[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

Hirnschleiffer.

lieblichen geruch geziert/ wie zu sehen ist in den
aiten monumentis, vnnd sonderlich in der
Kirchen zu Pariß. Die Königin Crotildis
hatte zween Königliche Söhn/ namens Chil-
debertus vnd Clotarius, die waren jhr gleich-
wol sehr lieb/ aber noch villieber hatte sie jhres
verstorbnen Sohns Clodemiri zween Söhn/
vnd beflisse sich dieselbige zu der Cron zubrin-
gen/ vnd hergegen die vorgemelte zween auß-
zu schliessen: Zu solchem end aber zieglete sie
jhnen mit allem fleiß kurtze Haar. Als solches
Childebertus vnnd Clotarius merckten/
schickten sie einen Gesandten zu jhr/ vnd lies-
sen jhr ein blosses Schwerdt vnd ein Scheer
zaigen/ vnnd darneben entbieten/ sie solle ent-
weder mit der Scheer oder mit den Schwerdt
die Haar jhrer jungen Vettern abschneiden
lassen/ darüber erzürnte sie sich dermassen/
daß sie sagte: weil sie zum Reich nit kommen
sollen/ so will ich sie vil lieber todt/ denn be-
schoren sehen. Darauff wurden alsbald beyde
junge Knaben vor jhren Augen enthaupt.
Den Weibern stehen die lange Haar wol vnd
zierlich an/ vnd jhre art vnd eigenschafft ist/
dz sie sich strelen/ kämplen vnd schmucken/ da-
mit sie für schön gehalten werden/ Aber den

Män-

Hirnſchleiffer.

lieblichen geruch gezieꝛt/ wie zu ſehen iſt in den
aiten monumentis, vnnd ſonderlich in der
Kirchen zu Pariß. Die Koͤnigin Crotildis
hatte zween Koͤnigliche Soͤhn/ namens Chil-
debertus vñ Clotarius, die waren jhr gleich-
wol ſehr lieb/ aber noch villieber hatte ſie jhres
verſtorbnẽ Sohns Clodemiri zween Soͤhn/
vnd befliſſe ſich dieſelbige zu der Cron zubrin-
gen/ vnd hergegen die vorgemelte zween auß-
zu ſchlieſſen: Zu ſolchem end aber zieglete ſie
jhnen mit allem fleiß kurtze Haar. Als ſolches
Childebertus vnnd Clotarius merckten/
ſchickten ſie einen Geſandten zu jhr/ vnd lieſ-
ſen jhr ein bloſſes Schwerdt vnd ein Scheer
zaigen/ vnnd darneben entbieten/ ſie ſolle ent-
weder mit der Scheer oder mit dẽ Schwerdt
die Haar jhrer jungen Vettern abſchneiden
laſſen/ daruͤber erzuͤrnte ſie ſich dermaſſen/
daß ſie ſagte: weil ſie zum Reich nit kommen
ſollen/ ſo will ich ſie vil lieber todt/ denn be-
ſchoren ſehen. Darauff wurden alsbald beyde
junge Knaben vor jhren Augen enthaupt.
Den Weibern ſtehen die lange Haar wol vñ
zierlich an/ vnd jhre art vnd eigenſchafft iſt/
dz ſie ſich ſtrelen/ kaͤmplen vnd ſchmucken/ da-
mit ſie fuͤr ſchoͤn gehalten werden/ Aber den

