Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Im Wagen sitze ich; wen der Kutscher auf dem Bocke zu sich nimmt, geht mich nichts an. Behrend lächelte und drückte Sacken's Hand. In der Nacht war die Familie geschäftig, dem Abreisenden hülfreich zu sein und ihm alle Annehmlichkeiten zu der beschwerlichen und in jener Zeit gefährlichen Reise vorzubereiten. Er schien es ihnen nicht zu danken, denn er war mit Allem unzufrieden. Auch der Abschied entsprach nicht einer so langen, vertrauten Bekanntschaft. Nur Benigna erhielt einen Kuß, aber kein Geschenk. Mit einem kurzen Händedruck schwang sich der Freiherr in den Wagen und blickte nicht ein einziges Mal nach seinen Wirthen zurück, welche in der Hausthür mit bewegtem Blick dem Fortrollenden nachsahen. In seinem Zimmer fand man aber in ein Packet verschlossen ein bedeutendes Geschenk, welches er der Kleinen zurückließ. Nach Sonnenaufgang stürzte Lauson in das Haus seiner Freunde, und sein Gesicht strahlte von Seligkeit wieder, denn sein ungerathener Schützling war gerettet. Aber, Gevatter, die Wette habt Ihr doch verloren, sagte Behrend. Einstweilen, Advocate, einstweilen, jubelte Lauson, und mein Fäßchen aus Tokay rollt schon auf der Karre heran; aber nur um Eurem Stückfaß von der Garonne höflichst zu sagen, daß es über kurz oder lang seinen Platz einnehmen soll. Im Wagen sitze ich; wen der Kutscher auf dem Bocke zu sich nimmt, geht mich nichts an. Behrend lächelte und drückte Sacken's Hand. In der Nacht war die Familie geschäftig, dem Abreisenden hülfreich zu sein und ihm alle Annehmlichkeiten zu der beschwerlichen und in jener Zeit gefährlichen Reise vorzubereiten. Er schien es ihnen nicht zu danken, denn er war mit Allem unzufrieden. Auch der Abschied entsprach nicht einer so langen, vertrauten Bekanntschaft. Nur Benigna erhielt einen Kuß, aber kein Geschenk. Mit einem kurzen Händedruck schwang sich der Freiherr in den Wagen und blickte nicht ein einziges Mal nach seinen Wirthen zurück, welche in der Hausthür mit bewegtem Blick dem Fortrollenden nachsahen. In seinem Zimmer fand man aber in ein Packet verschlossen ein bedeutendes Geschenk, welches er der Kleinen zurückließ. Nach Sonnenaufgang stürzte Lauson in das Haus seiner Freunde, und sein Gesicht strahlte von Seligkeit wieder, denn sein ungerathener Schützling war gerettet. Aber, Gevatter, die Wette habt Ihr doch verloren, sagte Behrend. Einstweilen, Advocate, einstweilen, jubelte Lauson, und mein Fäßchen aus Tokay rollt schon auf der Karre heran; aber nur um Eurem Stückfaß von der Garonne höflichst zu sagen, daß es über kurz oder lang seinen Platz einnehmen soll. <TEI> <text> <body> <div n="3"> <pb facs="#f0038"/> <p>Im Wagen sitze ich; wen der Kutscher auf dem Bocke zu sich nimmt, geht mich nichts an.</p><lb/> <p>Behrend lächelte und drückte Sacken's Hand. In der Nacht war die Familie geschäftig, dem Abreisenden hülfreich zu sein und ihm alle Annehmlichkeiten zu der beschwerlichen und in jener Zeit gefährlichen Reise vorzubereiten. Er schien es ihnen nicht zu danken, denn er war mit Allem unzufrieden. Auch der Abschied entsprach nicht einer so langen, vertrauten Bekanntschaft. Nur Benigna erhielt einen Kuß, aber kein Geschenk. Mit einem kurzen Händedruck schwang sich der Freiherr in den Wagen und blickte nicht ein einziges Mal nach seinen Wirthen zurück, welche in der Hausthür mit bewegtem Blick dem Fortrollenden nachsahen. In seinem Zimmer fand man aber in ein Packet verschlossen ein bedeutendes Geschenk, welches er der Kleinen zurückließ.</p><lb/> <p>Nach Sonnenaufgang stürzte Lauson in das Haus seiner Freunde, und sein Gesicht strahlte von Seligkeit wieder, denn sein ungerathener Schützling war gerettet. Aber, Gevatter, die Wette habt Ihr doch verloren, sagte Behrend.</p><lb/> <p>Einstweilen, Advocate, einstweilen, jubelte Lauson, und mein Fäßchen aus Tokay rollt schon auf der Karre heran; aber nur um Eurem Stückfaß von der Garonne höflichst zu sagen, daß es über kurz oder lang seinen Platz einnehmen soll.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
Im Wagen sitze ich; wen der Kutscher auf dem Bocke zu sich nimmt, geht mich nichts an.
Behrend lächelte und drückte Sacken's Hand. In der Nacht war die Familie geschäftig, dem Abreisenden hülfreich zu sein und ihm alle Annehmlichkeiten zu der beschwerlichen und in jener Zeit gefährlichen Reise vorzubereiten. Er schien es ihnen nicht zu danken, denn er war mit Allem unzufrieden. Auch der Abschied entsprach nicht einer so langen, vertrauten Bekanntschaft. Nur Benigna erhielt einen Kuß, aber kein Geschenk. Mit einem kurzen Händedruck schwang sich der Freiherr in den Wagen und blickte nicht ein einziges Mal nach seinen Wirthen zurück, welche in der Hausthür mit bewegtem Blick dem Fortrollenden nachsahen. In seinem Zimmer fand man aber in ein Packet verschlossen ein bedeutendes Geschenk, welches er der Kleinen zurückließ.
Nach Sonnenaufgang stürzte Lauson in das Haus seiner Freunde, und sein Gesicht strahlte von Seligkeit wieder, denn sein ungerathener Schützling war gerettet. Aber, Gevatter, die Wette habt Ihr doch verloren, sagte Behrend.
Einstweilen, Advocate, einstweilen, jubelte Lauson, und mein Fäßchen aus Tokay rollt schon auf der Karre heran; aber nur um Eurem Stückfaß von der Garonne höflichst zu sagen, daß es über kurz oder lang seinen Platz einnehmen soll.
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Zitationshilfe: | Alexis, Willibald: Herr von Sacken. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–202. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_sacken_1910/38>, abgerufen am 16.07.2024. |