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Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890.

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Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
werden. Zuerst wurde ich darauf bei der Urniere des 13tägigen
Hühnchens aufmerksam. Hier zeigte es sich, dass die Zellen
grössere kugelige Gebilde ausstossen, welche zum Theil noch
specifische Granula enthalten, und dass dieses auch trotz der
Gegenwart des epithelialen Bürstenbesatzes geschieht (Fig. 2 u. 3
Tafel XVIII).1 In den Nieren der Warmblüter selbst, von denen
Fig. 1 Tafel V einen Durchschnitt durch die Niere der Maus
darstellt, liessen sich direct ähnliche Erscheinungen nicht nach¬
weisen; doch glaubte ich, dass hieran nur das enge Lumen
der Kanälchen schuld wäre. Es wurden in Folge dessen an
Hunden die Uretheren unterbunden,2 und nach 1 -- 2 Stunden
Nierenstücke mit dem Osmiumgemisch fixirt. Hier zeigte es
sich dann, dass nach Erweiterung der Lumina ganz dieselben
Bilder auftraten, wie in den Urnieren ohne diese Unterbindung
(Fig. 1 Tafel XVIII). Offenbar wurde nach Erweiterung der
Canälchenlumina durch die Unterbindung erst der Raum ge¬
schaffen, damit jene aus den Zellen kommenden kugligen Gebilde
sich von einander im optischen Bilde abheben konnten. Neuer¬
dings sind ähnliche Bilder auch von Lorentz3 an pathologischen
Nieren gesehen worden. Auch das Bild der corticalen Harn¬
kanälchen des Salamanders in Fig. 2 Tafel IV zeigt Auflösungen
der Zellsubstanz. Vielleicht werden auch an den Nieren weitere
Untersuchungen mehr zu Tage fördern.

Aus dem Vergleich der verschiedenartigen Drüsen kann
man ein eigenartiges Gesetz ableiten, wenn man den ana¬
tomischen Bau derselben und die Beschaffenheit der Secrete
mit einander vergleicht. Es zeigt sich nämlich, dass im All¬
gemeinen diejenigen Drüsen, welche unlösliche Secrete, wie
Fette, liefern, weite Acini und weite Secretionsröhren haben,
während die mit gelöstem Secret sich umgekehrt verhalten.
Der Zweck dieser Einrichtung liegt auf der Hand; ein gelöstes
Secret vermag sich auch durch die engsten Röhrchen hindurch¬
zuzwängen, wie wir dieses besonders an der Leber sehen, wäh¬

1 Das Präparat verdanke ich Herrn Dr. Metzner, welcher es bei Ge¬
legenheit seiner Fettpräparationen am Hühnchenfoetus auffand.
2 Herr Prof. Ludwig, dem ich so vielfache Belehrung und Unterstützung
verdanke, hatte selbst die Güte, die Unterbindungen auszuführen.
3 Zeitschrift für klinische Medicin. 1889.

Die Secretionserscheinungen in den Zellen.
werden. Zuerst wurde ich darauf bei der Urniere des 13tägigen
Hühnchens aufmerksam. Hier zeigte es sich, dass die Zellen
grössere kugelige Gebilde ausstossen, welche zum Theil noch
specifische Granula enthalten, und dass dieses auch trotz der
Gegenwart des epithelialen Bürstenbesatzes geschieht (Fig. 2 u. 3
Tafel XVIII).1 In den Nieren der Warmblüter selbst, von denen
Fig. 1 Tafel V einen Durchschnitt durch die Niere der Maus
darstellt, liessen sich direct ähnliche Erscheinungen nicht nach¬
weisen; doch glaubte ich, dass hieran nur das enge Lumen
der Kanälchen schuld wäre. Es wurden in Folge dessen an
Hunden die Uretheren unterbunden,2 und nach 1 — 2 Stunden
Nierenstücke mit dem Osmiumgemisch fixirt. Hier zeigte es
sich dann, dass nach Erweiterung der Lumina ganz dieselben
Bilder auftraten, wie in den Urnieren ohne diese Unterbindung
(Fig. 1 Tafel XVIII). Offenbar wurde nach Erweiterung der
Canälchenlumina durch die Unterbindung erst der Raum ge¬
schaffen, damit jene aus den Zellen kommenden kugligen Gebilde
sich von einander im optischen Bilde abheben konnten. Neuer¬
dings sind ähnliche Bilder auch von Lorentz3 an pathologischen
Nieren gesehen worden. Auch das Bild der corticalen Harn¬
kanälchen des Salamanders in Fig. 2 Tafel IV zeigt Auflösungen
der Zellsubstanz. Vielleicht werden auch an den Nieren weitere
Untersuchungen mehr zu Tage fördern.

