realen Erde. -- Da hören Sie nur, wie man schon in Entsetzen über Ihre Tresorscheine die Köpfe schüttelt. Papiergeld ist etwas noch nicht Dagewesenes. Da¬ mit ist für sie der ganze Credit des Staates erschüttert. Das steht freilich da nicht in Ihrem schönen Programm."
Als der Rath eine Bewegung machte nach dem Papier, was auf dem Schreibtisch lag, hatte Walter schnell den Bogen umgedeckt. Er hatte vorhin still die Miene verzogen, als Fuchsius von den Arbeiten gesprochen, welche der Minister ihm aufgelastet, denn es war eine andre Arbeit, mit der er beschäftigt war, und er mußte Gründe haben, weshalb der Rath sie nicht sehen sollte. Fuchsius stand auf, Walter aber ging einige Schritte auf und ab, indem er ihn doch mit einer Bewegung zum Bleiben einlud. Das Lä¬ cheln auf des Rathes Lippen mochte der Betrachtung gelten, wie bald Jemand im Amte die Miene ändert. Es war allerdings nicht mehr der sinnende Gelehrte, der an die Dinge außer seinem Ideenkreise nur vor¬ sichtig tastet, ein anderes Gefühl sprach sich in einem andern Wesen, einer andern Haltung, aus, als er jetzt stehen blieb:
"Sie erkennen die Krisis. Sie wissen wie wir, daß die Versäumniß damals uns jetzt eine Noth¬ wendigkeit aufdringt. Wir handeln nicht mehr frei, wir müssen handeln, wenn wir nicht wie ehrlose Feiglinge uns in den Staub werfen, den Sieger bitten wollen, tritt uns auf den Nacken, wir haben's verdient. Fordern Sie das? Selbst unter diesen
realen Erde. — Da hören Sie nur, wie man ſchon in Entſetzen über Ihre Treſorſcheine die Köpfe ſchüttelt. Papiergeld iſt etwas noch nicht Dageweſenes. Da¬ mit iſt für ſie der ganze Credit des Staates erſchüttert. Das ſteht freilich da nicht in Ihrem ſchönen Programm.“
Als der Rath eine Bewegung machte nach dem Papier, was auf dem Schreibtiſch lag, hatte Walter ſchnell den Bogen umgedeckt. Er hatte vorhin ſtill die Miene verzogen, als Fuchſius von den Arbeiten geſprochen, welche der Miniſter ihm aufgelaſtet, denn es war eine andre Arbeit, mit der er beſchäftigt war, und er mußte Gründe haben, weshalb der Rath ſie nicht ſehen ſollte. Fuchſius ſtand auf, Walter aber ging einige Schritte auf und ab, indem er ihn doch mit einer Bewegung zum Bleiben einlud. Das Lä¬ cheln auf des Rathes Lippen mochte der Betrachtung gelten, wie bald Jemand im Amte die Miene ändert. Es war allerdings nicht mehr der ſinnende Gelehrte, der an die Dinge außer ſeinem Ideenkreiſe nur vor¬ ſichtig taſtet, ein anderes Gefühl ſprach ſich in einem andern Weſen, einer andern Haltung, aus, als er jetzt ſtehen blieb:
„Sie erkennen die Kriſis. Sie wiſſen wie wir, daß die Verſäumniß damals uns jetzt eine Noth¬ wendigkeit aufdringt. Wir handeln nicht mehr frei, wir müſſen handeln, wenn wir nicht wie ehrloſe Feiglinge uns in den Staub werfen, den Sieger bitten wollen, tritt uns auf den Nacken, wir haben's verdient. Fordern Sie das? Selbſt unter dieſen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0022"n="12"/>
realen Erde. — Da hören Sie nur, wie man ſchon<lb/>
in Entſetzen über Ihre Treſorſcheine die Köpfe ſchüttelt.<lb/>
