Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.Adelheid nickte nur mit dem Kopf. "Wo?" "Als ich in den Thorweg zu Herrn Richter ein¬ "Unterstand er sich, Dich auf offener Straße "Nein, eigentlich nicht. Er stand am Eckhause, "Und als Du vorbei gingst?" "Mama, ich glaube beinahe, ich hüpfte vorbei, "Und --" "Ich weiß nicht, stieß ich einen Schrei aus, "Und er?" "Vielleicht sagte er auch etwas. Das weiß ich "Ich freue mich, daß es nur sein Blick war." "Nein, -- er ging mir nach." "Unerhört! Ließest Du ihn nicht durch den Be¬ Adelheid nickte nur mit dem Kopf. „Wo?“ „Als ich in den Thorweg zu Herrn Richter ein¬ „Unterſtand er ſich, Dich auf offener Straße „Nein, eigentlich nicht. Er ſtand am Eckhauſe, „Und als Du vorbei gingſt?“ „Mama, ich glaube beinahe, ich hüpfte vorbei, „Und —“ „Ich weiß nicht, ſtieß ich einen Schrei aus, „Und er?“ „Vielleicht ſagte er auch etwas. Das weiß ich „Ich freue mich, daß es nur ſein Blick war.“ „Nein, — er ging mir nach.“ „Unerhört! Ließeſt Du ihn nicht durch den Be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> Adelheid nickte nur mit dem Kopf.</p><lb/> <p>„Wo?“</p><lb/> <p>„Als ich in den Thorweg zu Herrn Richter ein¬<lb/> bog, glaubte ich ihn um die andre Ecke kommen zu<lb/> ſehen, ich hoffte, er hätte mich nicht bemerkt. Und<lb/> darum war es mir lieb, daß Herr Richter mich länger<lb/> aufhielt. Aber als ich heraustrat, und wirklich, ich<lb/> hatte ihn in dem Augenblick ganz vergeſſen über den<lb/> herrlichen Mann, da —“</p><lb/> <p>„Unterſtand er ſich, Dich auf offener Straße<lb/> anzutreten!“</p><lb/> <p>„Nein, eigentlich nicht. Er ſtand am Eckhauſe,<lb/> wo ich vorbei mußte, mit gekreuzten Armen, wie ein<lb/> Träumender.“</p><lb/> <p>„Und als Du vorbei gingſt?“</p><lb/> <p>„Mama, ich glaube beinahe, ich hüpfte vorbei,<lb/> ſo wohl war mir in dem Augenblick und ich ſah ihn<lb/> erſt, und er gewiß mich auch, als ich beinahe an<lb/> ihn ſtieß.“</p><lb/> <p>„Und —“</p><lb/> <p>„Ich weiß nicht, ſtieß ich einen Schrei aus,<lb/> aber es war gewiß nicht laut, ich fuhr zurück —“</p><lb/> <p>„Und er?“</p><lb/> <p>„Vielleicht ſagte er auch etwas. Das weiß ich<lb/> nicht mehr. Aber der Blick, den er auf mich warf,<lb/> verfolgte mich.“</p><lb/> <p>„Ich freue mich, daß es nur ſein Blick war.“</p><lb/> <p>„Nein, — er ging mir nach.“</p><lb/> <p>„Unerhört! Ließeſt Du ihn nicht durch den Be¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
Adelheid nickte nur mit dem Kopf.
„Wo?“
„Als ich in den Thorweg zu Herrn Richter ein¬
bog, glaubte ich ihn um die andre Ecke kommen zu
ſehen, ich hoffte, er hätte mich nicht bemerkt. Und
darum war es mir lieb, daß Herr Richter mich länger
aufhielt. Aber als ich heraustrat, und wirklich, ich
hatte ihn in dem Augenblick ganz vergeſſen über den
herrlichen Mann, da —“
„Unterſtand er ſich, Dich auf offener Straße
anzutreten!“
„Nein, eigentlich nicht. Er ſtand am Eckhauſe,
wo ich vorbei mußte, mit gekreuzten Armen, wie ein
Träumender.“
„Und als Du vorbei gingſt?“
„Mama, ich glaube beinahe, ich hüpfte vorbei,
ſo wohl war mir in dem Augenblick und ich ſah ihn
erſt, und er gewiß mich auch, als ich beinahe an
ihn ſtieß.“
„Und —“
„Ich weiß nicht, ſtieß ich einen Schrei aus,
aber es war gewiß nicht laut, ich fuhr zurück —“
„Und er?“
„Vielleicht ſagte er auch etwas. Das weiß ich
nicht mehr. Aber der Blick, den er auf mich warf,
verfolgte mich.“
„Ich freue mich, daß es nur ſein Blick war.“
„Nein, — er ging mir nach.“
„Unerhört! Ließeſt Du ihn nicht durch den Be¬
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