Er fand ſie herrlich, wie ſie mit fliegendem Atem
das ſagte. Herrlich wie ein Menſch, der Gefahren trotzt,
wie ein Menſch im Todesſprung, oder vor dem Feinde,
vor dem Schuß, den er nicht in den Rücken erhalten
will. In ihrem Geſicht prägte ſich ein verzweifelter
Heroismus aus, und in ihren Blicken zitterte dennoch
das ganze Entſetzen vor der Heimlichkeit, vor der Ver¬
folgung, — und vibrierte in ihrer Stimme.
Er faßte ihre Hände und küßte ſie.
„Danke, Fenia!“ ſagte er ernſt, „ich danke Ihnen!
Nein, wir wollen keine Komödie ſpielen, — wir haben
es beide nicht nötig, — nicht wahr? Dafür aber neh¬
men Sie mich zum Freunde und Bundesgenoſſen an, ja?
— — Ich weiß wohl, daß nur der elende Zufall mich
zum Mitwiſſer gemacht hat. Aber laſſen Sie es keinen
Zufall bleiben, machen Sie ein Vertrauen daraus! Darf
ich es ſo auffaſſen?“
Sie zog ihre Hände aus den ſeinen, hob ſie an ihre
Schläfen, als ſei ihr der Kopf am Zerſpringen, und
ſchaute ihn ganz ratlos und kindlich an.
„Wiſſen Sie, das iſt wie eine Erlöſung! — Wie
eine Erlöſung!“ ſagte ſie, — „wie eine Erlöſung, daß
es ausgeſprochen iſt! Wenn ich es doch ſchnell hinaus¬
ſchreien könnte, — hinaus! hinaus! Allen in die Ohren!
So daß niemand es erſt mit ſeiner Neugier zu erſchleichen
braucht! — — — Ach, ein Grauſen hab ich in letzter
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |