Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Man muß gestehen, wenn man die Societe über¬
fliegt, daß unsere gute Prinzessin mit asiatischem
Geschmack eine kleine Völkerwanderung zusammen¬
getrieben hat."

"Sie liebt die Quodlibets, aber das Kostüm ist
gewählt," sagte die Almedingen. Herr von Fuchsius
spielte auf den neulichen Vorfall des Prinzen mit
dem zweiten Lupinus an. Die Hofdame hatte davon
reden gehört, sie wußte auch, daß man bei Hofe
choquirt gewesen, sie hatte aber noch nichts Näheres
erfahren können, und war so begierig wie der Be¬
sternte, es zu erfahren. Man zog sich in eine Fenster¬
nische zurück.

"Eine der Plaisanterien Lombard's, die gar
nichts auf sich gehabt hätte, wenn nicht der Humor
des Prinzen eine Bombe hineinwarf, die unter einem
entsetzlichen Eclat platzte. Ihnen ist bekannt, daß
Seine Königliche Hoheit Lust bekamen, sich in die
Humanitätsgesellschaft aufnehmen zu lassen."

"Was er nur in all den Gesellschaften sucht!"
sagte die Almedingen.

"Man sagt den Geist, den er -- an einem an¬
dern Ort nicht finden kann. Ob es ihm in der Hu¬
manitätsgesellschaft gelingt, laß ich auf sich beruhen.
Die Aufnahme ist sehr einfach durch ein Ballottement
erfolgt, in dem noch Niemand durchfiel. Nur eine
schwarze Kugel war in der Urne, die sich seltsamer¬
weise bei jeder Aufnahme findet. Beim Receptions¬
diner neulich scherzte der Prinz darüber, und äußerte,

Man muß geſtehen, wenn man die Sociétè über¬
fliegt, daß unſere gute Prinzeſſin mit aſiatiſchem
Geſchmack eine kleine Völkerwanderung zuſammen¬
getrieben hat.“

„Sie liebt die Quodlibets, aber das Koſtüm iſt
gewählt,“ ſagte die Almedingen. Herr von Fuchſius
ſpielte auf den neulichen Vorfall des Prinzen mit
dem zweiten Lupinus an. Die Hofdame hatte davon
reden gehört, ſie wußte auch, daß man bei Hofe
choquirt geweſen, ſie hatte aber noch nichts Näheres
erfahren können, und war ſo begierig wie der Be¬
ſternte, es zu erfahren. Man zog ſich in eine Fenſter¬
niſche zurück.

„Eine der Plaiſanterien Lombard's, die gar
nichts auf ſich gehabt hätte, wenn nicht der Humor
des Prinzen eine Bombe hineinwarf, die unter einem
entſetzlichen Eclat platzte. Ihnen iſt bekannt, daß
Seine Königliche Hoheit Luſt bekamen, ſich in die
Humanitätsgeſellſchaft aufnehmen zu laſſen.“

„Was er nur in all den Geſellſchaften ſucht!“
ſagte die Almedingen.

