"Mein Mann stürbe, wenn er von seinen Bü¬ chern lassen müßte."
"Und wird von ihnen lassen müssen, wenn er von Allem läßt! Doch, um wieder auf Bonaparte zu kommen, wie viel Peripherien hat er, eine nach der andern, um seinen jeweiligen Standpunkt gezogen, weit, weiter, und das ist das Bewunderungswürdige, nicht seine gewonnenen Schlachten, sondern daß er, im Mittelpunkt des Kreises, nie über den Kreis hin¬ ausgriff! So ward er Consul, Kaiser --"
"O ich bin ungemein begierig, Ihre Ansichten darüber zu erfahren."
"Wozu das, Freundin? Wozu die eigne Kraft anstrengen und uns vergessen?"
"Aber es ist so interessant --"
"Sie haben Recht -- seine Familienverhältnisse! Da liegt der Hemmschu für den Giganten."
"Die Familie erhebt er mit sich."
"Aber Josephine hat keine Kinder. -- Sie muß fort."
"Wie! Sie hob ihn. Er kann sie doch nicht verstoßen."
"Ei, seine Bewunderin hält ihn für so klein. Gefühle der Dankbarkeit sollen ihn an seinem Welt¬ beruf hindern."
"Aber das Urtheil der Welt würde --"
"Den Titanen regieren! Da habe ich keine Skru¬ pel. Aber die Creolin ist eigensinnig, reizbar. Wenn sie sich nun nicht scheiden lassen will?"
„Mein Mann ſtürbe, wenn er von ſeinen Bü¬ chern laſſen müßte.“
„Und wird von ihnen laſſen müſſen, wenn er von Allem läßt! Doch, um wieder auf Bonaparte zu kommen, wie viel Peripherien hat er, eine nach der andern, um ſeinen jeweiligen Standpunkt gezogen, weit, weiter, und das iſt das Bewunderungswürdige, nicht ſeine gewonnenen Schlachten, ſondern daß er, im Mittelpunkt des Kreiſes, nie über den Kreis hin¬ ausgriff! So ward er Conſul, Kaiſer —“
„O ich bin ungemein begierig, Ihre Anſichten darüber zu erfahren.“
„Wozu das, Freundin? Wozu die eigne Kraft anſtrengen und uns vergeſſen?“
„Aber es iſt ſo intereſſant —“
„Sie haben Recht — ſeine Familienverhältniſſe! Da liegt der Hemmſchu für den Giganten.“
„Die Familie erhebt er mit ſich.“
„Aber Joſephine hat keine Kinder. — Sie muß fort.“
„Wie! Sie hob ihn. Er kann ſie doch nicht verſtoßen.“
„Ei, ſeine Bewunderin hält ihn für ſo klein. Gefühle der Dankbarkeit ſollen ihn an ſeinem Welt¬ beruf hindern.“
„Aber das Urtheil der Welt würde —“
„Den Titanen regieren! Da habe ich keine Skru¬ pel. Aber die Creolin iſt eigenſinnig, reizbar. Wenn ſie ſich nun nicht ſcheiden laſſen will?“
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„Mein Mann ſtürbe, wenn er von ſeinen Bü¬
chern laſſen müßte.“
„Und wird von ihnen laſſen müſſen, wenn er
von Allem läßt! Doch, um wieder auf Bonaparte zu
kommen, wie viel Peripherien hat er, eine nach der
andern, um ſeinen jeweiligen Standpunkt gezogen,
weit, weiter, und das iſt das Bewunderungswürdige,
nicht ſeine gewonnenen Schlachten, ſondern daß er,
im Mittelpunkt des Kreiſes, nie über den Kreis hin¬
ausgriff! So ward er Conſul, Kaiſer —“
„O ich bin ungemein begierig, Ihre Anſichten
darüber zu erfahren.“
„Wozu das, Freundin? Wozu die eigne Kraft
anſtrengen und uns vergeſſen?“
„Aber es iſt ſo intereſſant —“
„Sie haben Recht — ſeine Familienverhältniſſe!
Da liegt der Hemmſchu für den Giganten.“
„Die Familie erhebt er mit ſich.“
„Aber Joſephine hat keine Kinder. — Sie
muß fort.“
„Wie! Sie hob ihn. Er kann ſie doch nicht
verſtoßen.“
„Ei, ſeine Bewunderin hält ihn für ſo klein.
Gefühle der Dankbarkeit ſollen ihn an ſeinem Welt¬
beruf hindern.“
„Aber das Urtheil der Welt würde —“
„Den Titanen regieren! Da habe ich keine Skru¬
pel. Aber die Creolin iſt eigenſinnig, reizbar. Wenn
ſie ſich nun nicht ſcheiden laſſen will?“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/249>, abgerufen am 08.07.2024.
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