Friede im Lande, keine Kaffeeriecher, den Taback kaufte man zu mäßigen Preisen, die Geisterbanner und Frömmler waren fortgeschickt, Handel und Gewerbe blühten, die Soldaten waren zwar noch Soldaten, aber man konnte sich ja vor ihnen hüten, und der König und die schöne Königin fuhren so bürgerlich geschmückt, so herzlich und zutraulich durchs Volk. Keine Läufer, selten ein Vorreiter, oft in einer ein¬ fachen zweispännigen Kutsche. Das Volk fing an diese Annäherung zu verstehen und zu würdigen, und -- es liebte seinen König.
Darum war bald der dritte August, des Königs Geburtstag, ein Feiertag geworden. Sie gingen vor's Thor, in die Schenkgärten, sie strömten aufs Land, in die Dörfer, die glücklichen Familien, welche die Sorgen abwerfen konnten, um einen sorgenfreien Tag unter Gottes freiem Himmel zu feiern.
Auf dem Hochplateau, südlich von Berlin, lag damals ein ländliches Dorf mit hohen schönen, dicht umwipfelten Bäumen, mit moosbewachsenen Schilf¬ dächern und einer alten gothischen Kirche von Gra¬ nitquadern. Nur eine halbe Meile von der Stadt, versank doch das Dorf fast unter den hohen Korn¬ feldern, wo die Aehre im Lehmboden üppig wucherte. Von all dem ist nur die Kirche von Granit geblie¬ ben, einst eine Besitzung der Tempelherren, von de¬ nen das Dorf den Namen trägt. Diese sind vor alten Zeiten schon von der märkischen, und von der Erde überhaupt verschwunden, und das Feuer, das
Friede im Lande, keine Kaffeeriecher, den Taback kaufte man zu mäßigen Preiſen, die Geiſterbanner und Frömmler waren fortgeſchickt, Handel und Gewerbe blühten, die Soldaten waren zwar noch Soldaten, aber man konnte ſich ja vor ihnen hüten, und der König und die ſchöne Königin fuhren ſo bürgerlich geſchmückt, ſo herzlich und zutraulich durchs Volk. Keine Läufer, ſelten ein Vorreiter, oft in einer ein¬ fachen zweiſpännigen Kutſche. Das Volk fing an dieſe Annäherung zu verſtehen und zu würdigen, und — es liebte ſeinen König.
Darum war bald der dritte Auguſt, des Königs Geburtstag, ein Feiertag geworden. Sie gingen vor's Thor, in die Schenkgärten, ſie ſtrömten aufs Land, in die Dörfer, die glücklichen Familien, welche die Sorgen abwerfen konnten, um einen ſorgenfreien Tag unter Gottes freiem Himmel zu feiern.
Auf dem Hochplateau, ſüdlich von Berlin, lag damals ein ländliches Dorf mit hohen ſchönen, dicht umwipfelten Bäumen, mit moosbewachſenen Schilf¬ dächern und einer alten gothiſchen Kirche von Gra¬ nitquadern. Nur eine halbe Meile von der Stadt, verſank doch das Dorf faſt unter den hohen Korn¬ feldern, wo die Aehre im Lehmboden üppig wucherte. Von all dem iſt nur die Kirche von Granit geblie¬ ben, einſt eine Beſitzung der Tempelherren, von de¬ nen das Dorf den Namen trägt. Dieſe ſind vor alten Zeiten ſchon von der märkiſchen, und von der Erde überhaupt verſchwunden, und das Feuer, das
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Friede im Lande, keine Kaffeeriecher, den Taback kaufte
man zu mäßigen Preiſen, die Geiſterbanner und
Frömmler waren fortgeſchickt, Handel und Gewerbe
blühten, die Soldaten waren zwar noch Soldaten,
aber man konnte ſich ja vor ihnen hüten, und der
König und die ſchöne Königin fuhren ſo bürgerlich
geſchmückt, ſo herzlich und zutraulich durchs Volk.
Keine Läufer, ſelten ein Vorreiter, oft in einer ein¬
fachen zweiſpännigen Kutſche. Das Volk fing an
dieſe Annäherung zu verſtehen und zu würdigen, und
— es liebte ſeinen König.
Darum war bald der dritte Auguſt, des Königs
Geburtstag, ein Feiertag geworden. Sie gingen vor's
Thor, in die Schenkgärten, ſie ſtrömten aufs Land,
in die Dörfer, die glücklichen Familien, welche die
Sorgen abwerfen konnten, um einen ſorgenfreien Tag
unter Gottes freiem Himmel zu feiern.
Auf dem Hochplateau, ſüdlich von Berlin, lag
damals ein ländliches Dorf mit hohen ſchönen, dicht
umwipfelten Bäumen, mit moosbewachſenen Schilf¬
dächern und einer alten gothiſchen Kirche von Gra¬
nitquadern. Nur eine halbe Meile von der Stadt,
verſank doch das Dorf faſt unter den hohen Korn¬
feldern, wo die Aehre im Lehmboden üppig wucherte.
Von all dem iſt nur die Kirche von Granit geblie¬
ben, einſt eine Beſitzung der Tempelherren, von de¬
nen das Dorf den Namen trägt. Dieſe ſind vor
alten Zeiten ſchon von der märkiſchen, und von der
Erde überhaupt verſchwunden, und das Feuer, das
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/131>, abgerufen am 24.11.2024.
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