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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Körner und Fäden der Zellen.
Forderung genügt, doch muss auch die Möglichkeit in Betracht
gezogen werden, dass noch unbekannte Formbestandtheile zwi¬
schen den Fibrillen vorhanden sein und dieser Nervenleitung
dienen könnten. Dann wissen wir, dass, wie dieses schon von
Max Schultze in seinem berühmten Aufsatze über Muskelkörper¬
chen etc.1 so vortrefflich discutirt ist, in nächster Umgebung
der Kerne Reste von embryonalem Protoplasma übrig bleiben;
diese Reste treten jedenfalls ihrer Masse nach in der fertigen
Muskelfaser sehr zurück, und wenn ihnen trotzdem noch eine
erhebliche physiologische Bedeutung zukommen sollte, so hin¬
dert uns nichts, dieselben ebenfalls aus vielen vielleicht sehr
kleinen Elementarkörperchen uns zusammengesetzt zu denken.

Unser Muskelbild zeigt jedenfalls, dass wenigstens die Haupt¬
menge der hier vorhandenen lebenden Substanz geformt ist.

Eine zweite wichtige Frage ist dann die, wie sollen wir
morphologisch die Muskelfibrille auffassen. Es scheint mir nach
meinen Erfahrungen nicht anders möglich zu sein, als dass wir
sie als ein Multiplum von Granulis betrachten. Würden wir die
Entstehung, das Wachsthum und die Vermehrung der Muskel¬
fibrillen deutlich verfolgen können, dann würde sich dieses aus
den Thatsachen wohl ergeben. Leider haben meine Methoden
für diesen Zweck noch nicht ausgereicht und muss ich auch
hier von dem Ausfrieren der Gewebe die nöthigen Ergänzungen
erwarten; es lässt sich erwarten, dass eine sorgfältige Verfol¬
gung der Entwickelungsstadien jener Flügelmuskeln sehr positive
Resultate ergeben wird. Die auf Tafel IX gegebenen Abbildungen
von drei verschiedenen Entwickelungsstufen der Muskelfaser des
Frosches zeigen nur, dass in den jüngeren Stadien da, wo noch
keine Fibrillen vorhanden sind, Granula existiren; ob dieselben
hier Beziehungen zur Bildung der Fibrillen haben, das lässt sich
aus diesen Bildern nicht schliessen.

Wir werden jedoch Gelegenheit haben, an anderen Zellen¬
gattungen die Entstehung und Zusammensetzung der Zellfibrillen
aus Granulis zu beobachten, ja dieses Verhalten wird sich in
den meisten Zellengattungen als das vorherrschende erweisen.

Erwähnenswerth ist es vielleicht, dass von van Beneden

1 Arch. f. Anat., Phys. u. wissensch. Med. 1861.
4*

Körner und Fäden der Zellen.
Forderung genügt, doch muss auch die Möglichkeit in Betracht
gezogen werden, dass noch unbekannte Formbestandtheile zwi¬
schen den Fibrillen vorhanden sein und dieser Nervenleitung
dienen könnten. Dann wissen wir, dass, wie dieses schon von
Max Schultze in seinem berühmten Aufsatze über Muskelkörper¬
chen etc.1 so vortrefflich discutirt ist, in nächster Umgebung
der Kerne Reste von embryonalem Protoplasma übrig bleiben;
diese Reste treten jedenfalls ihrer Masse nach in der fertigen
Muskelfaser sehr zurück, und wenn ihnen trotzdem noch eine
erhebliche physiologische Bedeutung zukommen sollte, so hin¬
dert uns nichts, dieselben ebenfalls aus vielen vielleicht sehr
kleinen Elementarkörperchen uns zusammengesetzt zu denken.

Unser Muskelbild zeigt jedenfalls, dass wenigstens die Haupt¬
menge der hier vorhandenen lebenden Substanz geformt ist.

