Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

den ein Verschwender ließ -- aber scheiden mit einer
hellen Aussicht, von Harmonieen umrauscht -- und
-- es ist mir gewährt, ich sah ein Bild --"

Der Ordonanzofficier war herangetreten: "Der
Gefangene soll schleunigst vor Seine Majestät den
Kaiser gebracht werden."

"Glück auf! flüsterte der Capitain ihm zu. Das
ist Ihr schönes Bild."

In der kleinen Hütte eines Heidewärters stand
der größte Mann des Jahrhunderts. Sie war so
klein, daß der Adjutant, der die Feder führte, sich in
den Winkel drücken mußte, um den Bewegungen des
Kaisers Platz zu machen. Den Hut auf dem Kopfe,
den Capotrock über der Uniform, schritt er auf und
ab, den Tubus in der behandschuhten Hand. Er
dictirte, er sprach zu den Generalen, die im Halbkreis
draußen standen, durch die offene Thür. Durch die¬
sen vornehmen Wächterkreis war auch der Gefangene
in die Hütte gebracht worden.

Der Kaiser hatte ihn officiell nicht bemerkt; er
dictirte weiter, er observirte mit dem Tubus durch
das Fenster.

"Wenn die Sonne aufgeht, occupiren am lin¬
ken Flügel die Tirailleure das Kiefergebüsch!" com¬
mandirte er zur Thür hinaus. Ein Adjutant flog
fort. Jetzt, als er sich umwandte, bemerkte er den
Eingebrachten officiell.

"Ein Spion!"

"Ein Gefangener, Sire!"

den ein Verſchwender ließ — aber ſcheiden mit einer
hellen Ausſicht, von Harmonieen umrauſcht — und
— es iſt mir gewährt, ich ſah ein Bild —“

Der Ordonanzofficier war herangetreten: „Der
Gefangene ſoll ſchleunigſt vor Seine Majeſtät den
Kaiſer gebracht werden.“

„Glück auf! flüſterte der Capitain ihm zu. Das
iſt Ihr ſchönes Bild.“

In der kleinen Hütte eines Heidewärters ſtand
der größte Mann des Jahrhunderts. Sie war ſo
klein, daß der Adjutant, der die Feder führte, ſich in
den Winkel drücken mußte, um den Bewegungen des
Kaiſers Platz zu machen. Den Hut auf dem Kopfe,
den Capotrock über der Uniform, ſchritt er auf und
ab, den Tubus in der behandſchuhten Hand. Er
dictirte, er ſprach zu den Generalen, die im Halbkreis
draußen ſtanden, durch die offene Thür. Durch die¬
ſen vornehmen Wächterkreis war auch der Gefangene
in die Hütte gebracht worden.

Der Kaiſer hatte ihn officiell nicht bemerkt; er
dictirte weiter, er obſervirte mit dem Tubus durch
das Fenſter.

„Wenn die Sonne aufgeht, occupiren am lin¬
ken Flügel die Tirailleure das Kiefergebüſch!“ com¬
mandirte er zur Thür hinaus. Ein Adjutant flog
fort. Jetzt, als er ſich umwandte, bemerkte er den
Eingebrachten officiell.

„Ein Spion!“

„Ein Gefangener, Sire!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0296" n="286"/>
den ein Ver&#x017F;chwender ließ &#x2014; aber &#x017F;cheiden mit einer<lb/>
hellen Aus&#x017F;icht, von Harmonieen umrau&#x017F;cht &#x2014; und<lb/>
&#x2014; es i&#x017F;t mir gewährt, ich &#x017F;ah ein Bild &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Ordonanzofficier war herangetreten: &#x201E;Der<lb/>
Gefangene &#x017F;oll &#x017F;chleunig&#x017F;t vor Seine Maje&#x017F;tät den<lb/>
Kai&#x017F;er gebracht werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Glück auf! flü&#x017F;terte der Capitain ihm zu. Das<lb/>
i&#x017F;t Ihr &#x017F;chönes Bild.&#x201C;</p><lb/>
        <p>In der kleinen Hütte eines Heidewärters &#x017F;tand<lb/>
der größte Mann des Jahrhunderts. Sie war &#x017F;o<lb/>
klein, daß der Adjutant, der die Feder führte, &#x017F;ich in<lb/>
den Winkel drücken mußte, um den Bewegungen des<lb/>
Kai&#x017F;ers Platz zu machen. Den Hut auf dem Kopfe,<lb/>
den Capotrock über der Uniform, &#x017F;chritt er auf und<lb/>
ab, den Tubus in der behand&#x017F;chuhten Hand. Er<lb/>
dictirte, er &#x017F;prach zu den Generalen, die im Halbkreis<lb/>
draußen &#x017F;tanden, durch die offene Thür. Durch die¬<lb/>
&#x017F;en vornehmen Wächterkreis war auch der Gefangene<lb/>
in die Hütte gebracht worden.</p><lb/>
        <p>Der Kai&#x017F;er hatte ihn officiell nicht bemerkt; er<lb/>
dictirte weiter, er ob&#x017F;ervirte mit dem Tubus durch<lb/>
das Fen&#x017F;ter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn die Sonne aufgeht, occupiren am lin¬<lb/>
ken Flügel die Tirailleure das Kiefergebü&#x017F;ch!&#x201C; com¬<lb/>
mandirte er zur Thür hinaus. Ein Adjutant flog<lb/>
fort. Jetzt, als er &#x017F;ich umwandte, bemerkte er den<lb/>
Eingebrachten officiell.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein Spion!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein Gefangener, Sire!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0296] den ein Verſchwender ließ — aber ſcheiden mit einer hellen Ausſicht, von Harmonieen umrauſcht — und — es iſt mir gewährt, ich ſah ein Bild —“ Der Ordonanzofficier war herangetreten: „Der Gefangene ſoll ſchleunigſt vor Seine Majeſtät den Kaiſer gebracht werden.“ „Glück auf! flüſterte der Capitain ihm zu. Das iſt Ihr ſchönes Bild.“ In der kleinen Hütte eines Heidewärters ſtand der größte Mann des Jahrhunderts. Sie war ſo klein, daß der Adjutant, der die Feder führte, ſich in den Winkel drücken mußte, um den Bewegungen des Kaiſers Platz zu machen. Den Hut auf dem Kopfe, den Capotrock über der Uniform, ſchritt er auf und ab, den Tubus in der behandſchuhten Hand. Er dictirte, er ſprach zu den Generalen, die im Halbkreis draußen ſtanden, durch die offene Thür. Durch die¬ ſen vornehmen Wächterkreis war auch der Gefangene in die Hütte gebracht worden. Der Kaiſer hatte ihn officiell nicht bemerkt; er dictirte weiter, er obſervirte mit dem Tubus durch das Fenſter. „Wenn die Sonne aufgeht, occupiren am lin¬ ken Flügel die Tirailleure das Kiefergebüſch!“ com¬ mandirte er zur Thür hinaus. Ein Adjutant flog fort. Jetzt, als er ſich umwandte, bemerkte er den Eingebrachten officiell. „Ein Spion!“ „Ein Gefangener, Sire!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/296
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/296>, abgerufen am 22.05.2024.