Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.gespannt. Aber die Andre, o mein Geliebter, ich "Die Geheimräthin wollte Dir wohl!" "Sie will, sie kann Niemand wohl wollen, "Was wollte sie mit Dir?" "Martern will sie, sie muß martern, was glück¬ "Und alle Welt bewundert sie." "Die Welt hat Recht. Diese Frau und dieser "Welcher?" geſpannt. Aber die Andre, o mein Geliebter, ich „Die Geheimräthin wollte Dir wohl!“ „Sie will, ſie kann Niemand wohl wollen, „Was wollte ſie mit Dir?“ „Martern will ſie, ſie muß martern, was glück¬ „Und alle Welt bewundert ſie.“ „Die Welt hat Recht. Dieſe Frau und dieſer „Welcher?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0288" n="278"/> geſpannt. Aber die Andre, o mein Geliebter, ich<lb/> fühle das Gift, daß ſie in meine Adern ſprützte,<lb/> es ſchleicht noch jetzt, es zehrt noch.“</p><lb/> <p>„Die Geheimräthin wollte Dir wohl!“</p><lb/> <p>„Sie will, ſie kann Niemand wohl wollen,<lb/> glaube es mir, Louis. Sie hat kein Herz; darum<lb/> wird ihr unwohl, wo ein Herz warm ſchlägt. Ich<lb/> las von einem Geſpenſterthier, das Nachts ſich auf<lb/> die Schlafenden legt und das Blut ihnen ausſaugt.<lb/> Sie ſaugt auch das Blut aus, mit ihren ſpitzen<lb/> Reden, ihren ſpitzen Blicken. Ich wäre ſchlecht<lb/> geworden, Louis, das fühle ich, ich ward ſchon<lb/> eine Andre, wie ein in Eis getauchtes Tuch warf<lb/> ſie's um die Bruſt, wenn edlere Empfindungen auf¬<lb/> zückten.“</p><lb/> <p>„Was wollte ſie mit Dir?“</p><lb/> <p>„Martern will ſie, ſie <hi rendition="#g">muß</hi> martern, was glück¬<lb/> licher iſt. Sie konnte den Kanarienvogel quälen,<lb/> wenn er zu luſtig ſchmetterte; ſie beneidete das arme<lb/> Thier im Käfig, ſie marterte ihre Domeſtiken, ihren<lb/> Mann, ſich ſelbſt auch, wenn ſie ſich ertappte, daß<lb/> ſie lebhafter geweſen, als ſie ſcheinen wollte. O Lieb¬<lb/> ſter, es iſt entſetzlich, wenn ich daran denke, ein<lb/> Traum, und mich ſchaudert, er iſt vielleicht noch<lb/> gräßlicher, als ich zu träumen wagte!“</p><lb/> <p>„Und alle Welt bewundert ſie.“</p><lb/> <p>„Die Welt hat Recht. Dieſe Frau und dieſer<lb/> Mann dazu —“</p><lb/> <p>„Welcher?“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [278/0288]
geſpannt. Aber die Andre, o mein Geliebter, ich
fühle das Gift, daß ſie in meine Adern ſprützte,
es ſchleicht noch jetzt, es zehrt noch.“
„Die Geheimräthin wollte Dir wohl!“
„Sie will, ſie kann Niemand wohl wollen,
glaube es mir, Louis. Sie hat kein Herz; darum
wird ihr unwohl, wo ein Herz warm ſchlägt. Ich
las von einem Geſpenſterthier, das Nachts ſich auf
die Schlafenden legt und das Blut ihnen ausſaugt.
Sie ſaugt auch das Blut aus, mit ihren ſpitzen
Reden, ihren ſpitzen Blicken. Ich wäre ſchlecht
geworden, Louis, das fühle ich, ich ward ſchon
eine Andre, wie ein in Eis getauchtes Tuch warf
ſie's um die Bruſt, wenn edlere Empfindungen auf¬
zückten.“
„Was wollte ſie mit Dir?“
„Martern will ſie, ſie muß martern, was glück¬
licher iſt. Sie konnte den Kanarienvogel quälen,
wenn er zu luſtig ſchmetterte; ſie beneidete das arme
Thier im Käfig, ſie marterte ihre Domeſtiken, ihren
Mann, ſich ſelbſt auch, wenn ſie ſich ertappte, daß
ſie lebhafter geweſen, als ſie ſcheinen wollte. O Lieb¬
ſter, es iſt entſetzlich, wenn ich daran denke, ein
Traum, und mich ſchaudert, er iſt vielleicht noch
gräßlicher, als ich zu träumen wagte!“
„Und alle Welt bewundert ſie.“
„Die Welt hat Recht. Dieſe Frau und dieſer
Mann dazu —“
„Welcher?“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |