merke, daß er nach einem mysteriösen Besuche zum Vorschein kommt."
"Mein Freund und Lehrer hat mich an eine vergessene Pflicht erinnert, sagte Adelheid, ohne zu erröthen. Louis Anstellung --"
"Ah das! Sie accrochirt sich an der Abnei¬ gung Ihrer Majestät, und Sie, meine Liebe, sollen --"
"Ich soll nicht; ich fühle jetzt selbst die Pflicht -- was ein schwaches Mädchen vermag, dazu zu thun, daß Louis einen Wirkungskreis erhält, der sei¬ nen Talenten angemessen ist, der ihn zu dem erhebt, wozu er berufen ist. Meine Hoffnung ist gering, aber mein Vertrauen groß. Ich verstoße vielleicht gegen die Sitte, ich bin darauf gefaßt, selbst den Unwillen der Königin werde ich zu ertragen suchen, denn ich bin von ihrem Edelsinn überzeugt, daß sie es meine Eltern nicht entgelten läßt. Mißbilligten Sie es, gnädigste Frau, so --"
"Ich! Nicht im Geringsten. Im Gegentheil, o das ist charmant, pikant von Ihnen. Vielleicht wünscht es Ihre Majestät sogar, und das ist der Grund, weshalb Sie gerufen werden. Nur Atten¬ tion! meine Theure -- vergessen Sie nicht, das zu bleiben, als was Sie sich ausgeben -- das schwache Mädchen! Zeigen Sie ihr um Himmelswillen nicht das starke Mädchen. Daß allüberall mit unserer Stärke nichts gethan ist, das ist eine Lehre, für die unsre Adelheid noch zu jung ist. Aber einer Monarchin gegenüber nehmen Sie immerhin die
merke, daß er nach einem myſteriöſen Beſuche zum Vorſchein kommt.“
„Mein Freund und Lehrer hat mich an eine vergeſſene Pflicht erinnert, ſagte Adelheid, ohne zu erröthen. Louis Anſtellung —“
„Ah das! Sie accrochirt ſich an der Abnei¬ gung Ihrer Majeſtät, und Sie, meine Liebe, ſollen —“
„Ich ſoll nicht; ich fühle jetzt ſelbſt die Pflicht — was ein ſchwaches Mädchen vermag, dazu zu thun, daß Louis einen Wirkungskreis erhält, der ſei¬ nen Talenten angemeſſen iſt, der ihn zu dem erhebt, wozu er berufen iſt. Meine Hoffnung iſt gering, aber mein Vertrauen groß. Ich verſtoße vielleicht gegen die Sitte, ich bin darauf gefaßt, ſelbſt den Unwillen der Königin werde ich zu ertragen ſuchen, denn ich bin von ihrem Edelſinn überzeugt, daß ſie es meine Eltern nicht entgelten läßt. Mißbilligten Sie es, gnädigſte Frau, ſo —“
„Ich! Nicht im Geringſten. Im Gegentheil, o das iſt charmant, pikant von Ihnen. Vielleicht wünſcht es Ihre Majeſtät ſogar, und das iſt der Grund, weshalb Sie gerufen werden. Nur Atten¬ tion! meine Theure — vergeſſen Sie nicht, das zu bleiben, als was Sie ſich ausgeben — das ſchwache Mädchen! Zeigen Sie ihr um Himmelswillen nicht das ſtarke Mädchen. Daß allüberall mit unſerer Stärke nichts gethan iſt, das iſt eine Lehre, für die unſre Adelheid noch zu jung iſt. Aber einer Monarchin gegenüber nehmen Sie immerhin die
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merke, daß er nach einem myſteriöſen Beſuche zum
Vorſchein kommt.“
„Mein Freund und Lehrer hat mich an eine
vergeſſene Pflicht erinnert, ſagte Adelheid, ohne zu
erröthen. Louis Anſtellung —“
„Ah das! Sie accrochirt ſich an der Abnei¬
gung Ihrer Majeſtät, und Sie, meine Liebe, ſollen —“
„Ich ſoll nicht; ich fühle jetzt ſelbſt die Pflicht
— was ein ſchwaches Mädchen vermag, dazu zu
thun, daß Louis einen Wirkungskreis erhält, der ſei¬
nen Talenten angemeſſen iſt, der ihn zu dem erhebt,
wozu er berufen iſt. Meine Hoffnung iſt gering,
aber mein Vertrauen groß. Ich verſtoße vielleicht
gegen die Sitte, ich bin darauf gefaßt, ſelbſt den
Unwillen der Königin werde ich zu ertragen ſuchen,
denn ich bin von ihrem Edelſinn überzeugt, daß ſie
es meine Eltern nicht entgelten läßt. Mißbilligten
Sie es, gnädigſte Frau, ſo —“
„Ich! Nicht im Geringſten. Im Gegentheil,
o das iſt charmant, pikant von Ihnen. Vielleicht
wünſcht es Ihre Majeſtät ſogar, und das iſt der
Grund, weshalb Sie gerufen werden. Nur Atten¬
tion! meine Theure — vergeſſen Sie nicht, das zu
bleiben, als was Sie ſich ausgeben — das ſchwache
Mädchen! Zeigen Sie ihr um Himmelswillen
nicht das ſtarke Mädchen. Daß allüberall mit
unſerer Stärke nichts gethan iſt, das iſt eine Lehre,
für die unſre Adelheid noch zu jung iſt. Aber einer
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/103>, abgerufen am 23.11.2024.
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