Zeitungsschreiber, die Journalisten. Man kann viel damit machen, ich versichere Sie."
Der Legationsrath mußte schnell an den glotzenden Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf ein Terrain geführt, wohin dieser ihm nicht folgte: "Die Schriftsteller machen nicht den Krieg."
"Sie haben Recht, man sagt, die Kabinette machen ihn. Wer sind die Kabinette? Menschen mit Neigungen, Schwächen, Leidenschaften, Ansichten. Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden aufgedrängt von den leidenschaftlichen Parteien, vom Interesse früher alliirter Mächte. Preußen steht aber jetzt allein. Diese Alliirten sind innerlich erbittert, ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann sehr un¬ glücklich ausschlagen. Die Kabinetsräthe sehen es ein, der König möchte den Frieden erhalten, und wenn sie doch das Wort Krieg aussprechen, ist's, weil sie gezwungen werden, weil sie keine Unterstützung gegen die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein Herr van Asten, warum treten denn nicht die Pa¬ trioten zusammen, ich meine die, welche Mittel haben, warum unterstützen sie nicht das Kabinet? Das ist noch möglich. Fragen Sie sich doch, was es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes. Krieg mit ihm oder Anschluß. Im letzten Falle
Zeitungsſchreiber, die Journaliſten. Man kann viel damit machen, ich verſichere Sie.“
Der Legationsrath mußte ſchnell an den glotzenden Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf ein Terrain geführt, wohin dieſer ihm nicht folgte: „Die Schriftſteller machen nicht den Krieg.“
„Sie haben Recht, man ſagt, die Kabinette machen ihn. Wer ſind die Kabinette? Menſchen mit Neigungen, Schwächen, Leidenſchaften, Anſichten. Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden aufgedrängt von den leidenſchaftlichen Parteien, vom Intereſſe früher alliirter Mächte. Preußen ſteht aber jetzt allein. Dieſe Alliirten ſind innerlich erbittert, ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann ſehr un¬ glücklich ausſchlagen. Die Kabinetsräthe ſehen es ein, der König möchte den Frieden erhalten, und wenn ſie doch das Wort Krieg ausſprechen, iſt's, weil ſie gezwungen werden, weil ſie keine Unterſtützung gegen die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein Herr van Aſten, warum treten denn nicht die Pa¬ trioten zuſammen, ich meine die, welche Mittel haben, warum unterſtützen ſie nicht das Kabinet? Das iſt noch möglich. Fragen Sie ſich doch, was es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes. Krieg mit ihm oder Anſchluß. Im letzten Falle
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Zeitungsſchreiber, die Journaliſten. Man kann viel
damit machen, ich verſichere Sie.“
Der Legationsrath mußte ſchnell an den glotzenden
Augen des Kaufmanns bemerken, daß er ihn auf
ein Terrain geführt, wohin dieſer ihm nicht folgte:
„Die Schriftſteller machen nicht den Krieg.“
„Sie haben Recht, man ſagt, die Kabinette
machen ihn. Wer ſind die Kabinette? Menſchen mit
Neigungen, Schwächen, Leidenſchaften, Anſichten.
Balancirend hierhin, dorthin, bald auf die Stimme
der Furcht, der Vorliebe, zuweilen auf die des
Publikums hörend. Ihr gütiger Monarch will nicht
den Krieg, das Kabinet auch nicht. Er wird beiden
aufgedrängt von den leidenſchaftlichen Parteien, vom
Intereſſe früher alliirter Mächte. Preußen ſteht aber
jetzt allein. Dieſe Alliirten ſind innerlich erbittert,
ihre Beihülfe zweifelhaft, der Krieg kann ſehr un¬
glücklich ausſchlagen. Die Kabinetsräthe ſehen es ein,
der König möchte den Frieden erhalten, und wenn
ſie doch das Wort Krieg ausſprechen, iſt's, weil ſie
gezwungen werden, weil ſie keine Unterſtützung gegen
die jungen Schreier und Fanatiker finden. Mein
Herr van Aſten, warum treten denn nicht die Pa¬
trioten zuſammen, ich meine die, welche Mittel
haben, warum unterſtützen ſie nicht das Kabinet?
Das iſt noch möglich. Fragen Sie ſich doch, was
es gilt? Bleibt Friede, bleibt er nur durch eine
Allianz mit Napoleon, es giebt nichts Drittes.
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/325>, abgerufen am 23.11.2024.
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