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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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ein Polizei-Inspector schritt zum Befremden der An¬
wesenden auf Wandel zu:

"Da Sie meiner Invitation nicht gefolgt sind,
erlaube ich mir, Sie abzuholen, mein Herr."

"Ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen."

"Wir werden uns kennen lernen."

"Ah, ich sah nicht den rothen Kragen! Als was
soll ich Ihnen folgen?"

"Als mein Gefangener."

Noch ein Mal warf sich Wandel in die Brust:
"Noch Possen im alten Curialstyl! Auf Ihre Ge¬
fahr hin! In vier und zwanzig Stunden wird
mein Kaiser Rechenschaft fordern für die mir an¬
gethane Beleidigung. Wollen Sie es noch wagen?
Immerhin!"

Aller Augen starrten auf ihn. Nur der Polizei¬
mann sah ihm fest in's Gesicht und sprach mit tö¬
nender Stimme:

"Auf Requisition des Tribunals der Seine
zu Paris, und auf ausdrückliches Ansuchen des Kai¬
sers der Franzosen durch seine vormalige Gesandtschaft
hier verhafte ich Sie."

Todtenstille. Wandel erblaßte, doch nur auf
einen Augenblick: "Dann ist's ein Mißverständniß!"
er knöpfte sich zu, verbeugte sich leicht gegen die An¬
wesenden und folgte rasch dem Inspektor. Hinter
ihm schnitt ein greller Pfiff durch die Luft. Der
junge Vigilant hatte sich einen Spaß gemacht. Er
schien ihn fortzusetzen, indem er beim Hinausgehn

ein Polizei-Inſpector ſchritt zum Befremden der An¬
weſenden auf Wandel zu:

„Da Sie meiner Invitation nicht gefolgt ſind,
erlaube ich mir, Sie abzuholen, mein Herr.“

„Ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen.“

„Wir werden uns kennen lernen.“

„Ah, ich ſah nicht den rothen Kragen! Als was
ſoll ich Ihnen folgen?“

„Als mein Gefangener.“

Noch ein Mal warf ſich Wandel in die Bruſt:
„Noch Poſſen im alten Curialſtyl! Auf Ihre Ge¬
fahr hin! In vier und zwanzig Stunden wird
mein Kaiſer Rechenſchaft fordern für die mir an¬
gethane Beleidigung. Wollen Sie es noch wagen?
Immerhin!“

Aller Augen ſtarrten auf ihn. Nur der Polizei¬
mann ſah ihm feſt in's Geſicht und ſprach mit tö¬
nender Stimme:

„Auf Requiſition des Tribunals der Seine
zu Paris, und auf ausdrückliches Anſuchen des Kai¬
ſers der Franzoſen durch ſeine vormalige Geſandtſchaft
hier verhafte ich Sie.“

Todtenſtille. Wandel erblaßte, doch nur auf
einen Augenblick: „Dann iſt's ein Mißverſtändniß!“
er knöpfte ſich zu, verbeugte ſich leicht gegen die An¬
weſenden und folgte raſch dem Inſpektor. Hinter
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[364/0374] ein Polizei-Inſpector ſchritt zum Befremden der An¬ weſenden auf Wandel zu: „Da Sie meiner Invitation nicht gefolgt ſind, erlaube ich mir, Sie abzuholen, mein Herr.“ „Ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen.“ „Wir werden uns kennen lernen.“ „Ah, ich ſah nicht den rothen Kragen! Als was ſoll ich Ihnen folgen?“ „Als mein Gefangener.“ Noch ein Mal warf ſich Wandel in die Bruſt: „Noch Poſſen im alten Curialſtyl! Auf Ihre Ge¬ fahr hin! In vier und zwanzig Stunden wird mein Kaiſer Rechenſchaft fordern für die mir an¬ gethane Beleidigung. Wollen Sie es noch wagen? Immerhin!“ Aller Augen ſtarrten auf ihn. Nur der Polizei¬ mann ſah ihm feſt in's Geſicht und ſprach mit tö¬ nender Stimme: „Auf Requiſition des Tribunals der Seine zu Paris, und auf ausdrückliches Anſuchen des Kai¬ ſers der Franzoſen durch ſeine vormalige Geſandtſchaft hier verhafte ich Sie.“ Todtenſtille. Wandel erblaßte, doch nur auf einen Augenblick: „Dann iſt's ein Mißverſtändniß!“ er knöpfte ſich zu, verbeugte ſich leicht gegen die An¬ weſenden und folgte raſch dem Inſpektor. Hinter ihm ſchnitt ein greller Pfiff durch die Luft. Der junge Vigilant hatte ſich einen Spaß gemacht. Er ſchien ihn fortzuſetzen, indem er beim Hinausgehn

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/374>, abgerufen am 24.11.2024.