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[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.
Liecht. Aber der vierdte Philosophus schos-
se etwas nähender zum Zweck/ vnd sagte: Es
sey in der gantzen Welt nichts grössers/ als
ein Hertz/ welches die grosse ding der Welt
verachtet. Diser Philosophus erlangte mei-
nes erachtens/ den Preiß/ vnd redete wie ein
warer philosophus/ dann er schätzte alle ding
diser Welt für dermassen gering vnd verächt-
lich/ daß der jenig ein grosses Lob verdienet/
der das Hertz hat/ die ding diser Welt zuuer-
achten. Das wöllen aber laider die Weltli-
chen nit verstehen/ noch glauben/ sie thun das
widerspiel/ seufftzen vnnd trachten nur nach
eitlen dingen/ vnnd verachten hingegen die
Göttliche/ vnangesehen sie wissen vnd sehen/
daß nichts bestendiges/ sonder alles ein vnbe-
stendiges mainaydiges trewloses wesen ist in
der Welt.

Ferrner/ daß das Hertz in disem hierogly-
phico
oben auff der Spitze eines Bergs ste-
het/ bedeut/ daß wann wir auff den Berg der
contemplation oder deß Gebetts steigen
wöllen/ müsse allzeit das Hertz darbey seyn/
dann kein Gebett soll hertzloß seyn/ sonder soll
auß dem jnnerlichen Hertzen vnnd Gemüt

herge-
S s 3

Hirnſchleiffer.
Liecht. Aber der vierdte Philoſophus ſchoſ-
ſe etwas naͤhender zum Zweck/ vnd ſagte: Es
ſey in der gantzen Welt nichts groͤſſers/ als
ein Hertz/ welches die groſſe ding der Welt
verachtet. Diſer Philoſophus erlangte mei-
nes erachtens/ den Preiß/ vnd redete wie ein
warer philoſophus/ dann er ſchaͤtzte alle ding
diſer Welt fuͤr dermaſſen gering vñ veraͤcht-
lich/ daß der jenig ein groſſes Lob verdienet/
der das Hertz hat/ die ding diſer Welt zuuer-
achten. Das woͤllen aber laider die Weltli-
chen nit verſtehen/ noch glauben/ ſie thun das
widerſpiel/ ſeufftzen vnnd trachten nur nach
eitlen dingen/ vnnd verachten hingegen die
Goͤttliche/ vnangeſehen ſie wiſſen vnd ſehen/
daß nichts beſtendiges/ ſonder alles ein vnbe-
ſtendiges mainaydiges trewloſes weſen iſt in
der Welt.

Ferꝛner/ daß das Hertz in diſem hierogly-
phico
oben auff der Spitze eines Bergs ſte-
het/ bedeut/ daß wann wir auff den Berg der
contemplation oder deß Gebetts ſteigen
woͤllen/ muͤſſe allzeit das Hertz darbey ſeyn/
dann kein Gebett ſoll hertzloß ſeyn/ ſonder ſoll
auß dem jnnerlichen Hertzen vnnd Gemuͤt

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S ſ 3
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[646[645]/0661] Hirnſchleiffer. Liecht. Aber der vierdte Philoſophus ſchoſ- ſe etwas naͤhender zum Zweck/ vnd ſagte: Es ſey in der gantzen Welt nichts groͤſſers/ als ein Hertz/ welches die groſſe ding der Welt verachtet. Diſer Philoſophus erlangte mei- nes erachtens/ den Preiß/ vnd redete wie ein warer philoſophus/ dann er ſchaͤtzte alle ding diſer Welt fuͤr dermaſſen gering vñ veraͤcht- lich/ daß der jenig ein groſſes Lob verdienet/ der das Hertz hat/ die ding diſer Welt zuuer- achten. Das woͤllen aber laider die Weltli- chen nit verſtehen/ noch glauben/ ſie thun das widerſpiel/ ſeufftzen vnnd trachten nur nach eitlen dingen/ vnnd verachten hingegen die Goͤttliche/ vnangeſehen ſie wiſſen vnd ſehen/ daß nichts beſtendiges/ ſonder alles ein vnbe- ſtendiges mainaydiges trewloſes weſen iſt in der Welt. Ferꝛner/ daß das Hertz in diſem hierogly- phico oben auff der Spitze eines Bergs ſte- het/ bedeut/ daß wann wir auff den Berg der contemplation oder deß Gebetts ſteigen woͤllen/ muͤſſe allzeit das Hertz darbey ſeyn/ dann kein Gebett ſoll hertzloß ſeyn/ ſonder ſoll auß dem jnnerlichen Hertzen vnnd Gemuͤt herge- S ſ 3

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Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 646[645]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/661>, abgerufen am 23.11.2024.