Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Besitzen Sie einen Brief von ihm? -- sprach er
Sie an?"

"Nein -- aber -- es war ja ganz klar -- die
Fürstin Gargazin --"

"Können Sie der auch ganz trauen? --" Der
Legationsrath sah sich vorsichtig um.

"Sie ist eine seelensgute Frau. Schon vor acht
Tagen versicherte sie mich, ich möchte mich vorbereiten,
er könne sich gar nicht mehr halten. Sie hat ihn
neulich bei sich in ihr Cabinet zurückgedrückt, er wäre
im Stande gewesen, in ihrer Gegenwart mir zu
Füßen zu stürzen."

Der Legationsrath sah ernst vor sich hin und
schüttelte den Kopf: "Das glaube ich doch nicht --"

"Als wir von der Waldow kamen, öffnete er mir
den Wagenschlag. Ei, wie komm ich zu der Ehre,
sagte ich?"

"Und er --"

"Er hatte schon, ganz träumerisch, einen Fuß
auf dem Tritt, als mein Mann dazu kam und ihn
einlud mitzufahren --"

"Worüber er zur Besinnung kam, das ist freilich
sehr begreiflich."

"Sahen Sie, wie er jetzt fortsah, als er mich
erblickte?"

"Da scheute wohl nur sein Pferd --"

"Nein, es war eine innere Stimme --"

Er faßte sanft ihre Hand: "Hören Sie auf diese
inneren Stimmen, meine Freundin? -- Ach das ist

III. 2

„Beſitzen Sie einen Brief von ihm? — ſprach er
Sie an?“

„Nein — aber — es war ja ganz klar — die
Fürſtin Gargazin —“

„Können Sie der auch ganz trauen? —“ Der
Legationsrath ſah ſich vorſichtig um.

„Sie iſt eine ſeelensgute Frau. Schon vor acht
Tagen verſicherte ſie mich, ich möchte mich vorbereiten,
er könne ſich gar nicht mehr halten. Sie hat ihn
neulich bei ſich in ihr Cabinet zurückgedrückt, er wäre
im Stande geweſen, in ihrer Gegenwart mir zu
Füßen zu ſtürzen.“

Der Legationsrath ſah ernſt vor ſich hin und
ſchüttelte den Kopf: „Das glaube ich doch nicht —“

„Als wir von der Waldow kamen, öffnete er mir
den Wagenſchlag. Ei, wie komm ich zu der Ehre,
ſagte ich?“

„Und er —“

„Er hatte ſchon, ganz träumeriſch, einen Fuß
auf dem Tritt, als mein Mann dazu kam und ihn
einlud mitzufahren —“

„Worüber er zur Beſinnung kam, das iſt freilich
ſehr begreiflich.“

„Sahen Sie, wie er jetzt fortſah, als er mich
erblickte?“

„Da ſcheute wohl nur ſein Pferd —“

„Nein, es war eine innere Stimme —“

Er faßte ſanft ihre Hand: „Hören Sie auf dieſe
inneren Stimmen, meine Freundin? — Ach das iſt

III. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0027" n="17"/>
        <p>&#x201E;Be&#x017F;itzen Sie einen Brief von ihm? &#x2014; &#x017F;prach er<lb/>
Sie an?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein &#x2014; aber &#x2014; es war ja ganz klar &#x2014; die<lb/>
Für&#x017F;tin Gargazin &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Können Sie der auch ganz trauen? &#x2014;&#x201C; Der<lb/>
Legationsrath &#x017F;ah &#x017F;ich vor&#x017F;ichtig um.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie i&#x017F;t eine &#x017F;eelensgute Frau. Schon vor acht<lb/>
Tagen ver&#x017F;icherte &#x017F;ie mich, ich möchte mich vorbereiten,<lb/>
er könne &#x017F;ich gar nicht mehr halten. Sie hat ihn<lb/>
neulich bei &#x017F;ich in ihr Cabinet zurückgedrückt, er wäre<lb/>
im Stande gewe&#x017F;en, in ihrer Gegenwart mir zu<lb/>
Füßen zu &#x017F;türzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Legationsrath &#x017F;ah ern&#x017F;t vor &#x017F;ich hin und<lb/>
&#x017F;chüttelte den Kopf: &#x201E;Das glaube ich doch nicht &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Als wir von der Waldow kamen, öffnete er mir<lb/>
den Wagen&#x017F;chlag. Ei, wie komm ich zu der Ehre,<lb/>
&#x017F;agte ich?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und er &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er hatte &#x017F;chon, ganz träumeri&#x017F;ch, einen Fuß<lb/>
auf dem Tritt, als mein Mann dazu kam und ihn<lb/>
einlud mitzufahren &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Worüber er zur Be&#x017F;innung kam, das i&#x017F;t freilich<lb/>
&#x017F;ehr begreiflich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sahen Sie, wie er jetzt fort&#x017F;ah, als er mich<lb/>
erblickte?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Da &#x017F;cheute wohl nur &#x017F;ein Pferd &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, es war eine innere Stimme &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er faßte &#x017F;anft ihre Hand: &#x201E;Hören Sie auf die&#x017F;e<lb/>
inneren Stimmen, meine Freundin? &#x2014; Ach das i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III</hi>. 2<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0027] „Beſitzen Sie einen Brief von ihm? — ſprach er Sie an?“ „Nein — aber — es war ja ganz klar — die Fürſtin Gargazin —“ „Können Sie der auch ganz trauen? —“ Der Legationsrath ſah ſich vorſichtig um. „Sie iſt eine ſeelensgute Frau. Schon vor acht Tagen verſicherte ſie mich, ich möchte mich vorbereiten, er könne ſich gar nicht mehr halten. Sie hat ihn neulich bei ſich in ihr Cabinet zurückgedrückt, er wäre im Stande geweſen, in ihrer Gegenwart mir zu Füßen zu ſtürzen.“ Der Legationsrath ſah ernſt vor ſich hin und ſchüttelte den Kopf: „Das glaube ich doch nicht —“ „Als wir von der Waldow kamen, öffnete er mir den Wagenſchlag. Ei, wie komm ich zu der Ehre, ſagte ich?“ „Und er —“ „Er hatte ſchon, ganz träumeriſch, einen Fuß auf dem Tritt, als mein Mann dazu kam und ihn einlud mitzufahren —“ „Worüber er zur Beſinnung kam, das iſt freilich ſehr begreiflich.“ „Sahen Sie, wie er jetzt fortſah, als er mich erblickte?“ „Da ſcheute wohl nur ſein Pferd —“ „Nein, es war eine innere Stimme —“ Er faßte ſanft ihre Hand: „Hören Sie auf dieſe inneren Stimmen, meine Freundin? — Ach das iſt III. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/27
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/27>, abgerufen am 22.11.2024.