noch zu Hause treffen. Und ich ließe ihn dringend ersuchen mich zu besuchen, ehe er zur Prinzeß Fer¬ dinand fährt. Die hält ihn immer so lange auf. Ja, hört Sie, es soll ihm recht dringend gemacht werden, denn ich fühle, ich werde sehr krank werden. Und er kann auch für den Johann gleich ein Recept ver¬ schreiben, die Sache muß doch endlich zu Ende kommen."
Wenn ängstliche Träume ein Zeichen der Unge¬ sundheit sind, mußte die Geheimräthin sehr krank sein. Es waren nicht mehr Fliegen und Spinnen, sondern lauter Marionetten die ihr keine Ruhe ließen. Da kam der fieberkranke, blasse Johann und sprang mit zusammengehaltenen Beinen und fragte sie, ob es nun nicht bald mit ihm zu Ende ginge? Dann füllte sich die Schlafstube mit der ganzen Gesellschaft vom vorigen Abend, lauter Gliederpuppen, die an Drähten vom Schornstein aus geführt wurden. Sie tanzten und das Holz klappte unangenehm. Wenn sie am Bette vorbei kommen, gähnten sie und frag¬ ten: ob es nicht bald Schlafenszeit wäre? Gern hätte die Geheimräthin gesehen, wer den Draht führte, aber sie konnte, wie sie auch sich anstrengte, den Kopf nicht in den Schornstein zwängen, und wenn es ihr einmal gelang, schoß eine neue Figur herunter und schreckte sie zurück. Dazu klappte ihr Mann als Pantalone immerfort durch die Stube, und hauchte sich in die Hände und sagte, ihn fröre, und wer ihn nur heiß machen könne! Da rief eine Stimme aus dem Schornstein, deren sie sich nicht entsann, aber
noch zu Hauſe treffen. Und ich ließe ihn dringend erſuchen mich zu beſuchen, ehe er zur Prinzeß Fer¬ dinand fährt. Die hält ihn immer ſo lange auf. Ja, hört Sie, es ſoll ihm recht dringend gemacht werden, denn ich fühle, ich werde ſehr krank werden. Und er kann auch für den Johann gleich ein Recept ver¬ ſchreiben, die Sache muß doch endlich zu Ende kommen.“
Wenn ängſtliche Träume ein Zeichen der Unge¬ ſundheit ſind, mußte die Geheimräthin ſehr krank ſein. Es waren nicht mehr Fliegen und Spinnen, ſondern lauter Marionetten die ihr keine Ruhe ließen. Da kam der fieberkranke, blaſſe Johann und ſprang mit zuſammengehaltenen Beinen und fragte ſie, ob es nun nicht bald mit ihm zu Ende ginge? Dann füllte ſich die Schlafſtube mit der ganzen Geſellſchaft vom vorigen Abend, lauter Gliederpuppen, die an Drähten vom Schornſtein aus geführt wurden. Sie tanzten und das Holz klappte unangenehm. Wenn ſie am Bette vorbei kommen, gähnten ſie und frag¬ ten: ob es nicht bald Schlafenszeit wäre? Gern hätte die Geheimräthin geſehen, wer den Draht führte, aber ſie konnte, wie ſie auch ſich anſtrengte, den Kopf nicht in den Schornſtein zwängen, und wenn es ihr einmal gelang, ſchoß eine neue Figur herunter und ſchreckte ſie zurück. Dazu klappte ihr Mann als Pantalone immerfort durch die Stube, und hauchte ſich in die Hände und ſagte, ihn fröre, und wer ihn nur heiß machen könne! Da rief eine Stimme aus dem Schornſtein, deren ſie ſich nicht entſann, aber
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0089"n="75"/>
noch zu Hauſe treffen. Und ich ließe ihn dringend<lb/>
erſuchen mich zu beſuchen, ehe er zur Prinzeß Fer¬<lb/>
