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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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lichkeit Platz auf dem Gartenschemel. Lieber hätte er
in einem Fauteuil gesessen.

"Ach wer auch eine Frau hätte, die uns Strümpfe
strickte!"

"Ist Ihre Schuld, Bovillard. Warum haben
Sie nicht wieder geheirathet?"

"Wo jetzt Frauen finden, die wie Excellenz nur
für das Glück ihres Mannes leben."

"Wenn man sie suchte, würde man sie schon
finden."

"Alles will jetzt ästhetisch sein."
"Und Sie, wenn Sie eine Frau hätten, die
Ihnen Strümpfe strickte, würden französische Spott¬
verse auf sie machen. Im Ernst, Geheimrath. Bes¬
sern Sie sich ein Bischen."

"Soll ich katholisch werden, wie Graf Stollberg?
Wenn Excellenz befehlen tout a vos ordres."

"Pfui über den Spötter und Atheisten! Da
sitzen sie nun wieder mit dem Rücken gegen die Natur."

"Ich kann Excellenz doch nicht den Rücken kehren."

"Sinn für Häuslichkeit einem so eingefleischten
Admirateur der französischen Literatur beizubringen,
müssen wir wohl aufgeben, aber rührt Sie denn gar
nicht die Natur, hat nie eine Nachtigall Sie ergriffen?"

"Nein, Excellenz! Aber ich hätte beinahe mal
eine ergriffen. Sie flatterte nur wieder fort."

"Incorrigibler Flattergeist! Sehn Sie, meine
Angelique laß ich Vossens Louise lesen, und freue
mich wie das Kind immer mehr Sinn dafür bekommt."

lichkeit Platz auf dem Gartenſchemel. Lieber hätte er
in einem Fauteuil geſeſſen.

„Ach wer auch eine Frau hätte, die uns Strümpfe
ſtrickte!“

„Iſt Ihre Schuld, Bovillard. Warum haben
Sie nicht wieder geheirathet?“

„Wo jetzt Frauen finden, die wie Excellenz nur
für das Glück ihres Mannes leben.“

„Wenn man ſie ſuchte, würde man ſie ſchon
finden.“

„Alles will jetzt äſthetiſch ſein.“
„Und Sie, wenn Sie eine Frau hätten, die
Ihnen Strümpfe ſtrickte, würden franzöſiſche Spott¬
verſe auf ſie machen. Im Ernſt, Geheimrath. Beſ¬
ſern Sie ſich ein Bischen.“

„Soll ich katholiſch werden, wie Graf Stollberg?
Wenn Excellenz befehlen tout à vos ordres.“

„Pfui über den Spötter und Atheiſten! Da
ſitzen ſie nun wieder mit dem Rücken gegen die Natur.“

„Ich kann Excellenz doch nicht den Rücken kehren.“

„Sinn für Häuslichkeit einem ſo eingefleiſchten
Admirateur der franzöſiſchen Literatur beizubringen,
müſſen wir wohl aufgeben, aber rührt Sie denn gar
nicht die Natur, hat nie eine Nachtigall Sie ergriffen?“

„Nein, Excellenz! Aber ich hätte beinahe mal
eine ergriffen. Sie flatterte nur wieder fort.“

„Incorrigibler Flattergeiſt! Sehn Sie, meine
Angelique laß ich Voſſens Louiſe leſen, und freue
mich wie das Kind immer mehr Sinn dafür bekommt.“

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[220/0234] lichkeit Platz auf dem Gartenſchemel. Lieber hätte er in einem Fauteuil geſeſſen. „Ach wer auch eine Frau hätte, die uns Strümpfe ſtrickte!“ „Iſt Ihre Schuld, Bovillard. Warum haben Sie nicht wieder geheirathet?“ „Wo jetzt Frauen finden, die wie Excellenz nur für das Glück ihres Mannes leben.“ „Wenn man ſie ſuchte, würde man ſie ſchon finden.“ „Alles will jetzt äſthetiſch ſein.“ „Und Sie, wenn Sie eine Frau hätten, die Ihnen Strümpfe ſtrickte, würden franzöſiſche Spott¬ verſe auf ſie machen. Im Ernſt, Geheimrath. Beſ¬ ſern Sie ſich ein Bischen.“ „Soll ich katholiſch werden, wie Graf Stollberg? Wenn Excellenz befehlen tout à vos ordres.“ „Pfui über den Spötter und Atheiſten! Da ſitzen ſie nun wieder mit dem Rücken gegen die Natur.“ „Ich kann Excellenz doch nicht den Rücken kehren.“ „Sinn für Häuslichkeit einem ſo eingefleiſchten Admirateur der franzöſiſchen Literatur beizubringen, müſſen wir wohl aufgeben, aber rührt Sie denn gar nicht die Natur, hat nie eine Nachtigall Sie ergriffen?“ „Nein, Excellenz! Aber ich hätte beinahe mal eine ergriffen. Sie flatterte nur wieder fort.“ „Incorrigibler Flattergeiſt! Sehn Sie, meine Angelique laß ich Voſſens Louiſe leſen, und freue mich wie das Kind immer mehr Sinn dafür bekommt.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/234>, abgerufen am 24.11.2024.