seinem Bette. Er trocknete, er rieb den Leib, er schenkte ihm den Thee, den er selbst vorher kostete.
"Wenn er nur nicht so spaßhaft wäre!" hatte die Baronin gerufen, als sie in's Nebenzimmer trat, um Luft zu schöpfen, und schauderte. Sie ging in Schwarz. Viele wollten nie eine Seele in diesen großen Augen erblickt haben. Heut wären sie an¬ derer Meinung gewesen. Dieser Blick voll tiefer Wehmuth, voll Stolz und Ergebung sprach nur von einem Seelenschmerz. Als sie die Worte ausrief, hatte sie sich an die Wand gelehnt. Die Wand ant¬ wortete nicht. Da wollte sie die Worte wiederholen, aber sie kamen anders heraus: "Wenn er mir nur nicht das gethan! Wenn er nur den Brief nicht ge¬ schrieben hätte!"
Hatte Wandel durch die Wand gehorcht! Er war ein anderer, als sie zurückkehrte. Wie wenn ein scharfer Ostwind weht, die Mücken und Insecten, die uns geneckt und geplagt, mit einem Mal ver¬ scheucht und verschwunden sind, waren die launigen Anecdoten, mit denen er ihre Sorge zu verscheuchen gesucht, auf seinen Lippen erstorben. Er saß da, ein blasses Bild, auch der Seelentrauer. Er hörte kaum ihr Kommen, kaum ihre Frage: "Wie steht es?"
"Wie sollen die Glieder gesund sein, wenn der Körper krank ist!" Er sprang auf.
"Ist eine Veränderung eingetreten?" Der Kranke lag in dem Augenblick still nach der andern Seite gewandt.
ſeinem Bette. Er trocknete, er rieb den Leib, er ſchenkte ihm den Thee, den er ſelbſt vorher koſtete.
„Wenn er nur nicht ſo ſpaßhaft wäre!“ hatte die Baronin gerufen, als ſie in's Nebenzimmer trat, um Luft zu ſchöpfen, und ſchauderte. Sie ging in Schwarz. Viele wollten nie eine Seele in dieſen großen Augen erblickt haben. Heut wären ſie an¬ derer Meinung geweſen. Dieſer Blick voll tiefer Wehmuth, voll Stolz und Ergebung ſprach nur von einem Seelenſchmerz. Als ſie die Worte ausrief, hatte ſie ſich an die Wand gelehnt. Die Wand ant¬ wortete nicht. Da wollte ſie die Worte wiederholen, aber ſie kamen anders heraus: „Wenn er mir nur nicht das gethan! Wenn er nur den Brief nicht ge¬ ſchrieben hätte!“
Hatte Wandel durch die Wand gehorcht! Er war ein anderer, als ſie zurückkehrte. Wie wenn ein ſcharfer Oſtwind weht, die Mücken und Inſecten, die uns geneckt und geplagt, mit einem Mal ver¬ ſcheucht und verſchwunden ſind, waren die launigen Anecdoten, mit denen er ihre Sorge zu verſcheuchen geſucht, auf ſeinen Lippen erſtorben. Er ſaß da, ein blaſſes Bild, auch der Seelentrauer. Er hörte kaum ihr Kommen, kaum ihre Frage: „Wie ſteht es?“
„Wie ſollen die Glieder geſund ſein, wenn der Körper krank iſt!“ Er ſprang auf.
„Iſt eine Veränderung eingetreten?“ Der Kranke lag in dem Augenblick ſtill nach der andern Seite gewandt.
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ſeinem Bette. Er trocknete, er rieb den Leib, er
ſchenkte ihm den Thee, den er ſelbſt vorher koſtete.
„Wenn er nur nicht ſo ſpaßhaft wäre!“ hatte
die Baronin gerufen, als ſie in's Nebenzimmer trat,
um Luft zu ſchöpfen, und ſchauderte. Sie ging in
Schwarz. Viele wollten nie eine Seele in dieſen
großen Augen erblickt haben. Heut wären ſie an¬
derer Meinung geweſen. Dieſer Blick voll tiefer
Wehmuth, voll Stolz und Ergebung ſprach nur von
einem Seelenſchmerz. Als ſie die Worte ausrief,
hatte ſie ſich an die Wand gelehnt. Die Wand ant¬
wortete nicht. Da wollte ſie die Worte wiederholen,
aber ſie kamen anders heraus: „Wenn er mir nur
nicht das gethan! Wenn er nur den Brief nicht ge¬
ſchrieben hätte!“
Hatte Wandel durch die Wand gehorcht! Er
war ein anderer, als ſie zurückkehrte. Wie wenn ein
ſcharfer Oſtwind weht, die Mücken und Inſecten,
die uns geneckt und geplagt, mit einem Mal ver¬
ſcheucht und verſchwunden ſind, waren die launigen
Anecdoten, mit denen er ihre Sorge zu verſcheuchen
geſucht, auf ſeinen Lippen erſtorben. Er ſaß da, ein
blaſſes Bild, auch der Seelentrauer. Er hörte kaum
ihr Kommen, kaum ihre Frage: „Wie ſteht es?“
„Wie ſollen die Glieder geſund ſein, wenn der
Körper krank iſt!“ Er ſprang auf.
„Iſt eine Veränderung eingetreten?“ Der
Kranke lag in dem Augenblick ſtill nach der andern
Seite gewandt.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/352>, abgerufen am 23.11.2024.
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