als die Thür aufging, aber statt des Conditors, der Kaufmann Herr van Asten eintrat.
Sie mußten sich beide schon kennen, aber die Freude des Wiedersehens schien auf Seiten des Ritt¬ meisters nicht groß, noch weniger, als nach der ersten Begrüßung der Kaufmann einen Platz auf der Bank in der Art einnahm, daß er dem Officier die Thür und den Ausgang dahin versperrte. Und als van Asten die abgetragene dicke Brieftasche aus dem Rock zog, zog sich auch das Gesicht des Rittmeisters sicht¬ lich in die Länge.
"Sie werden sich hier die Augen verderben."
"Bin Ihnen für Ihre Theilnahme sehr obligirt, aber was hier drin liegt, kenne ich alles auswendig."
Diese Versicherung tröstete den Officier noch weniger, besonders als er, trotz der Dunkelheit, mit seinem scharfen Auge einen länglichen, schmalen Pa¬ pierstreifen, den van Asten jetzt unter andern auf den Tisch legte, sehr gut zu erkennen glaubte. Warum den Gruß der Batterie abwarten, lieber geradlos darauf.
"Herr van Asten, sagte er, incommodiren Sie sich nicht. Ich kenne den Wisch. Sind noch vier¬ zehn Tage hin. Wenn ich am Verfalltage noch lebe, na, da sprechen wir weiter davon. Bin ich aber todt, machen Sie und ich unsre Rechnung mit dem Himmel --"
"Der es verhüte, daß ein so braver Officier so früh in ihn eingeht."
als die Thür aufging, aber ſtatt des Conditors, der Kaufmann Herr van Aſten eintrat.
Sie mußten ſich beide ſchon kennen, aber die Freude des Wiederſehens ſchien auf Seiten des Ritt¬ meiſters nicht groß, noch weniger, als nach der erſten Begrüßung der Kaufmann einen Platz auf der Bank in der Art einnahm, daß er dem Officier die Thür und den Ausgang dahin verſperrte. Und als van Aſten die abgetragene dicke Brieftaſche aus dem Rock zog, zog ſich auch das Geſicht des Rittmeiſters ſicht¬ lich in die Länge.
„Sie werden ſich hier die Augen verderben.“
„Bin Ihnen für Ihre Theilnahme ſehr obligirt, aber was hier drin liegt, kenne ich alles auswendig.“
Dieſe Verſicherung tröſtete den Officier noch weniger, beſonders als er, trotz der Dunkelheit, mit ſeinem ſcharfen Auge einen länglichen, ſchmalen Pa¬ pierſtreifen, den van Aſten jetzt unter andern auf den Tiſch legte, ſehr gut zu erkennen glaubte. Warum den Gruß der Batterie abwarten, lieber geradlos darauf.
„Herr van Aſten, ſagte er, incommodiren Sie ſich nicht. Ich kenne den Wiſch. Sind noch vier¬ zehn Tage hin. Wenn ich am Verfalltage noch lebe, na, da ſprechen wir weiter davon. Bin ich aber todt, machen Sie und ich unſre Rechnung mit dem Himmel —“
„Der es verhüte, daß ein ſo braver Officier ſo früh in ihn eingeht.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0088"n="78"/>
als die Thür aufging, aber ſtatt des Conditors, der<lb/>
Kaufmann Herr van Aſten eintrat.</p><lb/><p>Sie mußten ſich beide ſchon kennen, aber die<lb/>
Freude des Wiederſehens ſchien auf Seiten des Ritt¬<lb/>
meiſters nicht groß, noch weniger, als nach der erſten<lb/>
Begrüßung der Kaufmann einen Platz auf der Bank<lb/>
in der Art einnahm, daß er dem Officier die Thür<lb/>
und den Ausgang dahin verſperrte. Und als van<lb/>
Aſten die abgetragene dicke Brieftaſche aus dem Rock<lb/>
zog, zog ſich auch das Geſicht des Rittmeiſters ſicht¬<lb/>
lich in die Länge.</p><lb/><p>„Sie werden ſich hier die Augen verderben.“</p><lb/><p>„Bin Ihnen für Ihre Theilnahme ſehr obligirt,<lb/>
aber was hier drin liegt, kenne ich alles auswendig.“</p><lb/><p>Dieſe Verſicherung tröſtete den Officier noch<lb/>
weniger, beſonders als er, trotz der Dunkelheit, mit<lb/>ſeinem ſcharfen Auge einen länglichen, ſchmalen Pa¬<lb/>
pierſtreifen, den van Aſten jetzt unter andern auf den<lb/>
Tiſch legte, ſehr gut zu erkennen glaubte. Warum<lb/>
den Gruß der Batterie abwarten, lieber geradlos<lb/>
darauf.</p><lb/><p>„Herr van Aſten, ſagte er, incommodiren Sie<lb/>ſich nicht. Ich kenne den Wiſch. Sind noch vier¬<lb/>
zehn Tage hin. Wenn ich am Verfalltage noch lebe,<lb/>
na, da ſprechen wir weiter davon. Bin ich aber<lb/>
todt, machen Sie und ich unſre Rechnung mit dem<lb/>
Himmel —“</p><lb/><p>„Der es verhüte, daß ein ſo braver Officier ſo<lb/>
früh in ihn eingeht.“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[78/0088]
als die Thür aufging, aber ſtatt des Conditors, der
Kaufmann Herr van Aſten eintrat.
Sie mußten ſich beide ſchon kennen, aber die
Freude des Wiederſehens ſchien auf Seiten des Ritt¬
meiſters nicht groß, noch weniger, als nach der erſten
Begrüßung der Kaufmann einen Platz auf der Bank
in der Art einnahm, daß er dem Officier die Thür
und den Ausgang dahin verſperrte. Und als van
Aſten die abgetragene dicke Brieftaſche aus dem Rock
zog, zog ſich auch das Geſicht des Rittmeiſters ſicht¬
lich in die Länge.
„Sie werden ſich hier die Augen verderben.“
„Bin Ihnen für Ihre Theilnahme ſehr obligirt,
aber was hier drin liegt, kenne ich alles auswendig.“
Dieſe Verſicherung tröſtete den Officier noch
weniger, beſonders als er, trotz der Dunkelheit, mit
ſeinem ſcharfen Auge einen länglichen, ſchmalen Pa¬
pierſtreifen, den van Aſten jetzt unter andern auf den
Tiſch legte, ſehr gut zu erkennen glaubte. Warum
den Gruß der Batterie abwarten, lieber geradlos
darauf.
„Herr van Aſten, ſagte er, incommodiren Sie
ſich nicht. Ich kenne den Wiſch. Sind noch vier¬
zehn Tage hin. Wenn ich am Verfalltage noch lebe,
na, da ſprechen wir weiter davon. Bin ich aber
todt, machen Sie und ich unſre Rechnung mit dem
Himmel —“
„Der es verhüte, daß ein ſo braver Officier ſo
früh in ihn eingeht.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/88>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.