"War mir gar nicht bange, Onkel! Der Capi¬ tain verstehts. Du hättst ihn sehn sollen. Nicht die Miene verrückt, und mit einem Mal schoß er auf, Augen wie der alte Dessauer: ""Schafft mir die Bestien aus den Augen. Auf die Wache mit den Schuften, die so den Respect vor dem Rock des Königs verletzen.""
"Dafür soll er leben!" der Wachthabende stieß an. Die Gläser klangen.
"Und die Straßenjungen hinter den Juden her, setzte der Cornet hinzu, es war ein Schauspiel für Götter!"
"Eigentlich ists contre facon, sagte der Capi¬ tain, daß christliche Officiere einem Kameraden aus¬ ziehen, was die Juden übrig lassen! Und noch dazu einem gefangenen, den Ihr in Eurer Gewalt habt."
"Hört den Fuchs! Du müßtest doppelt blechen, weil wir unser Renommee aufs Spiel setzen. Mit einem spielen, der mißliebig ward, sich vergangen hat an einem Kaiserlich Russischen Gesandten!"
"Sitz ich etwa darum, daß ich den auf der Maskerade emitirt habe? -- Euretwillen, Ihr Herren Gensd'armen, allein um Euretwillen! Weil Ihr da¬ mals dem Pfaffen bei der Malchen das Katzenständ¬ chen brachtet. Majestät waren fuchswild; aber Ihr wurdet durchgeschwatzt. Das kennt man schon, wenn's nur an die Cavallerie gehn soll. Für den nächsten wars aufgehoben, und das war ich. Und nicht um
„War mir gar nicht bange, Onkel! Der Capi¬ tain verſtehts. Du hättſt ihn ſehn ſollen. Nicht die Miene verrückt, und mit einem Mal ſchoß er auf, Augen wie der alte Deſſauer: „„Schafft mir die Beſtien aus den Augen. Auf die Wache mit den Schuften, die ſo den Reſpect vor dem Rock des Königs verletzen.““
„Dafür ſoll er leben!“ der Wachthabende ſtieß an. Die Gläſer klangen.
„Und die Straßenjungen hinter den Juden her, ſetzte der Cornet hinzu, es war ein Schauſpiel für Götter!“
„Eigentlich iſts contre façon, ſagte der Capi¬ tain, daß chriſtliche Officiere einem Kameraden aus¬ ziehen, was die Juden übrig laſſen! Und noch dazu einem gefangenen, den Ihr in Eurer Gewalt habt.“
„Hört den Fuchs! Du müßteſt doppelt blechen, weil wir unſer Renommee aufs Spiel ſetzen. Mit einem ſpielen, der mißliebig ward, ſich vergangen hat an einem Kaiſerlich Ruſſiſchen Geſandten!“
„Sitz ich etwa darum, daß ich den auf der Maskerade emitirt habe? — Euretwillen, Ihr Herren Gensd'armen, allein um Euretwillen! Weil Ihr da¬ mals dem Pfaffen bei der Malchen das Katzenſtänd¬ chen brachtet. Majeſtät waren fuchswild; aber Ihr wurdet durchgeſchwatzt. Das kennt man ſchon, wenn's nur an die Cavallerie gehn ſoll. Für den nächſten wars aufgehoben, und das war ich. Und nicht um
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0197"n="187"/><p>„War mir gar nicht bange, Onkel! Der Capi¬<lb/>
tain verſtehts. Du hättſt ihn ſehn ſollen. Nicht die<lb/>
Miene verrückt, und mit einem Mal ſchoß er auf,<lb/>
Augen wie der alte Deſſauer: „„Schafft mir die<lb/>
Beſtien aus den Augen. Auf die Wache mit den<lb/>
Schuften, die ſo den Reſpect vor dem Rock des<lb/>
Königs verletzen.““</p><lb/><p>„Dafür ſoll er leben!“ der Wachthabende ſtieß<lb/>
an. Die Gläſer klangen.</p><lb/><p>„Und die Straßenjungen hinter den Juden her,<lb/>ſetzte der Cornet hinzu, es war ein Schauſpiel für<lb/>
Götter!“</p><lb/><p>„Eigentlich iſts <hirendition="#aq">contre façon,</hi>ſagte der Capi¬<lb/>
tain, daß chriſtliche Officiere einem Kameraden aus¬<lb/>
ziehen, was die Juden übrig laſſen! Und noch<lb/>
dazu einem gefangenen, den Ihr in Eurer Gewalt<lb/>
habt.“</p><lb/><p>„Hört den Fuchs! Du müßteſt doppelt blechen,<lb/>
weil wir unſer Renommee aufs Spiel ſetzen. Mit<lb/>
einem ſpielen, der mißliebig ward, ſich vergangen hat<lb/>
an einem Kaiſerlich Ruſſiſchen Geſandten!“</p><lb/><p>„Sitz ich etwa darum, daß ich den auf der<lb/>
Maskerade emitirt habe? — Euretwillen, Ihr Herren<lb/>
Gensd'armen, allein um Euretwillen! Weil Ihr da¬<lb/>
mals dem Pfaffen bei der Malchen das Katzenſtänd¬<lb/>
chen brachtet. Majeſtät waren fuchswild; aber Ihr<lb/>
wurdet durchgeſchwatzt. Das kennt man ſchon, wenn's<lb/>
nur an die Cavallerie gehn ſoll. Für den nächſten<lb/>
wars aufgehoben, und das war ich. Und nicht um<lb/></p></div></body></text></TEI>
[187/0197]
„War mir gar nicht bange, Onkel! Der Capi¬
tain verſtehts. Du hättſt ihn ſehn ſollen. Nicht die
Miene verrückt, und mit einem Mal ſchoß er auf,
Augen wie der alte Deſſauer: „„Schafft mir die
Beſtien aus den Augen. Auf die Wache mit den
Schuften, die ſo den Reſpect vor dem Rock des
Königs verletzen.““
„Dafür ſoll er leben!“ der Wachthabende ſtieß
an. Die Gläſer klangen.
„Und die Straßenjungen hinter den Juden her,
ſetzte der Cornet hinzu, es war ein Schauſpiel für
Götter!“
„Eigentlich iſts contre façon, ſagte der Capi¬
tain, daß chriſtliche Officiere einem Kameraden aus¬
ziehen, was die Juden übrig laſſen! Und noch
dazu einem gefangenen, den Ihr in Eurer Gewalt
habt.“
„Hört den Fuchs! Du müßteſt doppelt blechen,
weil wir unſer Renommee aufs Spiel ſetzen. Mit
einem ſpielen, der mißliebig ward, ſich vergangen hat
an einem Kaiſerlich Ruſſiſchen Geſandten!“
„Sitz ich etwa darum, daß ich den auf der
Maskerade emitirt habe? — Euretwillen, Ihr Herren
Gensd'armen, allein um Euretwillen! Weil Ihr da¬
mals dem Pfaffen bei der Malchen das Katzenſtänd¬
chen brachtet. Majeſtät waren fuchswild; aber Ihr
wurdet durchgeſchwatzt. Das kennt man ſchon, wenn's
nur an die Cavallerie gehn ſoll. Für den nächſten
wars aufgehoben, und das war ich. Und nicht um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/197>, abgerufen am 08.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.