"Um auf einen neuen Verschluß zu stoßen. Viel Glück, Herr Legationsrath, in Rußland."
"Will ich, gehe ich denn dahin?"
"So wollen Sie Jemand damit täuschen?"
"Meine Feinde. -- Kennen Sie meine Feinde?"
"Nicht alle -- Einige."
"Verlangen Sie, daß ich die Sorgen, unter deren Wucht ich meine Freundin erliegen sehe, noch durch Mittheilung von Verhältnissen erhöhe, die nur mich allein betreffen! Nicht mich allein -- nein, gewiß nicht, ich bin der letzte -- aber Niemand, der mir persön¬ lich theuer ist."
"Ihre Sachen sind gepackt, Extrapostpferde stehen für Sie täglich im Hofe des französischen Attache bereit."
"Das ward Ihnen bekannt?"
"Durch Zufall."
Er sah sich um: "Wenn Sie eines Morgens hörten, daß ich über Nacht aufgegriffen, über die Gränze geschleppt ward, und wenn am andern Abend die Nachricht käme, daß er mich füsiliren ließ, so würden Sie den Grund der Vorsicht wissen."
"Wer?"
"Napoleon."
"Da würden Ihre Pferde doch nicht beim Vi¬ comte Marvilliers stehen."
"Der Löwe sucht nach dem Raub nicht in seiner Höhle."
"Aber der junge Attache!"
IV. 10
„Um auf einen neuen Verſchluß zu ſtoßen. Viel Glück, Herr Legationsrath, in Rußland.“
„Will ich, gehe ich denn dahin?“
„So wollen Sie Jemand damit täuſchen?“
„Meine Feinde. — Kennen Sie meine Feinde?“
„Nicht alle — Einige.“
„Verlangen Sie, daß ich die Sorgen, unter deren Wucht ich meine Freundin erliegen ſehe, noch durch Mittheilung von Verhältniſſen erhöhe, die nur mich allein betreffen! Nicht mich allein — nein, gewiß nicht, ich bin der letzte — aber Niemand, der mir perſön¬ lich theuer iſt.“
„Ihre Sachen ſind gepackt, Extrapoſtpferde ſtehen für Sie täglich im Hofe des franzöſiſchen Attaché bereit.“
„Das ward Ihnen bekannt?“
„Durch Zufall.“
Er ſah ſich um: „Wenn Sie eines Morgens hörten, daß ich über Nacht aufgegriffen, über die Gränze geſchleppt ward, und wenn am andern Abend die Nachricht käme, daß er mich füſiliren ließ, ſo würden Sie den Grund der Vorſicht wiſſen.“
„Wer?“
„Napoleon.“
„Da würden Ihre Pferde doch nicht beim Vi¬ comte Marvilliers ſtehen.“
„Der Löwe ſucht nach dem Raub nicht in ſeiner Höhle.“
„Aber der junge Attaché!“
IV. 10
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„Um auf einen neuen Verſchluß zu ſtoßen. Viel
Glück, Herr Legationsrath, in Rußland.“
„Will ich, gehe ich denn dahin?“
„So wollen Sie Jemand damit täuſchen?“
„Meine Feinde. — Kennen Sie meine Feinde?“
„Nicht alle — Einige.“
„Verlangen Sie, daß ich die Sorgen, unter deren
Wucht ich meine Freundin erliegen ſehe, noch durch
Mittheilung von Verhältniſſen erhöhe, die nur mich
allein betreffen! Nicht mich allein — nein, gewiß nicht,
ich bin der letzte — aber Niemand, der mir perſön¬
lich theuer iſt.“
„Ihre Sachen ſind gepackt, Extrapoſtpferde ſtehen
für Sie täglich im Hofe des franzöſiſchen Attaché
bereit.“
„Das ward Ihnen bekannt?“
„Durch Zufall.“
Er ſah ſich um: „Wenn Sie eines Morgens
hörten, daß ich über Nacht aufgegriffen, über die
Gränze geſchleppt ward, und wenn am andern Abend
die Nachricht käme, daß er mich füſiliren ließ, ſo
würden Sie den Grund der Vorſicht wiſſen.“
„Wer?“
„Napoleon.“
„Da würden Ihre Pferde doch nicht beim Vi¬
comte Marvilliers ſtehen.“
„Der Löwe ſucht nach dem Raub nicht in ſeiner
Höhle.“
„Aber der junge Attaché!“
IV. 10
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/155>, abgerufen am 17.02.2025.
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