Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Ihrem Bonpland gegen den Kaiser conspirirt
haben wird."

"Ein großer Mann pikirt sich in seiner Laune
oft auf Kleines. Er traut Ihrem Könige, wie seinem
Busenfreunde, aber bei einem Spukhaus in Deutsch¬
land denkt er sogleich an Höllenmaschinen und Con¬
spirationen des Herrn Pitt. Den Baron Humboldt
ästimirt er sehr."

Der Major bemerkte: "Wahrscheinlich war dies
das letzte Wichtige, was Excellenz aus Berlin zu
melden hatten."

"Im Gegentheil, Herr von Eisenhauch, was gab
es nicht in den letzten Monaten zu berichten: Die
Ansichten, die bedenkliche Stimmung im Publikum
bei der Hinrichtung der Kindesmörderin. Es handelte
sich dabei um Abschaffung der Todesstrafe, im Volk
glaubte man es wenigstens. Wenn Preußen die
Initiative ergriffe, glauben Sie nicht, daß der Kai¬
ser mit Vergnügen darauf einginge? Dann die
Frage, ob der Geheimrath Lupinus abzusetzen sei
oder nicht? Welche anderen Fragen knüpfen sich nicht
daran! Unter uns, Napoleon würde vielleicht kür¬
zeren Prozeß gemacht haben; freilich je nachdem.
Und dann die Excesse in dem Hause der Obristin.
Wie viele feine Hoffäden spielen da hinein, und ich
muß gestehen, man hat es mit Takt applanirt. Der
Kaiser war, wie ich Ihnen im Vertrauen sagen kann,
darüber erfreut; an einem andern Hofe würde man
in der verdächtigen Dame eine seiner Emissairinnen

mit Ihrem Bonpland gegen den Kaiſer conſpirirt
haben wird.“

„Ein großer Mann pikirt ſich in ſeiner Laune
oft auf Kleines. Er traut Ihrem Könige, wie ſeinem
Buſenfreunde, aber bei einem Spukhaus in Deutſch¬
land denkt er ſogleich an Höllenmaſchinen und Con¬
ſpirationen des Herrn Pitt. Den Baron Humboldt
äſtimirt er ſehr.“

Der Major bemerkte: „Wahrſcheinlich war dies
das letzte Wichtige, was Excellenz aus Berlin zu
melden hatten.“

