Tiegel warfen. Die warfen hinein als schlechte Ver¬ walter, was sie aufgegriffen. Aber nicht die Herzen des Volkes. Die hat es ihnen nie zum Aufbewah¬ ren gegeben, die hat es aufgehoben für eine bessere Zeit. Es ist kein Rest da, sage ich Ihnen, der volle Stock von Ehre und Ehrlichkeit liegt noch in unsrer Brust. Wer ist die Nation, wo sitzt sie, fragen Sie? Wer hat sie denn schon aufgesucht in ihrem Heilig¬ thum? Wer hat denn schon dies Volk gefragt, wer hat es gerufen? Der große Kurfürst einmal, und da kam es, Friedrich rief es sieben Mal, und sieben- Mal stand es da mit Gut und Blut. Diese -- ha¬ ben es nicht gerufen, weil sie es nicht wagen, sie zittern vor dem Geist, den sie aufrufen könnten, vor dem ihre Erbärmlichkeit in Staub und Spreu ver¬ sänke. Aber rufen sie es einmal, bei dem rechten Namen, auf den es hört, mit dem rechten vollen Ton, der in Mark und Nieren schmettert, und es kommt. Dann, mein Herr, gebe ich Ihnen mein Wort, wird es nicht vor Denen scheuen, die seine Fleischtöpfe verrücken wollen; es wird glauben, ja, nicht an die schönen duftenden Reden der Herren am Ruder, an seine Bestimmung wird es glauben, an die Stimme der großen Fürsten aus der Gruft, und selbst wird es seine Fleischtöpfe ausschütten für Alle, die für das Vaterland streiten wollen!"
Eisenhauch machte eine Bewegung, als wolle er die Hand des Veteranen ergreifen. Aber dieser blieb in sei¬ ner festen Stellung; die Hand umklammerte den Stock.
Tiegel warfen. Die warfen hinein als ſchlechte Ver¬ walter, was ſie aufgegriffen. Aber nicht die Herzen des Volkes. Die hat es ihnen nie zum Aufbewah¬ ren gegeben, die hat es aufgehoben für eine beſſere Zeit. Es iſt kein Reſt da, ſage ich Ihnen, der volle Stock von Ehre und Ehrlichkeit liegt noch in unſrer Bruſt. Wer iſt die Nation, wo ſitzt ſie, fragen Sie? Wer hat ſie denn ſchon aufgeſucht in ihrem Heilig¬ thum? Wer hat denn ſchon dies Volk gefragt, wer hat es gerufen? Der große Kurfürſt einmal, und da kam es, Friedrich rief es ſieben Mal, und ſieben- Mal ſtand es da mit Gut und Blut. Dieſe — ha¬ ben es nicht gerufen, weil ſie es nicht wagen, ſie zittern vor dem Geiſt, den ſie aufrufen könnten, vor dem ihre Erbärmlichkeit in Staub und Spreu ver¬ ſänke. Aber rufen ſie es einmal, bei dem rechten Namen, auf den es hört, mit dem rechten vollen Ton, der in Mark und Nieren ſchmettert, und es kommt. Dann, mein Herr, gebe ich Ihnen mein Wort, wird es nicht vor Denen ſcheuen, die ſeine Fleiſchtöpfe verrücken wollen; es wird glauben, ja, nicht an die ſchönen duftenden Reden der Herren am Ruder, an ſeine Beſtimmung wird es glauben, an die Stimme der großen Fürſten aus der Gruft, und ſelbſt wird es ſeine Fleiſchtöpfe ausſchütten für Alle, die für das Vaterland ſtreiten wollen!“
Eiſenhauch machte eine Bewegung, als wolle er die Hand des Veteranen ergreifen. Aber dieſer blieb in ſei¬ ner feſten Stellung; die Hand umklammerte den Stock.
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Tiegel warfen. Die warfen hinein als ſchlechte Ver¬
walter, was ſie aufgegriffen. Aber nicht die Herzen
des Volkes. Die hat es ihnen nie zum Aufbewah¬
ren gegeben, die hat es aufgehoben für eine beſſere
Zeit. Es iſt kein Reſt da, ſage ich Ihnen, der volle
Stock von Ehre und Ehrlichkeit liegt noch in unſrer
Bruſt. Wer iſt die Nation, wo ſitzt ſie, fragen Sie?
Wer hat ſie denn ſchon aufgeſucht in ihrem Heilig¬
thum? Wer hat denn ſchon dies Volk gefragt, wer
hat es gerufen? Der große Kurfürſt einmal, und
da kam es, Friedrich rief es ſieben Mal, und ſieben-
Mal ſtand es da mit Gut und Blut. Dieſe — ha¬
ben es nicht gerufen, weil ſie es nicht wagen, ſie
zittern vor dem Geiſt, den ſie aufrufen könnten, vor
dem ihre Erbärmlichkeit in Staub und Spreu ver¬
ſänke. Aber rufen ſie es einmal, bei dem rechten
Namen, auf den es hört, mit dem rechten vollen
Ton, der in Mark und Nieren ſchmettert, und es
kommt. Dann, mein Herr, gebe ich Ihnen mein
Wort, wird es nicht vor Denen ſcheuen, die ſeine
Fleiſchtöpfe verrücken wollen; es wird glauben, ja,
nicht an die ſchönen duftenden Reden der Herren am
Ruder, an ſeine Beſtimmung wird es glauben, an
die Stimme der großen Fürſten aus der Gruft, und
ſelbſt wird es ſeine Fleiſchtöpfe ausſchütten für Alle,
die für das Vaterland ſtreiten wollen!“
Eiſenhauch machte eine Bewegung, als wolle er die
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/314>, abgerufen am 25.11.2024.
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