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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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staffirt man aus mit allem Glanze, so lange es sich
lohnt. Wenn ich nicht mehr hübsch bin, nicht mehr
singen, Musik machen, nicht mehr tanzen kann, nicht
mehr muntere Antworten gebe, nicht mehr die Her¬
zen entzücke, dann wirft man mich fort wie jedes
andre unnütze Werkzeug. Sie hat so wenig ein
Herz für mich, als die Lupinus. Und die Andern!
Sehe ich denn nicht, wie man mich abschätzt? Gehöre
ich zu diesen Erwählten? Fühle ich nicht unter ihren
Complimenten und schmeichelnden Reden heraus,
was ich ihnen bin, was ich ihnen wäre ohne den
geliehenen Lustre? Rümpfen diese vornehmen Damen
nicht die Nase, wenn ihre Töchter mich einladen, mich mit
ihren Freundschaftsversicherungen überschütten? Zittern
die Mütter nicht, wenn die Söhne mir zu viel Aufmerk¬
samkeit erwiesen? Nahte sich mir denn mit ernster
Absicht in der langen Zeit nur ein edler Mann aus
diesen Kreisen? Herr von Fuchsius ist ehrlich genug:
er trat bald zurück, weil ich kein Vermögen besitze.
Die Andern sagen es nicht, aber ich lese ihre Ge¬
danken. Mitten im Zauberwirbel der Geselligkeit,
der Pracht und rauschender Lust, bin ich eine Fremde,
mitten in den Schaaren, die mich umdrängen, eine
Gemiedene. "Wer wird sie denn nehmen!" hörte ich
eine vornehme Dame zu einer andern flüstern, nach¬
dem sie vorher nicht Worte genug gefunden, mir
Schönes zu sagen. "Sie ist doch nur eine Gesell¬
schafterin, erwiederte die Andre; ein vornehmer Lock¬
vogel." -- "Und mit solchen Ballschönheiten geht's

ſtaffirt man aus mit allem Glanze, ſo lange es ſich
lohnt. Wenn ich nicht mehr hübſch bin, nicht mehr
ſingen, Muſik machen, nicht mehr tanzen kann, nicht
mehr muntere Antworten gebe, nicht mehr die Her¬
zen entzücke, dann wirft man mich fort wie jedes
andre unnütze Werkzeug. Sie hat ſo wenig ein
Herz für mich, als die Lupinus. Und die Andern!
Sehe ich denn nicht, wie man mich abſchätzt? Gehöre
ich zu dieſen Erwählten? Fühle ich nicht unter ihren
Complimenten und ſchmeichelnden Reden heraus,
was ich ihnen bin, was ich ihnen wäre ohne den
geliehenen Luſtre? Rümpfen dieſe vornehmen Damen
nicht die Naſe, wenn ihre Töchter mich einladen, mich mit
ihren Freundſchaftsverſicherungen überſchütten? Zittern
die Mütter nicht, wenn die Söhne mir zu viel Aufmerk¬
ſamkeit erwieſen? Nahte ſich mir denn mit ernſter
Abſicht in der langen Zeit nur ein edler Mann aus
dieſen Kreiſen? Herr von Fuchſius iſt ehrlich genug:
er trat bald zurück, weil ich kein Vermögen beſitze.
Die Andern ſagen es nicht, aber ich leſe ihre Ge¬
danken. Mitten im Zauberwirbel der Geſelligkeit,
der Pracht und rauſchender Luſt, bin ich eine Fremde,
mitten in den Schaaren, die mich umdrängen, eine
Gemiedene. „Wer wird ſie denn nehmen!“ hörte ich
eine vornehme Dame zu einer andern flüſtern, nach¬
dem ſie vorher nicht Worte genug gefunden, mir
Schönes zu ſagen. „Sie iſt doch nur eine Geſell¬
ſchafterin, erwiederte die Andre; ein vornehmer Lock¬
vogel.“ — „Und mit ſolchen Ballſchönheiten geht's

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[281/0291] ſtaffirt man aus mit allem Glanze, ſo lange es ſich lohnt. Wenn ich nicht mehr hübſch bin, nicht mehr ſingen, Muſik machen, nicht mehr tanzen kann, nicht mehr muntere Antworten gebe, nicht mehr die Her¬ zen entzücke, dann wirft man mich fort wie jedes andre unnütze Werkzeug. Sie hat ſo wenig ein Herz für mich, als die Lupinus. Und die Andern! Sehe ich denn nicht, wie man mich abſchätzt? Gehöre ich zu dieſen Erwählten? Fühle ich nicht unter ihren Complimenten und ſchmeichelnden Reden heraus, was ich ihnen bin, was ich ihnen wäre ohne den geliehenen Luſtre? Rümpfen dieſe vornehmen Damen nicht die Naſe, wenn ihre Töchter mich einladen, mich mit ihren Freundſchaftsverſicherungen überſchütten? Zittern die Mütter nicht, wenn die Söhne mir zu viel Aufmerk¬ ſamkeit erwieſen? Nahte ſich mir denn mit ernſter Abſicht in der langen Zeit nur ein edler Mann aus dieſen Kreiſen? Herr von Fuchſius iſt ehrlich genug: er trat bald zurück, weil ich kein Vermögen beſitze. Die Andern ſagen es nicht, aber ich leſe ihre Ge¬ danken. Mitten im Zauberwirbel der Geſelligkeit, der Pracht und rauſchender Luſt, bin ich eine Fremde, mitten in den Schaaren, die mich umdrängen, eine Gemiedene. „Wer wird ſie denn nehmen!“ hörte ich eine vornehme Dame zu einer andern flüſtern, nach¬ dem ſie vorher nicht Worte genug gefunden, mir Schönes zu ſagen. „Sie iſt doch nur eine Geſell¬ ſchafterin, erwiederte die Andre; ein vornehmer Lock¬ vogel.“ — „Und mit ſolchen Ballſchönheiten geht's

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/291>, abgerufen am 27.11.2024.