Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906.für mich selbstverständlich, Sie, mein Herr, in jeder Beziehung zu berücksichtigen. Ergebenst Mit 19 Jahren hatte ich ein Verhältnis mit einer wunderbar schönen jungen "Gefallenen". Aber obzwar sie selbstverständlich für einen jeden um wenige Kronen zu haben war, ging dennoch keiner meiner Freunde und Bekannten je mit ihr. In diesen Kreisen wahrt man noch und respektiert die Rechte der Seele! [Abbildung]"Ich gehe zu ihm, in seine Arme, just und just - - -" sagte Anna zu ihrem unglückseligen Geliebten. "So gehe denn, Anna! Aber möge er mindestens so glücklich werden an dir wie ich bereits, wenn ich den Griff deines Schirmes an meine Lippen drücke - - -." Da sagte sie erbleichend: "Ich gehe nicht -." [Abbildung]"Kannst du, Anna, einer Fliege die Flügel, die Beine ausreissen und den Leib so langsam dahinsterben lassen?!? Wegen nichts, wegen einer Laune?!? Aus Ungezogenheit?!? Wenn du es kannst, dann bin ich verloren. für mich selbstverständlich, Sie, mein Herr, in jeder Beziehung zu berücksichtigen. Ergebenst Mit 19 Jahren hatte ich ein Verhältnis mit einer wunderbar schönen jungen „Gefallenen“. Aber obzwar sie selbstverständlich für einen jeden um wenige Kronen zu haben war, ging dennoch keiner meiner Freunde und Bekannten je mit ihr. In diesen Kreisen wahrt man noch und respektiert die Rechte der Seele! [Abbildung]„Ich gehe zu ihm, in seine Arme, just und just – – –“ sagte Anna zu ihrem unglückseligen Geliebten. „So gehe denn, Anna! Aber möge er mindestens so glücklich werden an dir wie ich bereits, wenn ich den Griff deines Schirmes an meine Lippen drücke – – –.“ Da sagte sie erbleichend: „Ich gehe nicht –.“ [Abbildung]„Kannst du, Anna, einer Fliege die Flügel, die Beine ausreissen und den Leib so langsam dahinsterben lassen?!? Wegen nichts, wegen einer Laune?!? Aus Ungezogenheit?!? Wenn du es kannst, dann bin ich verloren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="185"/> für mich selbstverständlich, Sie, mein Herr, in jeder Beziehung zu berücksichtigen.</p> <p> <hi rendition="#et">Ergebenst</hi><lb/> <hi rendition="#right">A. R.</hi> </p> <figure/><lb/> <p>Mit 19 Jahren hatte ich ein Verhältnis mit einer wunderbar schönen jungen „Gefallenen“. Aber obzwar sie selbstverständlich für einen jeden um wenige Kronen zu haben war, ging dennoch <hi rendition="#g">keiner meiner Freunde und Bekannten</hi> je mit ihr. In <hi rendition="#g">diesen Kreisen</hi> wahrt man noch und respektiert die <hi rendition="#g">Rechte der Seele!</hi></p> <figure/><lb/> <p>„Ich gehe zu ihm, in seine Arme, just und just – – –“ sagte Anna zu ihrem unglückseligen Geliebten.</p> <p>„So gehe denn, Anna! Aber möge er <hi rendition="#g">mindestens</hi> so glücklich werden an dir wie ich bereits, wenn ich den Griff deines Schirmes an meine Lippen drücke – – –.“</p> <p>Da sagte sie erbleichend: „Ich gehe <hi rendition="#g">nicht</hi> –.“</p> <figure/><lb/> <p>„Kannst du, Anna, einer Fliege die Flügel, die Beine ausreissen und den Leib so langsam dahinsterben lassen?!? Wegen nichts, wegen einer Laune?!? Aus Ungezogenheit?!?</p> <p>Wenn du es <hi rendition="#g">kannst</hi>, dann bin ich verloren. </p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0185]
für mich selbstverständlich, Sie, mein Herr, in jeder Beziehung zu berücksichtigen.
Ergebenst
A. R.
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Mit 19 Jahren hatte ich ein Verhältnis mit einer wunderbar schönen jungen „Gefallenen“. Aber obzwar sie selbstverständlich für einen jeden um wenige Kronen zu haben war, ging dennoch keiner meiner Freunde und Bekannten je mit ihr. In diesen Kreisen wahrt man noch und respektiert die Rechte der Seele!
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„Ich gehe zu ihm, in seine Arme, just und just – – –“ sagte Anna zu ihrem unglückseligen Geliebten.
„So gehe denn, Anna! Aber möge er mindestens so glücklich werden an dir wie ich bereits, wenn ich den Griff deines Schirmes an meine Lippen drücke – – –.“
Da sagte sie erbleichend: „Ich gehe nicht –.“
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„Kannst du, Anna, einer Fliege die Flügel, die Beine ausreissen und den Leib so langsam dahinsterben lassen?!? Wegen nichts, wegen einer Laune?!? Aus Ungezogenheit?!?
Wenn du es kannst, dann bin ich verloren.
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Zitationshilfe: | Altenberg, Peter: Pròdrŏmŏs. 2. Aufl. Berlin, 1906, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/altenberg_prodromos_1906/185>, abgerufen am 08.07.2024. |