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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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wird! Reine Vermuthungen von mir. Nur in Ihrem
Interesse, ein Freund stellt sich oft das Schlimmste vor.
Denn wer in aller Welt draußen wird auf die Ver¬
muthung kommen, weil in diesem Hause so kurz hinter
einander bedenkliche Todesfälle eingetreten sind, daß hier
eine ungesunde Luft ist, aus irgend einer nicht ergründe¬
ten Ursache. Die Polizei hat jetzt an Anderes zu denken."

"Aber wenn -- wenn sie daran dächte!"

"Da sind tausend Möglichkeiten, wie man ihr
ein X für ein U macht."

"Aber wenn man Sie --"

"Sie meinen, wenn man mich als Zeugen auf¬
riefe. Frau Geheimräthin, das ist eigentlich eine
Beleidigung. Zweifeln Sie, daß ich gegen mein Herz
reden, und nicht meine höchste Achtung vor Ihrem
Charakter aussprechen würde?"

"Nach meinem Charakter würde man nicht fragen."

"Man wird Thatsachen fordern. Was kann ich
denn über Thatsachen aussagen! Daß die Kinder
näschig waren, daß sie zugriffen, wo sie nicht soll¬
ten; daß sie in ihrer Naschgier eine schädliche Speise
vom höchsten Küchenbrett holten. Oder wird man
mich inquiriren, ob ich den Geruch in der Kranken¬
stube abscheulich fand? Da würden die Experten
sich nicht mit Meinungen befassen. -- Doch, was ich
Ihnen zu sagen vergaß, es war sehr klug, daß Sie
dem todten Johann den Blumenkranz so tief in
die Stirn drückten. Da kam ein häßlicher blauer
Fleck über der Schläfe zum Vorschein --"

wird! Reine Vermuthungen von mir. Nur in Ihrem
Intereſſe, ein Freund ſtellt ſich oft das Schlimmſte vor.
Denn wer in aller Welt draußen wird auf die Ver¬
muthung kommen, weil in dieſem Hauſe ſo kurz hinter
einander bedenkliche Todesfälle eingetreten ſind, daß hier
eine ungeſunde Luft iſt, aus irgend einer nicht ergründe¬
ten Urſache. Die Polizei hat jetzt an Anderes zu denken.“

„Aber wenn — wenn ſie daran dächte!“

„Da ſind tauſend Möglichkeiten, wie man ihr
ein X für ein U macht.“

„Aber wenn man Sie —“

„Sie meinen, wenn man mich als Zeugen auf¬
riefe. Frau Geheimräthin, das iſt eigentlich eine
Beleidigung. Zweifeln Sie, daß ich gegen mein Herz
reden, und nicht meine höchſte Achtung vor Ihrem
Charakter ausſprechen würde?“

„Nach meinem Charakter würde man nicht fragen.“

„Man wird Thatſachen fordern. Was kann ich
denn über Thatſachen ausſagen! Daß die Kinder
näſchig waren, daß ſie zugriffen, wo ſie nicht ſoll¬
ten; daß ſie in ihrer Naſchgier eine ſchädliche Speiſe
vom höchſten Küchenbrett holten. Oder wird man
mich inquiriren, ob ich den Geruch in der Kranken¬
ſtube abſcheulich fand? Da würden die Experten
ſich nicht mit Meinungen befaſſen. — Doch, was ich
Ihnen zu ſagen vergaß, es war ſehr klug, daß Sie
dem todten Johann den Blumenkranz ſo tief in
die Stirn drückten. Da kam ein häßlicher blauer
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[343/0353] wird! Reine Vermuthungen von mir. Nur in Ihrem Intereſſe, ein Freund ſtellt ſich oft das Schlimmſte vor. Denn wer in aller Welt draußen wird auf die Ver¬ muthung kommen, weil in dieſem Hauſe ſo kurz hinter einander bedenkliche Todesfälle eingetreten ſind, daß hier eine ungeſunde Luft iſt, aus irgend einer nicht ergründe¬ ten Urſache. Die Polizei hat jetzt an Anderes zu denken.“ „Aber wenn — wenn ſie daran dächte!“ „Da ſind tauſend Möglichkeiten, wie man ihr ein X für ein U macht.“ „Aber wenn man Sie —“ „Sie meinen, wenn man mich als Zeugen auf¬ riefe. Frau Geheimräthin, das iſt eigentlich eine Beleidigung. Zweifeln Sie, daß ich gegen mein Herz reden, und nicht meine höchſte Achtung vor Ihrem Charakter ausſprechen würde?“ „Nach meinem Charakter würde man nicht fragen.“ „Man wird Thatſachen fordern. Was kann ich denn über Thatſachen ausſagen! Daß die Kinder näſchig waren, daß ſie zugriffen, wo ſie nicht ſoll¬ ten; daß ſie in ihrer Naſchgier eine ſchädliche Speiſe vom höchſten Küchenbrett holten. Oder wird man mich inquiriren, ob ich den Geruch in der Kranken¬ ſtube abſcheulich fand? Da würden die Experten ſich nicht mit Meinungen befaſſen. — Doch, was ich Ihnen zu ſagen vergaß, es war ſehr klug, daß Sie dem todten Johann den Blumenkranz ſo tief in die Stirn drückten. Da kam ein häßlicher blauer Fleck über der Schläfe zum Vorſchein —“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/353>, abgerufen am 23.11.2024.