„Im Gegentheil, Herr von Eiſenhauch, was gab
es nicht in den letzten Monaten zu berichten: Die
Anſichten, die bedenkliche Stimmung im Publikum
bei der Hinrichtung der Kindesmörderin. Es handelte
ſich dabei um Abſchaffung der Todesſtrafe, im Volk
glaubte man es wenigſtens. Wenn Preußen die
Initiative ergriffe, glauben Sie nicht, daß der Kai¬
ſer mit Vergnügen darauf einginge? Dann die
Frage, ob der Geheimrath Lupinus abzuſetzen ſei
oder nicht? Welche anderen Fragen knüpfen ſich nicht
daran! Unter uns, Napoleon würde vielleicht kür¬
zeren Prozeß gemacht haben; freilich je nachdem.
Und dann die Exceſſe in dem Hauſe der Obriſtin.
Wie viele feine Hoffäden ſpielen da hinein, und ich
muß geſtehen, man hat es mit Takt applanirt. Der
Kaiſer war, wie ich Ihnen im Vertrauen ſagen kann,
darüber erfreut; an einem andern Hofe würde man
in der verdächtigen Dame eine ſeiner Emiſſairinnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="104"/>
mit Ihrem Bonpland gegen den Kai&#x017F;er con&#x017F;pirirt<lb/>
haben wird.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein großer Mann pikirt &#x017F;ich in &#x017F;einer Laune<lb/>
oft auf Kleines. Er traut Ihrem Könige, wie &#x017F;einem<lb/>
Bu&#x017F;enfreunde, aber bei einem Spukhaus in Deut&#x017F;ch¬<lb/>
land denkt er &#x017F;ogleich an Höllenma&#x017F;chinen und Con¬<lb/>
&#x017F;pirationen des Herrn Pitt. Den Baron Humboldt<lb/>
ä&#x017F;timirt er &#x017F;ehr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Major bemerkte: &#x201E;Wahr&#x017F;cheinlich war dies<lb/>
das letzte Wichtige, was Excellenz aus Berlin zu<lb/>
melden hatten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Im Gegentheil, Herr von Ei&#x017F;enhauch, was gab<lb/>
es nicht in den letzten Monaten zu berichten: Die<lb/>
An&#x017F;ichten, die bedenkliche Stimmung im Publikum<lb/>
bei der Hinrichtung der Kindesmörderin. Es handelte<lb/>
&#x017F;ich dabei um Ab&#x017F;chaffung der Todes&#x017F;trafe, im Volk<lb/>
glaubte man es wenig&#x017F;tens. Wenn Preußen die<lb/>
Initiative ergriffe, glauben Sie nicht, daß der Kai¬<lb/>
&#x017F;er mit Vergnügen darauf einginge? Dann die<lb/>
Frage, ob der Geheimrath Lupinus abzu&#x017F;etzen &#x017F;ei<lb/>
oder nicht? Welche anderen Fragen knüpfen &#x017F;ich nicht<lb/>
daran! Unter uns, Napoleon würde vielleicht kür¬<lb/>
zeren Prozeß gemacht haben; freilich je nachdem.<lb/>
Und dann die Exce&#x017F;&#x017F;e in dem Hau&#x017F;e der Obri&#x017F;tin.<lb/>
Wie viele feine Hoffäden &#x017F;pielen da hinein, und ich<lb/>
muß ge&#x017F;tehen, man hat es mit Takt applanirt. Der<lb/>
Kai&#x017F;er war, wie ich Ihnen im Vertrauen &#x017F;agen kann,<lb/>
darüber erfreut; an einem andern Hofe würde man<lb/>
in der verdächtigen Dame eine &#x017F;einer Emi&#x017F;&#x017F;airinnen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0114] mit Ihrem Bonpland gegen den Kaiſer conſpirirt haben wird.“ „Ein großer Mann pikirt ſich in ſeiner Laune oft auf Kleines. Er traut Ihrem Könige, wie ſeinem Buſenfreunde, aber bei einem Spukhaus in Deutſch¬ land denkt er ſogleich an Höllenmaſchinen und Con¬ ſpirationen des Herrn Pitt. Den Baron Humboldt äſtimirt er ſehr.“ Der Major bemerkte: „Wahrſcheinlich war dies das letzte Wichtige, was Excellenz aus Berlin zu melden hatten.“ „Im Gegentheil, Herr von Eiſenhauch, was gab es nicht in den letzten Monaten zu berichten: Die Anſichten, die bedenkliche Stimmung im Publikum bei der Hinrichtung der Kindesmörderin. Es handelte ſich dabei um Abſchaffung der Todesſtrafe, im Volk glaubte man es wenigſtens. Wenn Preußen die Initiative ergriffe, glauben Sie nicht, daß der Kai¬ ſer mit Vergnügen darauf einginge? Dann die Frage, ob der Geheimrath Lupinus abzuſetzen ſei oder nicht? Welche anderen Fragen knüpfen ſich nicht daran! Unter uns, Napoleon würde vielleicht kür¬ zeren Prozeß gemacht haben; freilich je nachdem. Und dann die Exceſſe in dem Hauſe der Obriſtin. Wie viele feine Hoffäden ſpielen da hinein, und ich muß geſtehen, man hat es mit Takt applanirt. Der Kaiſer war, wie ich Ihnen im Vertrauen ſagen kann, darüber erfreut; an einem andern Hofe würde man in der verdächtigen Dame eine ſeiner Emiſſairinnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/114
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/114>, abgerufen am 24.11.2024.