der Kaiser auf nächster Station, man sagt in Vogels¬ dorf, eine Erfrischung fordern, wird's im Kruge heißen: die Leute sind alle auf dem Feld oder im Stalle. Der Kaiser wird sich dann in den Kuhstall zu begeben ge¬ ruhen, um einen Trunk frisch gemolkener Milch anzunehmen. Und die Bäuerin, die eben melkt, wird sehr überrascht sein von den vornehmen Gästen, aber S. Majestät der Kaiser werden noch weit mehr überrascht sein, wenn Sie der Bäuerin ins Gesicht sehen, die ihm die Schale reicht. Na was sagen Sie dazu, mein lieber Herr Pathe? -- Ich habe aber nichts gesagt, es sind ja nur Conjecturen," sagte Herr Nähtebusch und rieb sich die Hände.
Sie standen am andern Ende der Terrasse: "Also auf eine Trianon-Scene läuft es aus, das ist ja alles recht schön und gut," sagte Walter.
Herr Nähtebusch sah den jungen Mann mit einem eindringlichen Blick an. Fast war's ein durch¬ dringender, indem er seine Hand faßte, und wir hatten uns in ihm geirrt. Die Purpurröthe des Echauffements verbarg nur den Psychologen:
"Mein lieber Herr van Asten, als Ihr Herr Vater mir die Ehre erzeigte, mich bei Ihnen zum Pathen einzuladen, sagte ichs voraus, das ist ein Junge, der wirds zu was bringen. Ich hatte vorgestern wieder das Vergnügen, mit Ihrem Herrn Vater zu spre¬ chen. Da müssten Ihnen die Ohren geklungen haben."
"Mein Vater, wissen Sie --"
"Ist ein charmanter Mann, ganz wie sein
der Kaiſer auf nächſter Station, man ſagt in Vogels¬ dorf, eine Erfriſchung fordern, wird's im Kruge heißen: die Leute ſind alle auf dem Feld oder im Stalle. Der Kaiſer wird ſich dann in den Kuhſtall zu begeben ge¬ ruhen, um einen Trunk friſch gemolkener Milch anzunehmen. Und die Bäuerin, die eben melkt, wird ſehr überraſcht ſein von den vornehmen Gäſten, aber S. Majeſtät der Kaiſer werden noch weit mehr überraſcht ſein, wenn Sie der Bäuerin ins Geſicht ſehen, die ihm die Schale reicht. Na was ſagen Sie dazu, mein lieber Herr Pathe? — Ich habe aber nichts geſagt, es ſind ja nur Conjecturen,“ ſagte Herr Nähtebuſch und rieb ſich die Hände.
Sie ſtanden am andern Ende der Terraſſe: „Alſo auf eine Trianon-Scene läuft es aus, das iſt ja alles recht ſchön und gut,“ ſagte Walter.
Herr Nähtebuſch ſah den jungen Mann mit einem eindringlichen Blick an. Faſt war's ein durch¬ dringender, indem er ſeine Hand faßte, und wir hatten uns in ihm geirrt. Die Purpurröthe des Echauffements verbarg nur den Pſychologen:
„Mein lieber Herr van Aſten, als Ihr Herr Vater mir die Ehre erzeigte, mich bei Ihnen zum Pathen einzuladen, ſagte ichs voraus, das iſt ein Junge, der wirds zu was bringen. Ich hatte vorgeſtern wieder das Vergnügen, mit Ihrem Herrn Vater zu ſpre¬ chen. Da müſſten Ihnen die Ohren geklungen haben.“
„Mein Vater, wiſſen Sie —“
„Iſt ein charmanter Mann, ganz wie ſein
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der Kaiſer auf nächſter Station, man ſagt in Vogels¬
dorf, eine Erfriſchung fordern, wird's im Kruge heißen:
die Leute ſind alle auf dem Feld oder im Stalle. Der
Kaiſer wird ſich dann in den Kuhſtall zu begeben ge¬
ruhen, um einen Trunk friſch gemolkener Milch
anzunehmen. Und die Bäuerin, die eben melkt, wird
ſehr überraſcht ſein von den vornehmen Gäſten, aber
S. Majeſtät der Kaiſer werden noch weit mehr
überraſcht ſein, wenn Sie der Bäuerin ins Geſicht
ſehen, die ihm die Schale reicht. Na was ſagen
Sie dazu, mein lieber Herr Pathe? — Ich habe
aber nichts geſagt, es ſind ja nur Conjecturen,“
ſagte Herr Nähtebuſch und rieb ſich die Hände.
Sie ſtanden am andern Ende der Terraſſe:
„Alſo auf eine Trianon-Scene läuft es aus, das iſt
ja alles recht ſchön und gut,“ ſagte Walter.
Herr Nähtebuſch ſah den jungen Mann mit
einem eindringlichen Blick an. Faſt war's ein durch¬
dringender, indem er ſeine Hand faßte, und wir
hatten uns in ihm geirrt. Die Purpurröthe des
Echauffements verbarg nur den Pſychologen:
„Mein lieber Herr van Aſten, als Ihr Herr
Vater mir die Ehre erzeigte, mich bei Ihnen zum
Pathen einzuladen, ſagte ichs voraus, das iſt ein
Junge, der wirds zu was bringen. Ich hatte vorgeſtern
wieder das Vergnügen, mit Ihrem Herrn Vater zu ſpre¬
chen. Da müſſten Ihnen die Ohren geklungen haben.“
„Mein Vater, wiſſen Sie —“
„Iſt ein charmanter Mann, ganz wie ſein
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/147>, abgerufen am 16.02.2025.
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