Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.rief draußen: "Halten zu Gnaden, Excellenz, das Bovillard hatte mit einem glücklichen Griff seinen "Zwei Papiere?" "Ist gleichgültig, er muß doch springen." "Muß er absolut!" "Ist sehr gesund für sein Podagra." Der Minister war in einen Sessel gesunken: "Hätte's beinah vergessen! Mais, c'est bon!" "Wozu Rigorosität gegen einen Mitmenschen, der "Also Allen Sündern soll vergeben Und die Hölle nicht mehr sein!" "Bovillard, Ihnen fließt es ja von den Fin¬ rief draußen: „Halten zu Gnaden, Excellenz, das Bovillard hatte mit einem glücklichen Griff ſeinen „Zwei Papiere?“ „Iſt gleichgültig, er muß doch ſpringen.“ „Muß er abſolut!“ „Iſt ſehr geſund für ſein Podagra.“ Der Miniſter war in einen Seſſel geſunken: „Hätte's beinah vergeſſen! Mais, ç'est bon!“ „Wozu Rigoroſität gegen einen Mitmenſchen, der „Alſo Allen Sündern ſoll vergeben Und die Hölle nicht mehr ſein!“ „Bovillard, Ihnen fließt es ja von den Fin¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0279" n="265"/> rief draußen: „Halten zu Gnaden, Excellenz, das<lb/><hi rendition="#aq">Citissime</hi>! — Das <hi rendition="#aq">Citissime</hi>, das Gutachten des Mi¬<lb/> niſteriums an Seine Majeſtät den König. Herr Ge¬<lb/> heime Kabinetsrath Beyme haben ſchon zwei Expreſſen<lb/> geſchickt. Heut Abend um ſechs iſt Vortrag bei Seiner Ma¬<lb/> jeſtät; ſämmtliche Gutachten der Miniſterien ſind in<lb/> des Herrn Kabinetsraths Händen, nur unſeres fehlt<lb/> noch. Der Bote ſteht auf Kohlen.“</p><lb/> <p>Bovillard hatte mit einem glücklichen Griff ſeinen<lb/> Rock erfaßt und warf die Papiere auf den Tiſch:<lb/> „Da Excellenz — ein Bischen ſchmutzig. Schadet<lb/> nichts, die Sache iſt's auch. Unterſchreibe —“</p><lb/> <p>„Zwei Papiere?“</p><lb/> <p>„Iſt gleichgültig, er muß doch ſpringen.“</p><lb/> <p>„Muß er abſolut!“</p><lb/> <p>„Iſt ſehr geſund für ſein Podagra.“</p><lb/> <p>Der Miniſter war in einen Seſſel geſunken:<lb/> „Muß er denn! Wir ſitzen ſo fröhlich beiſammen —<lb/> und Stein kommt ja nicht.“</p><lb/> <p>„Hätte's beinah vergeſſen! <hi rendition="#aq">Mais, ç'est bon</hi>!“</p><lb/> <p>„Wozu Rigoroſität gegen einen Mitmenſchen, der<lb/> uns nichts gethan hat,“ ſprach St. Real.</p><lb/> <p>„Alſo</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#et">Allen Sündern ſoll vergeben</l><lb/> <l rendition="#et">Und die Hölle nicht mehr ſein!“</l><lb/> </lg> <p>„Bovillard, Ihnen fließt es ja von den Fin¬<lb/> gern. Da an der Ecke auf dem Schreibtiſch, ein<lb/> anderes Gutachten. Kurz nur. Wegen der Förm¬<lb/> lichkeit weiß ja Beyme wie wir's halten. Trin¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [265/0279]
rief draußen: „Halten zu Gnaden, Excellenz, das
Citissime! — Das Citissime, das Gutachten des Mi¬
niſteriums an Seine Majeſtät den König. Herr Ge¬
heime Kabinetsrath Beyme haben ſchon zwei Expreſſen
geſchickt. Heut Abend um ſechs iſt Vortrag bei Seiner Ma¬
jeſtät; ſämmtliche Gutachten der Miniſterien ſind in
des Herrn Kabinetsraths Händen, nur unſeres fehlt
noch. Der Bote ſteht auf Kohlen.“
Bovillard hatte mit einem glücklichen Griff ſeinen
Rock erfaßt und warf die Papiere auf den Tiſch:
„Da Excellenz — ein Bischen ſchmutzig. Schadet
nichts, die Sache iſt's auch. Unterſchreibe —“
„Zwei Papiere?“
„Iſt gleichgültig, er muß doch ſpringen.“
„Muß er abſolut!“
„Iſt ſehr geſund für ſein Podagra.“
Der Miniſter war in einen Seſſel geſunken:
„Muß er denn! Wir ſitzen ſo fröhlich beiſammen —
und Stein kommt ja nicht.“
„Hätte's beinah vergeſſen! Mais, ç'est bon!“
„Wozu Rigoroſität gegen einen Mitmenſchen, der
uns nichts gethan hat,“ ſprach St. Real.
„Alſo
Allen Sündern ſoll vergeben
Und die Hölle nicht mehr ſein!“
„Bovillard, Ihnen fließt es ja von den Fin¬
gern. Da an der Ecke auf dem Schreibtiſch, ein
anderes Gutachten. Kurz nur. Wegen der Förm¬
lichkeit weiß ja Beyme wie wir's halten. Trin¬
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