ab. Alles für Andre! Nun, mein Herr, jetzt gilt es für mich selbst. Werde ich mich schlagen, wie Ihre Soldaten, für Commisbrod, aus Furcht vor dem Cor¬ poralstock? Nein, wie der Pirat, den die Fregatten eingeholt. In dem Todeskampfe siegt er wohl zu¬ weilen gegen die Uebermacht, es kommt öfter vor, daß er die Verfolger mit sich in die Luft sprengt. O, es soll ein Kampf werden, auf den ich mich freue; eine Beschäftigung für den Geist, wie ich sie wünsche. Sperren Sie mich in den engsten Kerker; je kleiner der Kessel, um so größer die Expansionskraft des Gases. Mein Compliment Ihnen, ich weiß, wen ich vor mir habe: keine plumpe Criminalspinne, die außer ihrer Aktenhöhle, blödsichtig, nicht um sich weiß, nein, einen feinen Welt- und Lebemann, der mit sei¬ nen Kenntnissen und psychologischen Erfahrungen mich umgarnen und harmlos fangen möchte. Grad, auf solchen Gegner freue ich mich. Ich schätze Sie. Wir wollen uns in Minen und Contreminen begegnen. Das wird meinen Geist frisch erhalten; das erfrischt auch das Blut; weit mehr, als die körperliche Be¬ wegung. Ich werde ein gesunder Gefangener blei¬ ben. Auch Sie sollen Ihre Freude an mir haben. Ein Inquisitor verliebt sich am Ende in seinen In¬ quisiten -- er sehnt sich in der Nacht auf den näch¬ sten Morgen, wo er ihn wieder erblickt --"
"Bis er ihn an einem Morgen dem Richter ab¬ liefert, der ihn nicht zurückliefert."
"Das bilden Sie sich ja nicht ein. Sie meinen
V. 24
ab. Alles für Andre! Nun, mein Herr, jetzt gilt es für mich ſelbſt. Werde ich mich ſchlagen, wie Ihre Soldaten, für Commisbrod, aus Furcht vor dem Cor¬ poralſtock? Nein, wie der Pirat, den die Fregatten eingeholt. In dem Todeskampfe ſiegt er wohl zu¬ weilen gegen die Uebermacht, es kommt öfter vor, daß er die Verfolger mit ſich in die Luft ſprengt. O, es ſoll ein Kampf werden, auf den ich mich freue; eine Beſchäftigung für den Geiſt, wie ich ſie wünſche. Sperren Sie mich in den engſten Kerker; je kleiner der Keſſel, um ſo größer die Expanſionskraft des Gaſes. Mein Compliment Ihnen, ich weiß, wen ich vor mir habe: keine plumpe Criminalſpinne, die außer ihrer Aktenhöhle, blödſichtig, nicht um ſich weiß, nein, einen feinen Welt- und Lebemann, der mit ſei¬ nen Kenntniſſen und pſychologiſchen Erfahrungen mich umgarnen und harmlos fangen möchte. Grad, auf ſolchen Gegner freue ich mich. Ich ſchätze Sie. Wir wollen uns in Minen und Contreminen begegnen. Das wird meinen Geiſt friſch erhalten; das erfriſcht auch das Blut; weit mehr, als die körperliche Be¬ wegung. Ich werde ein geſunder Gefangener blei¬ ben. Auch Sie ſollen Ihre Freude an mir haben. Ein Inquiſitor verliebt ſich am Ende in ſeinen In¬ quiſiten — er ſehnt ſich in der Nacht auf den näch¬ ſten Morgen, wo er ihn wieder erblickt —“
„Bis er ihn an einem Morgen dem Richter ab¬ liefert, der ihn nicht zurückliefert.“
„Das bilden Sie ſich ja nicht ein. Sie meinen
V. 24
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0379"n="369"/>
ab. Alles für Andre! Nun, mein Herr, <hirendition="#g">jetzt gilt es<lb/>
für mich ſelbſt</hi>. Werde ich mich ſchlagen, wie Ihre<lb/>
Soldaten, für Commisbrod, aus Furcht vor dem Cor¬<lb/>
