Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

keine Feindseligkeit, sondern nur ein Schauspiel ent¬
deckt, was sich gewiß schon oft ereignet, und zur
gegenseitigen Herzenserheiterung noch oft wiederholen
sollte. Diesmal mußten jedoch einige der Fischweiber
in ihre Klagen und Repliken noch andre Anzüglich¬
keiten eingemischt haben, welche die Köchin des ält¬
lichen Herrn veranlaßten, durch deutliches Zupfen am
Aermel ihn zu einem frühzeitigeren Rückzug zu veran¬
lassen, als ihm lieb schien. Eines der Weiber, ob nun
im Scherz oder Ernst, hatte ihm ein altes Fischnetz
nachgeworfen mit der Bemerkung: das wolle sie ihm
schenken, damit ihm seine Fische nicht durchgingen wie
seine Gefangenen! Das Netz hatte unglücklicherweise
seinen Kopf getroffen und die Perücke heruntergerissen.
Während die Köchin sich danach bückte, waren ihr
die Fische aus dem Korbe geglitten. Das Wieder¬
einfangen der Aale verursachte allgemeine Lustigkeit
und neuen Aufruhr, worüber man zuerst nicht bemerkte,
daß sie ihm in der Hast die Perücke verkehrt aufge¬
stülpt hatte, was denn das Gelächter unwiderstehlich
machte, und weder der Rückzug noch die Ajustirung
der Perücke halfen vor dem Troß begleitender Gassen¬
jungen und dem Gelächter der Neugierigen, welche
der Lärm an die Fenster zog.

"Ach der Herr Geheimrath Lupinus! hatte die
Tante ausgerufen. Das ist ein spaßiger Mann! Wie
niederträchtig er ist, auch gegen die gemeinsten Leute.
Sieh mal, selbst dem Apfelweib wirft er 'ne Ku߬
hand zu, und so gravitätisch, wie zum Menuet!

keine Feindſeligkeit, ſondern nur ein Schauſpiel ent¬
deckt, was ſich gewiß ſchon oft ereignet, und zur
gegenſeitigen Herzenserheiterung noch oft wiederholen
ſollte. Diesmal mußten jedoch einige der Fiſchweiber
in ihre Klagen und Repliken noch andre Anzüglich¬
keiten eingemiſcht haben, welche die Köchin des ält¬
lichen Herrn veranlaßten, durch deutliches Zupfen am
Aermel ihn zu einem frühzeitigeren Rückzug zu veran¬
laſſen, als ihm lieb ſchien. Eines der Weiber, ob nun
im Scherz oder Ernſt, hatte ihm ein altes Fiſchnetz
nachgeworfen mit der Bemerkung: das wolle ſie ihm
ſchenken, damit ihm ſeine Fiſche nicht durchgingen wie
ſeine Gefangenen! Das Netz hatte unglücklicherweiſe
ſeinen Kopf getroffen und die Perücke heruntergeriſſen.
Während die Köchin ſich danach bückte, waren ihr
die Fiſche aus dem Korbe geglitten. Das Wieder¬
einfangen der Aale verurſachte allgemeine Luſtigkeit
und neuen Aufruhr, worüber man zuerſt nicht bemerkte,
daß ſie ihm in der Haſt die Perücke verkehrt aufge¬
ſtülpt hatte, was denn das Gelächter unwiderſtehlich
machte, und weder der Rückzug noch die Ajuſtirung
der Perücke halfen vor dem Troß begleitender Gaſſen¬
jungen und dem Gelächter der Neugierigen, welche
der Lärm an die Fenſter zog.

