lich sich Unterricht über den siebenjährigen Krieg geben zu lassen?"
"Spötter! wissen Sie was Napoleon über den Baseler Frieden sagte?"
"Die erste Wunde unserer Ehre!" seufzte der Rath.
"Das gab er selbst zu. Erkennen Sie die Größe des Mannes. Aber nach diesem Frieden sei es Preußens Aufgabe gewesen die demarkirten Theile von Deutschland, die unter seinen Schutz gegeben waren, sich zu unterwerfen. Ein kleines Unrecht, rief er, kann in der Politik nur gut gemacht werden durch ein großes Unrecht. Was wäre Preußen jetzt, es stände da, eine Europäische Macht, die nicht nöthig hätte, Sie, mein lieber Lombard, zu mir zu schicken, um mich zu sondiren. Es wäre an mir gewesen, zu Ihnen zu schicken, ich hätte aber freilich schwer einen Lombard gefunden. Er that einige Schritte im Zimmer auf und ab. Aber es thut nichts, hub er wieder an. Preußen ist ohnedem was es ist. Der Genius Friedrichs schwebt über ihm, und die Fittiche seines Adlers rauschen stark genug, daß sich so leicht kein Feind heranwagt."
"Und weiter berichtet Lombard nichts?"
"Sie bleiben ein ungläubiger Thomas. Der Kaiser ist nicht allein weit entfernt von einer feind¬ lichen Absicht, sondern eine innige Verbindung mit uns wäre sein Wunsch. Wohl verstanden eine Alli¬ ance, welche die Zügel der Welt in die Hand nimmt. Civilisation, Cultur, wahre Aufklärung, das Glück
lich ſich Unterricht über den ſiebenjährigen Krieg geben zu laſſen?“
„Spötter! wiſſen Sie was Napoleon über den Baſeler Frieden ſagte?“
„Die erſte Wunde unſerer Ehre!“ ſeufzte der Rath.
„Das gab er ſelbſt zu. Erkennen Sie die Größe des Mannes. Aber nach dieſem Frieden ſei es Preußens Aufgabe geweſen die demarkirten Theile von Deutſchland, die unter ſeinen Schutz gegeben waren, ſich zu unterwerfen. Ein kleines Unrecht, rief er, kann in der Politik nur gut gemacht werden durch ein großes Unrecht. Was wäre Preußen jetzt, es ſtände da, eine Europäiſche Macht, die nicht nöthig hätte, Sie, mein lieber Lombard, zu mir zu ſchicken, um mich zu ſondiren. Es wäre an mir geweſen, zu Ihnen zu ſchicken, ich hätte aber freilich ſchwer einen Lombard gefunden. Er that einige Schritte im Zimmer auf und ab. Aber es thut nichts, hub er wieder an. Preußen iſt ohnedem was es iſt. Der Genius Friedrichs ſchwebt über ihm, und die Fittiche ſeines Adlers rauſchen ſtark genug, daß ſich ſo leicht kein Feind heranwagt.“
„Und weiter berichtet Lombard nichts?“
„Sie bleiben ein ungläubiger Thomas. Der Kaiſer iſt nicht allein weit entfernt von einer feind¬ lichen Abſicht, ſondern eine innige Verbindung mit uns wäre ſein Wunſch. Wohl verſtanden eine Alli¬ ance, welche die Zügel der Welt in die Hand nimmt. Civiliſation, Cultur, wahre Aufklärung, das Glück
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lich ſich Unterricht über den ſiebenjährigen Krieg geben
zu laſſen?“
„Spötter! wiſſen Sie was Napoleon über den
Baſeler Frieden ſagte?“
„Die erſte Wunde unſerer Ehre!“ ſeufzte der Rath.
„Das gab er ſelbſt zu. Erkennen Sie die Größe
des Mannes. Aber nach dieſem Frieden ſei es
Preußens Aufgabe geweſen die demarkirten Theile
von Deutſchland, die unter ſeinen Schutz gegeben
waren, ſich zu unterwerfen. Ein kleines Unrecht, rief
er, kann in der Politik nur gut gemacht werden durch
ein großes Unrecht. Was wäre Preußen jetzt, es
ſtände da, eine Europäiſche Macht, die nicht nöthig
hätte, Sie, mein lieber Lombard, zu mir zu ſchicken,
um mich zu ſondiren. Es wäre an mir geweſen,
zu Ihnen zu ſchicken, ich hätte aber freilich ſchwer
einen Lombard gefunden. Er that einige Schritte
im Zimmer auf und ab. Aber es thut nichts, hub
er wieder an. Preußen iſt ohnedem was es iſt. Der
Genius Friedrichs ſchwebt über ihm, und die Fittiche
ſeines Adlers rauſchen ſtark genug, daß ſich ſo leicht
kein Feind heranwagt.“
„Und weiter berichtet Lombard nichts?“
„Sie bleiben ein ungläubiger Thomas. Der
Kaiſer iſt nicht allein weit entfernt von einer feind¬
lichen Abſicht, ſondern eine innige Verbindung mit
uns wäre ſein Wunſch. Wohl verſtanden eine Alli¬
ance, welche die Zügel der Welt in die Hand nimmt.
Civiliſation, Cultur, wahre Aufklärung, das Glück
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/106>, abgerufen am 23.11.2024.
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