Maͤn-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="62"/><fw place="top" type="header">Hirn&#x017F;chleiffer.</fw><lb/>
lieblichen geruch gezie&#xA75B;t/ wie zu &#x017F;ehen i&#x017F;t in den<lb/>
aiten <hi rendition="#aq">monumentis,</hi> vnnd &#x017F;onderlich in der<lb/>
Kirchen zu Pariß. Die Ko&#x0364;nigin <hi rendition="#aq">Crotildis</hi><lb/>
hatte zween Ko&#x0364;nigliche So&#x0364;hn/ namens <hi rendition="#aq">Chil-<lb/>
debertus</hi> vn&#x0303; <hi rendition="#aq">Clotarius,</hi> die waren jhr gleich-<lb/>
wol &#x017F;ehr lieb/ aber noch villieber hatte &#x017F;ie jhres<lb/>
ver&#x017F;torbne&#x0303; Sohns <hi rendition="#aq">Clodemiri</hi> zween So&#x0364;hn/<lb/>
vnd befli&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich die&#x017F;elbige zu der Cron zubrin-<lb/>
gen/ vnd hergegen die vorgemelte zween auß-<lb/>
zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en: Zu &#x017F;olchem end aber zieglete &#x017F;ie<lb/>
jhnen mit allem fleiß kurtze Haar. Als &#x017F;olches<lb/><hi rendition="#aq">Childebertus</hi> vnnd <hi rendition="#aq">Clotarius</hi> merckten/<lb/>
&#x017F;chickten &#x017F;ie einen Ge&#x017F;andten zu jhr/ vnd lie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en jhr ein blo&#x017F;&#x017F;es Schwerdt vnd ein Scheer<lb/>
zaigen/ vnnd darneben entbieten/ &#x017F;ie &#x017F;olle ent-<lb/>
weder mit der Scheer oder mit de&#x0303; Schwerdt<lb/>
die Haar jhrer jungen Vettern ab&#x017F;chneiden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ daru&#x0364;ber erzu&#x0364;rnte &#x017F;ie &#x017F;ich derma&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;agte: weil &#x017F;ie zum Reich nit kommen<lb/>
&#x017F;ollen/ &#x017F;o will ich &#x017F;ie vil lieber todt/ denn be-<lb/>
&#x017F;choren &#x017F;ehen. Darauff wurden alsbald beyde<lb/>
junge Knaben vor jhren Augen enthaupt.<lb/>
Den Weibern &#x017F;tehen die lange Haar wol vn&#x0303;<lb/>
zierlich an/ vnd jhre art vnd eigen&#x017F;chafft i&#x017F;t/<lb/>
dz &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;trelen/ ka&#x0364;mplen vnd &#x017F;chmucken/ da-<lb/>
mit &#x017F;ie fu&#x0364;r &#x017F;cho&#x0364;n gehalten werden/ Aber den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ma&#x0364;n-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[62/0078] Hirnſchleiffer. lieblichen geruch gezieꝛt/ wie zu ſehen iſt in den aiten monumentis, vnnd ſonderlich in der Kirchen zu Pariß. Die Koͤnigin Crotildis hatte zween Koͤnigliche Soͤhn/ namens Chil- debertus vñ Clotarius, die waren jhr gleich- wol ſehr lieb/ aber noch villieber hatte ſie jhres verſtorbnẽ Sohns Clodemiri zween Soͤhn/ vnd befliſſe ſich dieſelbige zu der Cron zubrin- gen/ vnd hergegen die vorgemelte zween auß- zu ſchlieſſen: Zu ſolchem end aber zieglete ſie jhnen mit allem fleiß kurtze Haar. Als ſolches Childebertus vnnd Clotarius merckten/ ſchickten ſie einen Geſandten zu jhr/ vnd lieſ- ſen jhr ein bloſſes Schwerdt vnd ein Scheer zaigen/ vnnd darneben entbieten/ ſie ſolle ent- weder mit der Scheer oder mit dẽ Schwerdt die Haar jhrer jungen Vettern abſchneiden laſſen/ daruͤber erzuͤrnte ſie ſich dermaſſen/ daß ſie ſagte: weil ſie zum Reich nit kommen ſollen/ ſo will ich ſie vil lieber todt/ denn be- ſchoren ſehen. Darauff wurden alsbald beyde junge Knaben vor jhren Augen enthaupt. Den Weibern ſtehen die lange Haar wol vñ zierlich an/ vnd jhre art vnd eigenſchafft iſt/ dz ſie ſich ſtrelen/ kaͤmplen vnd ſchmucken/ da- mit ſie fuͤr ſchoͤn gehalten werden/ Aber den Maͤn-

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): Distributed under the Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Generic (German) License.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/78
Zitationshilfe:	[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/78>, abgerufen am 26.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.