das Himmelreich offen! -- Und ja, sie war es wirk¬ lich, welche die Lupinus zuerst mit der Compagnonin ihres Mannes bekannt gemacht hatte. Da brach es heraus, Schmerz, Aerger, Wuth: "Herr Gott, wenn die 'ne Giftmischerin ist, was sind wir dann Alle!"
Der Legationsrath Wandel schien in dieser fürch¬ terlichen Scene nicht ganz die Fassung behalten zu haben, welche er in allen Lagen des Lebens an den Tag gelegt. Das Unglück einer so theuren, lang¬ jährigen Freundin mußte auch ihn momentan er¬ schüttert haben. Er war wenigstens für die nächsten Minuten nicht ganz Herr seiner selbst. Er saß auf einem Stuhl, den Rücken der Gesellschaft zugewandt. Sein Kopf sank über. Plötzlich aber stand er auf, und trat in die Mitte des Zimmers. Sein Auge leuchtete, indem er die Anwesenden überschaute, ein hochmüthiger, fast verächtlicher Ton in seiner geho¬ benen Stimme:
"Und wer sagt -- ich frage, wer wagt die Frau, welche man aus unserm Kreise geführt, eines Ver¬ brechens anzuklagen! Hat Jemand von Ihnen Be¬ weise? Liest man in ihrem Herzen! Wer, ich frage, traut sich zu, auf bloßes Geschwätz, Vermuthungen hin, ein Urtheil über eine Dame zu fällen, die als ein leuchtendes Exempel von Tugend bis da in un¬ serer Mitte stand? Wer, wiederhole ich, fühlt sich so reinen Herzens, um den ersten Stein auf sie zu werfen! -- Warum senken Sie die Köpfe? -- Wie!
das Himmelreich offen! — Und ja, ſie war es wirk¬ lich, welche die Lupinus zuerſt mit der Compagnonin ihres Mannes bekannt gemacht hatte. Da brach es heraus, Schmerz, Aerger, Wuth: „Herr Gott, wenn die 'ne Giftmiſcherin iſt, was ſind wir dann Alle!“
Der Legationsrath Wandel ſchien in dieſer fürch¬ terlichen Scene nicht ganz die Faſſung behalten zu haben, welche er in allen Lagen des Lebens an den Tag gelegt. Das Unglück einer ſo theuren, lang¬ jährigen Freundin mußte auch ihn momentan er¬ ſchüttert haben. Er war wenigſtens für die nächſten Minuten nicht ganz Herr ſeiner ſelbſt. Er ſaß auf einem Stuhl, den Rücken der Geſellſchaft zugewandt. Sein Kopf ſank über. Plötzlich aber ſtand er auf, und trat in die Mitte des Zimmers. Sein Auge leuchtete, indem er die Anweſenden überſchaute, ein hochmüthiger, faſt verächtlicher Ton in ſeiner geho¬ benen Stimme:
„Und wer ſagt — ich frage, wer wagt die Frau, welche man aus unſerm Kreiſe geführt, eines Ver¬ brechens anzuklagen! Hat Jemand von Ihnen Be¬ weiſe? Lieſt man in ihrem Herzen! Wer, ich frage, traut ſich zu, auf bloßes Geſchwätz, Vermuthungen hin, ein Urtheil über eine Dame zu fällen, die als ein leuchtendes Exempel von Tugend bis da in un¬ ſerer Mitte ſtand? Wer, wiederhole ich, fühlt ſich ſo reinen Herzens, um den erſten Stein auf ſie zu werfen! — Warum ſenken Sie die Köpfe? — Wie!
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das Himmelreich offen! — Und ja, ſie war es wirk¬
lich, welche die Lupinus zuerſt mit der Compagnonin
ihres Mannes bekannt gemacht hatte. Da brach es
heraus, Schmerz, Aerger, Wuth: „Herr Gott,
wenn die 'ne Giftmiſcherin iſt, was ſind wir
dann Alle!“
Der Legationsrath Wandel ſchien in dieſer fürch¬
terlichen Scene nicht ganz die Faſſung behalten zu
haben, welche er in allen Lagen des Lebens an den
Tag gelegt. Das Unglück einer ſo theuren, lang¬
jährigen Freundin mußte auch ihn momentan er¬
ſchüttert haben. Er war wenigſtens für die nächſten
Minuten nicht ganz Herr ſeiner ſelbſt. Er ſaß auf
einem Stuhl, den Rücken der Geſellſchaft zugewandt.
Sein Kopf ſank über. Plötzlich aber ſtand er auf,
und trat in die Mitte des Zimmers. Sein Auge
leuchtete, indem er die Anweſenden überſchaute, ein
hochmüthiger, faſt verächtlicher Ton in ſeiner geho¬
benen Stimme:
„Und wer ſagt — ich frage, wer wagt die Frau,
welche man aus unſerm Kreiſe geführt, eines Ver¬
brechens anzuklagen! Hat Jemand von Ihnen Be¬
weiſe? Lieſt man in ihrem Herzen! Wer, ich frage,
traut ſich zu, auf bloßes Geſchwätz, Vermuthungen
hin, ein Urtheil über eine Dame zu fällen, die als
ein leuchtendes Exempel von Tugend bis da in un¬
ſerer Mitte ſtand? Wer, wiederhole ich, fühlt ſich ſo
reinen Herzens, um den erſten Stein auf ſie zu
werfen! — Warum ſenken Sie die Köpfe? — Wie!
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/174>, abgerufen am 25.11.2024.
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