Aus dem Vergleich der verschiedenartigen Drüsen kann
man ein eigenartiges Gesetz ableiten, wenn man den ana¬
tomischen Bau derselben und die Beschaffenheit der Secrete
mit einander vergleicht. Es zeigt sich nämlich, dass im All¬
gemeinen diejenigen Drüsen, welche unlösliche Secrete, wie
Fette, liefern, weite Acini und weite Secretionsröhren haben,
während die mit gelöstem Secret sich umgekehrt verhalten.
Der Zweck dieser Einrichtung liegt auf der Hand; ein gelöstes
Secret vermag sich auch durch die engsten Röhrchen hindurch¬
zuzwängen, wie wir dieses besonders an der Leber sehen, wäh¬

1 Das Präparat verdanke ich Herrn Dr. Metzner, welcher es bei Ge¬
legenheit seiner Fettpräparationen am Hühnchenfoetus auffand.
2 Herr Prof. Ludwig, dem ich so vielfache Belehrung und Unterstützung
verdanke, hatte selbst die Güte, die Unterbindungen auszuführen.
3 Zeitschrift für klinische Medicin. 1889.
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[121/0137] Die Secretionserscheinungen in den Zellen. werden. Zuerst wurde ich darauf bei der Urniere des 13tägigen Hühnchens aufmerksam. Hier zeigte es sich, dass die Zellen grössere kugelige Gebilde ausstossen, welche zum Theil noch specifische Granula enthalten, und dass dieses auch trotz der Gegenwart des epithelialen Bürstenbesatzes geschieht (Fig. 2 u. 3 Tafel XVIII). 1 In den Nieren der Warmblüter selbst, von denen Fig. 1 Tafel V einen Durchschnitt durch die Niere der Maus darstellt, liessen sich direct ähnliche Erscheinungen nicht nach¬ weisen; doch glaubte ich, dass hieran nur das enge Lumen der Kanälchen schuld wäre. Es wurden in Folge dessen an Hunden die Uretheren unterbunden, 2 und nach 1 — 2 Stunden Nierenstücke mit dem Osmiumgemisch fixirt. Hier zeigte es sich dann, dass nach Erweiterung der Lumina ganz dieselben Bilder auftraten, wie in den Urnieren ohne diese Unterbindung (Fig. 1 Tafel XVIII). Offenbar wurde nach Erweiterung der Canälchenlumina durch die Unterbindung erst der Raum ge¬ schaffen, damit jene aus den Zellen kommenden kugligen Gebilde sich von einander im optischen Bilde abheben konnten. Neuer¬ dings sind ähnliche Bilder auch von Lorentz 3 an pathologischen Nieren gesehen worden. Auch das Bild der corticalen Harn¬ kanälchen des Salamanders in Fig. 2 Tafel IV zeigt Auflösungen der Zellsubstanz. Vielleicht werden auch an den Nieren weitere Untersuchungen mehr zu Tage fördern. Aus dem Vergleich der verschiedenartigen Drüsen kann man ein eigenartiges Gesetz ableiten, wenn man den ana¬ tomischen Bau derselben und die Beschaffenheit der Secrete mit einander vergleicht. Es zeigt sich nämlich, dass im All¬ gemeinen diejenigen Drüsen, welche unlösliche Secrete, wie Fette, liefern, weite Acini und weite Secretionsröhren haben, während die mit gelöstem Secret sich umgekehrt verhalten. Der Zweck dieser Einrichtung liegt auf der Hand; ein gelöstes Secret vermag sich auch durch die engsten Röhrchen hindurch¬ zuzwängen, wie wir dieses besonders an der Leber sehen, wäh¬ 1 Das Präparat verdanke ich Herrn Dr. Metzner, welcher es bei Ge¬ legenheit seiner Fettpräparationen am Hühnchenfoetus auffand. 2 Herr Prof. Ludwig, dem ich so vielfache Belehrung und Unterstützung verdanke, hatte selbst die Güte, die Unterbindungen auszuführen. 3 Zeitschrift für klinische Medicin. 1889.

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Zitationshilfe: Altmann, Richard: Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, 1890, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altmann_elementarorganismen_1890/137>, abgerufen am 24.04.2024.