Papiergeld iſt etwas noch nicht Dageweſenes. Da¬<lb/>
mit iſt für ſie der ganze Credit des Staates erſchüttert.<lb/>
Das ſteht freilich da nicht in Ihrem ſchönen Programm.“</p><lb/><p>Als der Rath eine Bewegung machte nach dem<lb/>
Papier, was auf dem Schreibtiſch lag, hatte Walter<lb/>ſchnell den Bogen umgedeckt. Er hatte vorhin ſtill<lb/>
die Miene verzogen, als Fuchſius von den Arbeiten<lb/>
geſprochen, welche der Miniſter ihm aufgelaſtet, denn<lb/>
es war eine andre Arbeit, mit der er beſchäftigt war,<lb/>
und er mußte Gründe haben, weshalb der Rath ſie<lb/>
nicht ſehen ſollte. Fuchſius ſtand auf, Walter aber<lb/>
ging einige Schritte auf und ab, indem er ihn doch<lb/>
mit einer Bewegung zum Bleiben einlud. Das Lä¬<lb/>
cheln auf des Rathes Lippen mochte der Betrachtung<lb/>
gelten, wie bald Jemand im Amte die Miene ändert.<lb/>
Es war allerdings nicht mehr der ſinnende Gelehrte,<lb/>
der an die Dinge außer ſeinem Ideenkreiſe nur vor¬<lb/>ſichtig taſtet, ein anderes Gefühl ſprach ſich in einem<lb/>
andern Weſen, einer andern Haltung, aus, als er<lb/>
jetzt ſtehen blieb:</p><lb/><p>„Sie erkennen die Kriſis. Sie wiſſen wie wir,<lb/>
daß die Verſäumniß damals uns jetzt eine Noth¬<lb/>
wendigkeit aufdringt. Wir handeln nicht mehr frei,<lb/>
wir müſſen handeln, wenn wir nicht wie ehrloſe<lb/>
Feiglinge uns in den Staub werfen, den Sieger<lb/>
bitten wollen, tritt uns auf den Nacken, wir haben's<lb/>
verdient. Fordern Sie das? Selbſt unter dieſen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[12/0022]
realen Erde. — Da hören Sie nur, wie man ſchon
in Entſetzen über Ihre Treſorſcheine die Köpfe ſchüttelt.
Papiergeld iſt etwas noch nicht Dageweſenes. Da¬
mit iſt für ſie der ganze Credit des Staates erſchüttert.
Das ſteht freilich da nicht in Ihrem ſchönen Programm.“
Als der Rath eine Bewegung machte nach dem
Papier, was auf dem Schreibtiſch lag, hatte Walter
ſchnell den Bogen umgedeckt. Er hatte vorhin ſtill
die Miene verzogen, als Fuchſius von den Arbeiten
geſprochen, welche der Miniſter ihm aufgelaſtet, denn
es war eine andre Arbeit, mit der er beſchäftigt war,
und er mußte Gründe haben, weshalb der Rath ſie
nicht ſehen ſollte. Fuchſius ſtand auf, Walter aber
ging einige Schritte auf und ab, indem er ihn doch
mit einer Bewegung zum Bleiben einlud. Das Lä¬
cheln auf des Rathes Lippen mochte der Betrachtung
gelten, wie bald Jemand im Amte die Miene ändert.
Es war allerdings nicht mehr der ſinnende Gelehrte,
der an die Dinge außer ſeinem Ideenkreiſe nur vor¬
ſichtig taſtet, ein anderes Gefühl ſprach ſich in einem
andern Weſen, einer andern Haltung, aus, als er
jetzt ſtehen blieb:
„Sie erkennen die Kriſis. Sie wiſſen wie wir,
daß die Verſäumniß damals uns jetzt eine Noth¬
wendigkeit aufdringt. Wir handeln nicht mehr frei,
wir müſſen handeln, wenn wir nicht wie ehrloſe
Feiglinge uns in den Staub werfen, den Sieger
bitten wollen, tritt uns auf den Nacken, wir haben's
verdient. Fordern Sie das? Selbſt unter dieſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/22>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.