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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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"Um so schlimmer. Der Mann wäre im Stande --"

Der Geheimrath hielt plötzlich, wie durch eine
Erinnerung gestört inne.

Ein Secretair unterbrach das Gespräch in einem
Augenblick, wo der Geheimrath selbst im Begriff
stand es zu enden, vielleicht weil ihm Gedanken
aufstiegen, für die Fuchsius ihm nicht der geeignete
Vertraute schien.

"Ich kann heut Niemand mehr empfangen, rief
er dem Secretair zu: Mein Gott, wenn man doch
wüßte, wie ich überlaufen bin. Ich kann mich doch
nicht verdoppeln und verdreifachen."

Der Secretair nannte einen Namen. Das Ge¬
sicht des Wirklichen verzog sich merklich in die Länge.

"Diesmal werden Herr Geheimrath ihn wohl
nicht abweisen können, sagte der Rath. Sie ließen
ihn durch mich auf diese Stunde bescheiden."

Aufgähnend und mit einer französischen Phrase
fand sich der Geheimrath in sein Schicksal.

Der Rath beurlaubte sich, das nächste Gespräch
würde wohl -- besser ohne Zeugen geführt.

Ein Anderer, dachte der Wirkliche, würde in
seiner Stelle die Last mir abzunehmen verstanden
haben. Aber das Insinuante, entweder das Geschick
oder die Neigung, sich ihren Oberen gefällig zu zeigen,
fehlt den jungen Männern von heut. Er hat Kopf,
Talent, Geschick, Kenntnisse, auch Gewissenhaftigkeit
-- nur zu viel. Während zu unserer Zeit der An¬
fänger es seine erste Aufgabe sein ließ, nachzusinnen.

7*

„Um ſo ſchlimmer. Der Mann wäre im Stande —“

Der Geheimrath hielt plötzlich, wie durch eine
Erinnerung geſtört inne.

Ein Secretair unterbrach das Geſpräch in einem
Augenblick, wo der Geheimrath ſelbſt im Begriff
ſtand es zu enden, vielleicht weil ihm Gedanken
aufſtiegen, für die Fuchſius ihm nicht der geeignete
Vertraute ſchien.

„Ich kann heut Niemand mehr empfangen, rief
er dem Secretair zu: Mein Gott, wenn man doch
wüßte, wie ich überlaufen bin. Ich kann mich doch
nicht verdoppeln und verdreifachen.“

Der Secretair nannte einen Namen. Das Ge¬
ſicht des Wirklichen verzog ſich merklich in die Länge.

„Diesmal werden Herr Geheimrath ihn wohl
nicht abweiſen können, ſagte der Rath. Sie ließen
ihn durch mich auf dieſe Stunde beſcheiden.“

Aufgähnend und mit einer franzöſiſchen Phraſe
fand ſich der Geheimrath in ſein Schickſal.

Der Rath beurlaubte ſich, das nächſte Geſpräch
würde wohl — beſſer ohne Zeugen geführt.

Ein Anderer, dachte der Wirkliche, würde in
ſeiner Stelle die Laſt mir abzunehmen verſtanden
haben. Aber das Inſinuante, entweder das Geſchick
oder die Neigung, ſich ihren Oberen gefällig zu zeigen,
fehlt den jungen Männern von heut. Er hat Kopf,
Talent, Geſchick, Kenntniſſe, auch Gewiſſenhaftigkeit
— nur zu viel. Während zu unſerer Zeit der An¬
fänger es ſeine erſte Aufgabe ſein ließ, nachzuſinnen.

7*
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[99/0113] „Um ſo ſchlimmer. Der Mann wäre im Stande —“ Der Geheimrath hielt plötzlich, wie durch eine Erinnerung geſtört inne. Ein Secretair unterbrach das Geſpräch in einem Augenblick, wo der Geheimrath ſelbſt im Begriff ſtand es zu enden, vielleicht weil ihm Gedanken aufſtiegen, für die Fuchſius ihm nicht der geeignete Vertraute ſchien. „Ich kann heut Niemand mehr empfangen, rief er dem Secretair zu: Mein Gott, wenn man doch wüßte, wie ich überlaufen bin. Ich kann mich doch nicht verdoppeln und verdreifachen.“ Der Secretair nannte einen Namen. Das Ge¬ ſicht des Wirklichen verzog ſich merklich in die Länge. „Diesmal werden Herr Geheimrath ihn wohl nicht abweiſen können, ſagte der Rath. Sie ließen ihn durch mich auf dieſe Stunde beſcheiden.“ Aufgähnend und mit einer franzöſiſchen Phraſe fand ſich der Geheimrath in ſein Schickſal. Der Rath beurlaubte ſich, das nächſte Geſpräch würde wohl — beſſer ohne Zeugen geführt. Ein Anderer, dachte der Wirkliche, würde in ſeiner Stelle die Laſt mir abzunehmen verſtanden haben. Aber das Inſinuante, entweder das Geſchick oder die Neigung, ſich ihren Oberen gefällig zu zeigen, fehlt den jungen Männern von heut. Er hat Kopf, Talent, Geſchick, Kenntniſſe, auch Gewiſſenhaftigkeit — nur zu viel. Während zu unſerer Zeit der An¬ fänger es ſeine erſte Aufgabe ſein ließ, nachzuſinnen. 7*

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/113>, abgerufen am 24.11.2024.