entsprochen, entgegnete Charlotte, und Herr Ge¬ heimrath wissen auch, was ich immer gesagt habe von der Infanterie. Er stellte sich sonst ganz repu¬ tirlich an, denn Wahrheit muß Wahrheit bleiben, aber er hatte kein Herz für die Kinder, und war von Profession, wie ich jetzt erfahren mußte, ein Schneider. 'S ist wahr, er hat eine Civilanstellung erhalten, aber was ist das, ein Nachtwächterposten! Wenn er mir das früher gesagt hätte, ich hätte ihn schön angesehen. Nein, Herr Geheimrath hatten ganz recht, wenn Sie mich warnten. So wegwerfen werde ich mich nicht, und ich sehe ihn auch gar nicht mehr an, wenn ich ihm begegne. Dieser Wachtmeister aber hat ein wirkliches Gemüth für die Kinder, und er ist ein Wittwer. Prinz Louis Ferdinand hat zu ihm gesagt, er sollte sich trösten, der Soldat wäre so besser accommodirt; und das ist wahr, sagt er, wenn's wieder losgeht, ist der Pallasch die beste Braut für den Dragoner. Aber wenn Friede bleibt, sagt er, will er den Pallasch hinter die Thür hängen und sich nach einer Frau umsehen. Und, sagt er, eine die treu ihrem Herrn gedient hat, die ist ihm lieber, als eine, die noch nicht gedient hat, denn da weiß er nicht, was er kriegt. Und eine, die ihre Jugend ihrem Herrn geopfert hat, die wird der Herr doch nicht ohne gute Aussteuer fortlassen, das müßte ja ein schmutziger Herr sein. Und das kann ich wohl von meinem Herrn sagen, sagte ich, er wird sich nicht lumpen lassen; der Herr Geheimrath haben's mir oft
entſprochen, entgegnete Charlotte, und Herr Ge¬ heimrath wiſſen auch, was ich immer geſagt habe von der Infanterie. Er ſtellte ſich ſonſt ganz repu¬ tirlich an, denn Wahrheit muß Wahrheit bleiben, aber er hatte kein Herz für die Kinder, und war von Profeſſion, wie ich jetzt erfahren mußte, ein Schneider. 'S iſt wahr, er hat eine Civilanſtellung erhalten, aber was iſt das, ein Nachtwächterpoſten! Wenn er mir das früher geſagt hätte, ich hätte ihn ſchön angeſehen. Nein, Herr Geheimrath hatten ganz recht, wenn Sie mich warnten. So wegwerfen werde ich mich nicht, und ich ſehe ihn auch gar nicht mehr an, wenn ich ihm begegne. Dieſer Wachtmeiſter aber hat ein wirkliches Gemüth für die Kinder, und er iſt ein Wittwer. Prinz Louis Ferdinand hat zu ihm geſagt, er ſollte ſich tröſten, der Soldat wäre ſo beſſer accommodirt; und das iſt wahr, ſagt er, wenn's wieder losgeht, iſt der Pallaſch die beſte Braut für den Dragoner. Aber wenn Friede bleibt, ſagt er, will er den Pallaſch hinter die Thür hängen und ſich nach einer Frau umſehen. Und, ſagt er, eine die treu ihrem Herrn gedient hat, die iſt ihm lieber, als eine, die noch nicht gedient hat, denn da weiß er nicht, was er kriegt. Und eine, die ihre Jugend ihrem Herrn geopfert hat, die wird der Herr doch nicht ohne gute Ausſteuer fortlaſſen, das müßte ja ein ſchmutziger Herr ſein. Und das kann ich wohl von meinem Herrn ſagen, ſagte ich, er wird ſich nicht lumpen laſſen; der Herr Geheimrath haben's mir oft
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[13/0027]
entſprochen, entgegnete Charlotte, und Herr Ge¬
heimrath wiſſen auch, was ich immer geſagt habe
von der Infanterie. Er ſtellte ſich ſonſt ganz repu¬
tirlich an, denn Wahrheit muß Wahrheit bleiben,
aber er hatte kein Herz für die Kinder, und war
von Profeſſion, wie ich jetzt erfahren mußte, ein
Schneider. 'S iſt wahr, er hat eine Civilanſtellung
erhalten, aber was iſt das, ein Nachtwächterpoſten!
Wenn er mir das früher geſagt hätte, ich hätte ihn
ſchön angeſehen. Nein, Herr Geheimrath hatten ganz
recht, wenn Sie mich warnten. So wegwerfen werde
ich mich nicht, und ich ſehe ihn auch gar nicht mehr
an, wenn ich ihm begegne. Dieſer Wachtmeiſter aber
hat ein wirkliches Gemüth für die Kinder, und er
iſt ein Wittwer. Prinz Louis Ferdinand hat zu ihm
geſagt, er ſollte ſich tröſten, der Soldat wäre ſo
beſſer accommodirt; und das iſt wahr, ſagt er, wenn's
wieder losgeht, iſt der Pallaſch die beſte Braut für
den Dragoner. Aber wenn Friede bleibt, ſagt er,
will er den Pallaſch hinter die Thür hängen und ſich
nach einer Frau umſehen. Und, ſagt er, eine die
treu ihrem Herrn gedient hat, die iſt ihm lieber, als
eine, die noch nicht gedient hat, denn da weiß er nicht,
was er kriegt. Und eine, die ihre Jugend ihrem
Herrn geopfert hat, die wird der Herr doch nicht
ohne gute Ausſteuer fortlaſſen, das müßte ja ein
ſchmutziger Herr ſein. Und das kann ich wohl von
meinem Herrn ſagen, ſagte ich, er wird ſich nicht
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/27>, abgerufen am 22.11.2024.
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