dinand fährt. Die hält ihn immer ſo lange auf.<lb/>
Ja, hört Sie, es ſoll ihm recht dringend gemacht<lb/>
werden, denn ich fühle, ich werde ſehr krank werden.<lb/>
Und er kann auch für den Johann gleich ein Recept ver¬<lb/>ſchreiben, die Sache muß doch endlich zu Ende kommen.“</p><lb/><p>Wenn ängſtliche Träume ein Zeichen der Unge¬<lb/>ſundheit ſind, mußte die Geheimräthin ſehr krank<lb/>ſein. Es waren nicht mehr Fliegen und Spinnen,<lb/>ſondern lauter Marionetten die ihr keine Ruhe ließen.<lb/>
Da kam der fieberkranke, blaſſe Johann und ſprang<lb/>
mit zuſammengehaltenen Beinen und fragte ſie, ob<lb/>
es nun nicht bald mit ihm zu Ende ginge? Dann<lb/>
füllte ſich die Schlafſtube mit der ganzen Geſellſchaft<lb/>
vom vorigen Abend, lauter Gliederpuppen, die an<lb/>
Drähten vom Schornſtein aus geführt wurden. Sie<lb/>
tanzten und das Holz klappte unangenehm. Wenn<lb/>ſie am Bette vorbei kommen, gähnten ſie und frag¬<lb/>
ten: ob es nicht bald Schlafenszeit wäre? Gern<lb/>
hätte die Geheimräthin geſehen, wer den Draht führte,<lb/>
aber ſie konnte, wie ſie auch ſich anſtrengte, den Kopf<lb/>
nicht in den Schornſtein zwängen, und wenn es ihr<lb/>
einmal gelang, ſchoß eine neue Figur herunter und<lb/>ſchreckte ſie zurück. Dazu klappte ihr Mann als<lb/>
Pantalone immerfort durch die Stube, und hauchte<lb/>ſich in die Hände und ſagte, ihn fröre, und wer ihn<lb/>
nur heiß machen könne! Da rief eine Stimme aus<lb/>
dem Schornſtein, deren ſie ſich nicht entſann, aber<lb/></p></div></body></text></TEI>
[75/0089]
noch zu Hauſe treffen. Und ich ließe ihn dringend
erſuchen mich zu beſuchen, ehe er zur Prinzeß Fer¬
dinand fährt. Die hält ihn immer ſo lange auf.
Ja, hört Sie, es ſoll ihm recht dringend gemacht
werden, denn ich fühle, ich werde ſehr krank werden.
Und er kann auch für den Johann gleich ein Recept ver¬
ſchreiben, die Sache muß doch endlich zu Ende kommen.“
Wenn ängſtliche Träume ein Zeichen der Unge¬
ſundheit ſind, mußte die Geheimräthin ſehr krank
ſein. Es waren nicht mehr Fliegen und Spinnen,
ſondern lauter Marionetten die ihr keine Ruhe ließen.
Da kam der fieberkranke, blaſſe Johann und ſprang
mit zuſammengehaltenen Beinen und fragte ſie, ob
es nun nicht bald mit ihm zu Ende ginge? Dann
füllte ſich die Schlafſtube mit der ganzen Geſellſchaft
vom vorigen Abend, lauter Gliederpuppen, die an
Drähten vom Schornſtein aus geführt wurden. Sie
tanzten und das Holz klappte unangenehm. Wenn
ſie am Bette vorbei kommen, gähnten ſie und frag¬
ten: ob es nicht bald Schlafenszeit wäre? Gern
hätte die Geheimräthin geſehen, wer den Draht führte,
aber ſie konnte, wie ſie auch ſich anſtrengte, den Kopf
nicht in den Schornſtein zwängen, und wenn es ihr
einmal gelang, ſchoß eine neue Figur herunter und
ſchreckte ſie zurück. Dazu klappte ihr Mann als
Pantalone immerfort durch die Stube, und hauchte
ſich in die Hände und ſagte, ihn fröre, und wer ihn
nur heiß machen könne! Da rief eine Stimme aus
dem Schornſtein, deren ſie ſich nicht entſann, aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/89>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.