„Man ſagt den Geiſt, den er — an einem an¬
dern Ort nicht finden kann. Ob es ihm in der Hu¬
manitätsgeſellſchaft gelingt, laß ich auf ſich beruhen.
Die Aufnahme iſt ſehr einfach durch ein Ballottement
erfolgt, in dem noch Niemand durchfiel. Nur eine
ſchwarze Kugel war in der Urne, die ſich ſeltſamer¬
weiſe bei jeder Aufnahme findet. Beim Receptions¬
diner neulich ſcherzte der Prinz darüber, und äußerte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="152"/>
Man muß ge&#x017F;tehen, wenn man die Soci<hi rendition="#aq">é</hi>t<hi rendition="#aq">è</hi> über¬<lb/>
fliegt, daß un&#x017F;ere gute Prinze&#x017F;&#x017F;in mit a&#x017F;iati&#x017F;chem<lb/>
Ge&#x017F;chmack eine kleine Völkerwanderung zu&#x017F;ammen¬<lb/>
getrieben hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie liebt die Quodlibets, aber das Ko&#x017F;tüm i&#x017F;t<lb/>
gewählt,&#x201C; &#x017F;agte die Almedingen. Herr von Fuch&#x017F;ius<lb/>
&#x017F;pielte auf den neulichen Vorfall des Prinzen mit<lb/>
dem zweiten Lupinus an. Die Hofdame hatte davon<lb/>
reden gehört, &#x017F;ie wußte auch, daß man bei Hofe<lb/>
choquirt gewe&#x017F;en, &#x017F;ie hatte aber noch nichts Näheres<lb/>
erfahren können, und war &#x017F;o begierig wie der Be¬<lb/>
&#x017F;ternte, es zu erfahren. Man zog &#x017F;ich in eine Fen&#x017F;ter¬<lb/>
ni&#x017F;che zurück.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Eine der Plai&#x017F;anterien Lombard's, die gar<lb/>
nichts auf &#x017F;ich gehabt hätte, wenn nicht der Humor<lb/>
des Prinzen eine Bombe hineinwarf, die unter einem<lb/>
ent&#x017F;etzlichen Eclat platzte. Ihnen i&#x017F;t bekannt, daß<lb/>
Seine Königliche Hoheit Lu&#x017F;t bekamen, &#x017F;ich in die<lb/>
Humanitätsge&#x017F;ell&#x017F;chaft aufnehmen zu la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was er nur in all den Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften &#x017F;ucht!&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte die Almedingen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Man &#x017F;agt den Gei&#x017F;t, den er &#x2014; an einem an¬<lb/>
dern Ort nicht finden kann. Ob es ihm in der Hu¬<lb/>
manitätsge&#x017F;ell&#x017F;chaft gelingt, laß ich auf &#x017F;ich beruhen.<lb/>
Die Aufnahme i&#x017F;t &#x017F;ehr einfach durch ein Ballottement<lb/>
erfolgt, in dem noch Niemand durchfiel. Nur eine<lb/>
&#x017F;chwarze Kugel war in der Urne, die &#x017F;ich &#x017F;elt&#x017F;amer¬<lb/>
wei&#x017F;e bei jeder Aufnahme findet. Beim Receptions¬<lb/>
diner neulich &#x017F;cherzte der Prinz darüber, und äußerte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0162] Man muß geſtehen, wenn man die Sociétè über¬ fliegt, daß unſere gute Prinzeſſin mit aſiatiſchem Geſchmack eine kleine Völkerwanderung zuſammen¬ getrieben hat.“ „Sie liebt die Quodlibets, aber das Koſtüm iſt gewählt,“ ſagte die Almedingen. Herr von Fuchſius ſpielte auf den neulichen Vorfall des Prinzen mit dem zweiten Lupinus an. Die Hofdame hatte davon reden gehört, ſie wußte auch, daß man bei Hofe choquirt geweſen, ſie hatte aber noch nichts Näheres erfahren können, und war ſo begierig wie der Be¬ ſternte, es zu erfahren. Man zog ſich in eine Fenſter¬ niſche zurück. „Eine der Plaiſanterien Lombard's, die gar nichts auf ſich gehabt hätte, wenn nicht der Humor des Prinzen eine Bombe hineinwarf, die unter einem entſetzlichen Eclat platzte. Ihnen iſt bekannt, daß Seine Königliche Hoheit Luſt bekamen, ſich in die Humanitätsgeſellſchaft aufnehmen zu laſſen.“ „Was er nur in all den Geſellſchaften ſucht!“ ſagte die Almedingen. „Man ſagt den Geiſt, den er — an einem an¬ dern Ort nicht finden kann. Ob es ihm in der Hu¬ manitätsgeſellſchaft gelingt, laß ich auf ſich beruhen. Die Aufnahme iſt ſehr einfach durch ein Ballottement erfolgt, in dem noch Niemand durchfiel. Nur eine ſchwarze Kugel war in der Urne, die ſich ſeltſamer¬ weiſe bei jeder Aufnahme findet. Beim Receptions¬ diner neulich ſcherzte der Prinz darüber, und äußerte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/162
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/162>, abgerufen am 05.05.2024.