Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898."Liebe Fenitschka!" murmelte er, -- "ich würde mir Dies geschah am Vormittag. Am Abend wollte Max Werner in die kaiserliche Sein Zimmer lag zwei Treppen hoch, dem Treppen¬ Als er im Hinaufsteigen einmal aufblickte, sah er Es war Fenia. Ihn durchblitzte förmlich der Schreck, ihr in den Sie zauderte einen Augenblick auf der Stufe, wo Dann, blitzschnell, drehte sie sich um, eilte ihm die "Max!" schrie sie leise, heiser, mit zugeschnürter In höchster Bestürzung blieb er stehn, und seine er¬ Dann stieß er die schon aufgeschlossne Zimmerthür „Liebe Fenitſchka!“ murmelte er, — „ich würde mir Dies geſchah am Vormittag. Am Abend wollte Max Werner in die kaiſerliche Sein Zimmer lag zwei Treppen hoch, dem Treppen¬ Als er im Hinaufſteigen einmal aufblickte, ſah er Es war Fenia. Ihn durchblitzte förmlich der Schreck, ihr in den Sie zauderte einen Augenblick auf der Stufe, wo Dann, blitzſchnell, drehte ſie ſich um, eilte ihm die „Max!“ ſchrie ſie leiſe, heiſer, mit zugeſchnürter In höchſter Beſtürzung blieb er ſtehn, und ſeine er¬ Dann ſtieß er die ſchon aufgeſchloſſne Zimmerthür <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0063" n="59"/> <fw type="pageNum" place="top">— 59 —<lb/></fw> <p>„Liebe Fenitſchka!“ murmelte er, — „ich würde mir<lb/> auch dann nichts weiter gedacht haben, als nur: welche<lb/> frappante Aehnlichkeit.“</p><lb/> <p>Dies geſchah am Vormittag.</p><lb/> <p>Am Abend wollte Max Werner in die kaiſerliche<lb/> Oper und kehrte nach ſieben Uhr in ſeinem Hotel ein,<lb/> um ſich dazu umzukleiden.</p><lb/> <p>Sein Zimmer lag zwei Treppen hoch, dem Treppen¬<lb/> aufſtieg ſchräg gegenüber.</p><lb/> <p>Als er im Hinaufſteigen einmal aufblickte, ſah er<lb/> von oben herab eine verſchleierte Dame kommen, die er<lb/> durch Haltung und Bewegung faſt augenblicklich erkannte.</p><lb/> <p>Es war Fenia.</p><lb/> <p>Ihn durchblitzte förmlich der Schreck, ihr in den<lb/> Weg gekommen zu ſein. Dieſe erſte jähe Ueberraſchung<lb/> in ſeinen Zügen konnte er hinterdrein nicht wieder gut<lb/> machen, mit ſo unbeteiligter Miene er dann auch, fremd<lb/> und harmlos, auf der Treppe an ihr vorbeizugehn ſuchte.</p><lb/> <p>Sie zauderte einen Augenblick auf der Stufe, wo<lb/> ſie einander begegnet waren.</p><lb/> <p>Dann, blitzſchnell, drehte ſie ſich um, eilte ihm die<lb/> übrigen Stufen nach, erreichte ihn grade noch, als er<lb/> im Begriff ſtand, ganz entſetzt in ſeinem Zimmer zu ver¬<lb/> ſchwinden, und riß den Schleier von ihrer Mütze.</p><lb/> <p>„Max!“ ſchrie ſie leiſe, heiſer, mit zugeſchnürter<lb/> Kehle; „nein! das hier ertrag ich nicht!“</p><lb/> <p>In höchſter Beſtürzung blieb er ſtehn, und ſeine er¬<lb/> ſchrocken forſchenden Blicke irrten über ſie weg nach der<lb/> Treppe, ob auch niemand ihren Aufſchrei gehört habe.</p><lb/> <p>Dann ſtieß er die ſchon aufgeſchloſſne Zimmerthür<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0063]
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„Liebe Fenitſchka!“ murmelte er, — „ich würde mir
auch dann nichts weiter gedacht haben, als nur: welche
frappante Aehnlichkeit.“
Dies geſchah am Vormittag.
Am Abend wollte Max Werner in die kaiſerliche
Oper und kehrte nach ſieben Uhr in ſeinem Hotel ein,
um ſich dazu umzukleiden.
Sein Zimmer lag zwei Treppen hoch, dem Treppen¬
aufſtieg ſchräg gegenüber.
Als er im Hinaufſteigen einmal aufblickte, ſah er
von oben herab eine verſchleierte Dame kommen, die er
durch Haltung und Bewegung faſt augenblicklich erkannte.
Es war Fenia.
Ihn durchblitzte förmlich der Schreck, ihr in den
Weg gekommen zu ſein. Dieſe erſte jähe Ueberraſchung
in ſeinen Zügen konnte er hinterdrein nicht wieder gut
machen, mit ſo unbeteiligter Miene er dann auch, fremd
und harmlos, auf der Treppe an ihr vorbeizugehn ſuchte.
Sie zauderte einen Augenblick auf der Stufe, wo
ſie einander begegnet waren.
Dann, blitzſchnell, drehte ſie ſich um, eilte ihm die
übrigen Stufen nach, erreichte ihn grade noch, als er
im Begriff ſtand, ganz entſetzt in ſeinem Zimmer zu ver¬
ſchwinden, und riß den Schleier von ihrer Mütze.
„Max!“ ſchrie ſie leiſe, heiſer, mit zugeſchnürter
Kehle; „nein! das hier ertrag ich nicht!“
In höchſter Beſtürzung blieb er ſtehn, und ſeine er¬
ſchrocken forſchenden Blicke irrten über ſie weg nach der
Treppe, ob auch niemand ihren Aufſchrei gehört habe.
Dann ſtieß er die ſchon aufgeſchloſſne Zimmerthür
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Zitationshilfe: | Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/63>, abgerufen am 31.07.2024. |