Eine zweite wichtige Frage ist dann die, wie sollen wir
morphologisch die Muskelfibrille auffassen. Es scheint mir nach
meinen Erfahrungen nicht anders möglich zu sein, als dass wir
sie als ein Multiplum von Granulis betrachten. Würden wir die
Entstehung, das Wachsthum und die Vermehrung der Muskel¬
fibrillen deutlich verfolgen können, dann würde sich dieses aus
den Thatsachen wohl ergeben. Leider haben meine Methoden
für diesen Zweck noch nicht ausgereicht und muss ich auch
hier von dem Ausfrieren der Gewebe die nöthigen Ergänzungen
erwarten; es lässt sich erwarten, dass eine sorgfältige Verfol¬
gung der Entwickelungsstadien jener Flügelmuskeln sehr positive
Resultate ergeben wird. Die auf Tafel IX gegebenen Abbildungen
von drei verschiedenen Entwickelungsstufen der Muskelfaser des
Frosches zeigen nur, dass in den jüngeren Stadien da, wo noch
keine Fibrillen vorhanden sind, Granula existiren; ob dieselben
hier Beziehungen zur Bildung der Fibrillen haben, das lässt sich
aus diesen Bildern nicht schliessen.

Wir werden jedoch Gelegenheit haben, an anderen Zellen¬
gattungen die Entstehung und Zusammensetzung der Zellfibrillen
aus Granulis zu beobachten, ja dieses Verhalten wird sich in
den meisten Zellengattungen als das vorherrschende erweisen.

Erwähnenswerth ist es vielleicht, dass von van Beneden

1 Arch. f. Anat., Phys. u. wissensch. Med. 1861.
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[51/0067] Körner und Fäden der Zellen. Forderung genügt, doch muss auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass noch unbekannte Formbestandtheile zwi¬ schen den Fibrillen vorhanden sein und dieser Nervenleitung dienen könnten. Dann wissen wir, dass, wie dieses schon von Max Schultze in seinem berühmten Aufsatze über Muskelkörper¬ chen etc. 1 so vortrefflich discutirt ist, in nächster Umgebung der Kerne Reste von embryonalem Protoplasma übrig bleiben; diese Reste treten jedenfalls ihrer Masse nach in der fertigen Muskelfaser sehr zurück, und wenn ihnen trotzdem noch eine erhebliche physiologische Bedeutung zukommen sollte, so hin¬ dert uns nichts, dieselben ebenfalls aus vielen vielleicht sehr kleinen Elementarkörperchen uns zusammengesetzt zu denken. Unser Muskelbild zeigt jedenfalls, dass wenigstens die Haupt¬ menge der hier vorhandenen lebenden Substanz geformt ist. Eine zweite wichtige Frage ist dann die, wie sollen wir morphologisch die Muskelfibrille auffassen. Es scheint mir nach meinen Erfahrungen nicht anders möglich zu sein, als dass wir sie als ein Multiplum von Granulis betrachten. Würden wir die Entstehung, das Wachsthum und die Vermehrung der Muskel¬ fibrillen deutlich verfolgen können, dann würde sich dieses aus den Thatsachen wohl ergeben. Leider haben meine Methoden für diesen Zweck noch nicht ausgereicht und muss ich auch hier von dem Ausfrieren der Gewebe die nöthigen Ergänzungen erwarten; es lässt sich erwarten, dass eine sorgfältige Verfol¬ gung der Entwickelungsstadien jener Flügelmuskeln sehr positive Resultate ergeben wird. Die auf Tafel IX gegebenen Abbildungen von drei verschiedenen Entwickelungsstufen der Muskelfaser des Frosches zeigen nur, dass in den jüngeren Stadien da, wo noch keine Fibrillen vorhanden sind, Granula existiren; ob dieselben hier Beziehungen zur Bildung der Fibrillen haben, das lässt sich aus diesen Bildern nicht schliessen. Wir werden jedoch Gelegenheit haben, an anderen Zellen¬ gattungen die Entstehung und Zusammensetzung der Zellfibrillen aus Granulis zu beobachten, ja dieses Verhalten wird sich in den meisten Zellengattungen als das vorherrschende erweisen. Erwähnenswerth ist es vielleicht, dass von van Beneden 1 Arch. f. Anat., Phys. u. wissensch. Med. 1861. 4*

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/67>, abgerufen am 19.03.2024.