„Ach der Herr Geheimrath Lupinus! hatte die
Tante ausgerufen. Das iſt ein ſpaßiger Mann! Wie
niederträchtig er iſt, auch gegen die gemeinſten Leute.
Sieh mal, ſelbſt dem Apfelweib wirft er 'ne Ku߬
hand zu, und ſo gravitätiſch, wie zum Menuet!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0290" n="276"/>
keine Feind&#x017F;eligkeit, &#x017F;ondern nur ein Schau&#x017F;piel ent¬<lb/>
deckt, was &#x017F;ich gewiß &#x017F;chon oft ereignet, und zur<lb/>
gegen&#x017F;eitigen Herzenserheiterung noch oft wiederholen<lb/>
&#x017F;ollte. Diesmal mußten jedoch einige der Fi&#x017F;chweiber<lb/>
in ihre Klagen und Repliken noch andre Anzüglich¬<lb/>
keiten eingemi&#x017F;cht haben, welche die Köchin des ält¬<lb/>
lichen Herrn veranlaßten, durch deutliches Zupfen am<lb/>
Aermel ihn zu einem frühzeitigeren Rückzug zu veran¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, als ihm lieb &#x017F;chien. Eines der Weiber, ob nun<lb/>
im Scherz oder Ern&#x017F;t, hatte ihm ein altes Fi&#x017F;chnetz<lb/>
nachgeworfen mit der Bemerkung: das wolle &#x017F;ie ihm<lb/>
&#x017F;chenken, damit ihm &#x017F;eine Fi&#x017F;che nicht durchgingen wie<lb/>
&#x017F;eine Gefangenen! Das Netz hatte unglücklicherwei&#x017F;e<lb/>
&#x017F;einen Kopf getroffen und die Perücke heruntergeri&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Während die Köchin &#x017F;ich danach bückte, waren ihr<lb/>
die Fi&#x017F;che aus dem Korbe geglitten. Das Wieder¬<lb/>
einfangen der Aale verur&#x017F;achte allgemeine Lu&#x017F;tigkeit<lb/>
und neuen Aufruhr, worüber man zuer&#x017F;t nicht bemerkte,<lb/>
daß &#x017F;ie ihm in der Ha&#x017F;t die Perücke verkehrt aufge¬<lb/>
&#x017F;tülpt hatte, was denn das Gelächter unwider&#x017F;tehlich<lb/>
machte, und weder der Rückzug noch die Aju&#x017F;tirung<lb/>
der Perücke halfen vor dem Troß begleitender Ga&#x017F;&#x017F;en¬<lb/>
jungen und dem Gelächter der Neugierigen, welche<lb/>
der Lärm an die Fen&#x017F;ter zog.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach der Herr Geheimrath Lupinus! hatte die<lb/>
Tante ausgerufen. Das i&#x017F;t ein &#x017F;paßiger Mann! Wie<lb/>
niederträchtig er i&#x017F;t, auch gegen die gemein&#x017F;ten Leute.<lb/>
Sieh mal, &#x017F;elb&#x017F;t dem Apfelweib wirft er 'ne Ku߬<lb/>
hand zu, und &#x017F;o gravitäti&#x017F;ch, wie zum Menuet!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0290] keine Feindſeligkeit, ſondern nur ein Schauſpiel ent¬ deckt, was ſich gewiß ſchon oft ereignet, und zur gegenſeitigen Herzenserheiterung noch oft wiederholen ſollte. Diesmal mußten jedoch einige der Fiſchweiber in ihre Klagen und Repliken noch andre Anzüglich¬ keiten eingemiſcht haben, welche die Köchin des ält¬ lichen Herrn veranlaßten, durch deutliches Zupfen am Aermel ihn zu einem frühzeitigeren Rückzug zu veran¬ laſſen, als ihm lieb ſchien. Eines der Weiber, ob nun im Scherz oder Ernſt, hatte ihm ein altes Fiſchnetz nachgeworfen mit der Bemerkung: das wolle ſie ihm ſchenken, damit ihm ſeine Fiſche nicht durchgingen wie ſeine Gefangenen! Das Netz hatte unglücklicherweiſe ſeinen Kopf getroffen und die Perücke heruntergeriſſen. Während die Köchin ſich danach bückte, waren ihr die Fiſche aus dem Korbe geglitten. Das Wieder¬ einfangen der Aale verurſachte allgemeine Luſtigkeit und neuen Aufruhr, worüber man zuerſt nicht bemerkte, daß ſie ihm in der Haſt die Perücke verkehrt aufge¬ ſtülpt hatte, was denn das Gelächter unwiderſtehlich machte, und weder der Rückzug noch die Ajuſtirung der Perücke halfen vor dem Troß begleitender Gaſſen¬ jungen und dem Gelächter der Neugierigen, welche der Lärm an die Fenſter zog. „Ach der Herr Geheimrath Lupinus! hatte die Tante ausgerufen. Das iſt ein ſpaßiger Mann! Wie niederträchtig er iſt, auch gegen die gemeinſten Leute. Sieh mal, ſelbſt dem Apfelweib wirft er 'ne Ku߬ hand zu, und ſo gravitätiſch, wie zum Menuet!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/290
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/290>, abgerufen am 21.05.2024.