poralſtock? Nein, wie der Pirat, den die Fregatten<lb/>
eingeholt. In dem Todeskampfe ſiegt er wohl zu¬<lb/>
weilen gegen die Uebermacht, es kommt öfter vor,<lb/>
daß er die Verfolger mit ſich in die Luft ſprengt.<lb/>
O, es ſoll ein Kampf werden, auf den ich mich freue;<lb/>
eine Beſchäftigung für den Geiſt, wie ich ſie wünſche.<lb/>
Sperren Sie mich in den engſten Kerker; je kleiner<lb/>
der Keſſel, um ſo größer die Expanſionskraft des<lb/>
Gaſes. Mein Compliment Ihnen, ich weiß, wen ich<lb/>
vor mir habe: keine plumpe Criminalſpinne, die<lb/>
außer ihrer Aktenhöhle, blödſichtig, nicht um ſich weiß,<lb/>
nein, einen feinen Welt- und Lebemann, der mit ſei¬<lb/>
nen Kenntniſſen und pſychologiſchen Erfahrungen mich<lb/>
umgarnen und harmlos fangen möchte. Grad, auf<lb/>ſolchen Gegner freue ich mich. Ich ſchätze Sie. Wir<lb/>
wollen uns in Minen und Contreminen begegnen.<lb/>
Das wird meinen Geiſt friſch erhalten; das erfriſcht<lb/>
auch das Blut; weit mehr, als die körperliche Be¬<lb/>
wegung. Ich werde ein geſunder Gefangener blei¬<lb/>
ben. Auch Sie ſollen Ihre Freude an mir haben.<lb/>
Ein Inquiſitor verliebt ſich am Ende in ſeinen In¬<lb/>
quiſiten — er ſehnt ſich in der Nacht auf den näch¬<lb/>ſten Morgen, wo er ihn wieder erblickt —“</p><lb/><p>„Bis er ihn an einem Morgen dem Richter ab¬<lb/>
liefert, der ihn nicht zurückliefert.“</p><lb/><p>„Das bilden Sie ſich ja nicht ein. Sie meinen<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">V</hi>. 24<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[369/0379]
ab. Alles für Andre! Nun, mein Herr, jetzt gilt es
für mich ſelbſt. Werde ich mich ſchlagen, wie Ihre
Soldaten, für Commisbrod, aus Furcht vor dem Cor¬
poralſtock? Nein, wie der Pirat, den die Fregatten
eingeholt. In dem Todeskampfe ſiegt er wohl zu¬
weilen gegen die Uebermacht, es kommt öfter vor,
daß er die Verfolger mit ſich in die Luft ſprengt.
O, es ſoll ein Kampf werden, auf den ich mich freue;
eine Beſchäftigung für den Geiſt, wie ich ſie wünſche.
Sperren Sie mich in den engſten Kerker; je kleiner
der Keſſel, um ſo größer die Expanſionskraft des
Gaſes. Mein Compliment Ihnen, ich weiß, wen ich
vor mir habe: keine plumpe Criminalſpinne, die
außer ihrer Aktenhöhle, blödſichtig, nicht um ſich weiß,
nein, einen feinen Welt- und Lebemann, der mit ſei¬
nen Kenntniſſen und pſychologiſchen Erfahrungen mich
umgarnen und harmlos fangen möchte. Grad, auf
ſolchen Gegner freue ich mich. Ich ſchätze Sie. Wir
wollen uns in Minen und Contreminen begegnen.
Das wird meinen Geiſt friſch erhalten; das erfriſcht
auch das Blut; weit mehr, als die körperliche Be¬
wegung. Ich werde ein geſunder Gefangener blei¬
ben. Auch Sie ſollen Ihre Freude an mir haben.
Ein Inquiſitor verliebt ſich am Ende in ſeinen In¬
quiſiten — er ſehnt ſich in der Nacht auf den näch¬
ſten Morgen, wo er ihn wieder erblickt —“
„Bis er ihn an einem Morgen dem Richter ab¬
liefert, der ihn nicht zurückliefert.“
„Das bilden Sie ſich ja nicht ein. Sie meinen
V. 24
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/379>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.